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Parteitag der SPD in Hannover

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wird zumeist nur <strong>in</strong> den unteren Hierarchieebenen<br />

e<strong>in</strong>es Unternehmens o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Institution möglich gemacht, d.h. bei e<strong>in</strong>er<br />

Teilzeitstrategie zur Umverteilung <strong>der</strong><br />

Arbeit im Interesse <strong>der</strong> Frauen blieben diese<br />

weiterh<strong>in</strong> von Führungspositionen ausgeschlossen.<br />

Und die Praxis <strong>der</strong> Teilzeitarbeit<br />

hat gezeigt, daû das Abgeben von Arbeitsstunden<br />

von e<strong>in</strong>zelnen Arbeitnehmer<strong>in</strong>nen<br />

häufig lediglich zur ersatzlosen Streichung<br />

von Stellen geführt hat, und nicht etwa zur<br />

Schaffung neuer Arbeitsplätze.<br />

Die gröûte Gefahr liegt jedoch dar<strong>in</strong>, daû<br />

die <strong>in</strong>dividuelle Teilzeitarbeitslösung vielfach<br />

als ultimatives und kollektives Modell<br />

zur Vere<strong>in</strong>barung von Beruf und Familie<br />

gesehen wird. So nämlich haben dann alle<br />

Frauen Platz auf dem Arbeitsmarkt und<br />

kommen erst gar nicht auf die Idee, das<br />

Leitbild <strong>der</strong> männlichen Erwerbsbiographie<br />

aufbrechen zu wollen. Alles bleibt<br />

beim alten, <strong>der</strong> Mann als Hauptverdienerund<br />

Familienversorger, <strong>der</strong> Frau bleibt <strong>der</strong><br />

Status <strong>der</strong> Zuverdiener<strong>in</strong> ± und damit auch<br />

die Abhängigkeit. Teilzeitarbeit kann also<br />

ke<strong>in</strong>e längerfristige Strategie se<strong>in</strong>, um<br />

Umverteilungsprozesse <strong>in</strong> Gang zu setzen,<br />

die e<strong>in</strong>e strukturelle Verän<strong>der</strong>ung im<br />

Geschlechterverhältnis zur Folge haben.<br />

Frauen können vom ¹M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitsstatus <strong>der</strong><br />

Teilzeitbeschäftigten her Strukturen, die<br />

sich Männer (ohne Verantwortung für K<strong>in</strong><strong>der</strong>,<br />

an<strong>der</strong>e Familienangehörige, ja nicht<br />

mal für ihre eigene Versorgung) so und<br />

nicht an<strong>der</strong>s geschaffen haben nicht verän<strong>der</strong>nª<br />

(Ursula Knapp, 1995).<br />

Die zur Zeit diskutierten Entwürfe zu Teilzeitausbildungen<br />

lehnen wir entschieden<br />

ab. Diese sollen zu neudef<strong>in</strong>ierten Berufsabschlüssen<br />

mit m<strong>in</strong><strong>der</strong>er Qualifikation<br />

führen und den Berufse<strong>in</strong>stieg für Frauen<br />

angeblich erleichtern. Tatsächlich drängen<br />

sie Frauen <strong>in</strong> Niedriglohngruppen, die sie<br />

nicht wie<strong>der</strong> verlassen können, und die<br />

nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts<br />

ausreichen. Daher verfestigen sie<br />

bestehende Diskrim<strong>in</strong>ierungen, anstatt sie<br />

aufzuheben.<br />

Teilzeitarbeit zeichnet sich dadurch aus,<br />

daû häufig nicht nur die Dauer <strong>der</strong><br />

Arbeitszeit variabel gestaltet ist, son<strong>der</strong>n<br />

zugleich die Lage und Verteilung <strong>der</strong><br />

Arbeitszeit. Teilzeitarbeit ist e<strong>in</strong> Experimentier-<br />

und Exerzierfeld für die umfassende<br />

Flexibilisierung <strong>der</strong> Arbeitszeit.<br />

Teilzeitarbeit bedeutet <strong>in</strong>dividuelle Arbeitszeitverkürzung<br />

ohne Lohnausgleich. Nur<br />

die kont<strong>in</strong>uierlich geleistete, tarifvertraglich<br />

festgelegte Normalarbeitszeit bietet e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>dividuelle Existenzsicherungs- und<br />

soziale Schutzfunktion, sowohl <strong>in</strong> aktueller<br />

Perspektive als auch im H<strong>in</strong>blick auf die<br />

längerfristige Absicherung bei Arbeitslosigkeit<br />

und im Alter. Das heiût, daû e<strong>in</strong> Teilzeite<strong>in</strong>kommen<br />

<strong>in</strong> aller Regel nicht zum<br />

eigenständigen Lebensunterhalt ausreicht<br />

und erst recht nicht geeignet ist, ausreichende<br />

Sozialversicherungsansprüche aufzubauen.<br />

Für bestehende und zukünftige Teilzeitarbeitsverhältnisse<br />

for<strong>der</strong>n wir e<strong>in</strong>e vollständige<br />

Absicherung <strong>in</strong> den Sozialversicherungen<br />

und die betriebliche Gleichstellung<br />

von Teilzeit- und Vollzeitarbeitsplätzen<br />

(Diskrim<strong>in</strong>ierungsverbot bei Beför<strong>der</strong>ungen,<br />

etc.)<br />

B. Allgeme<strong>in</strong>e Verkürzung <strong>der</strong> Erwerbsarbeitszeit!<br />

Durch die Zunahme <strong>der</strong> Massenarbeitslosigkeit<br />

werden Frauen wie<strong>der</strong> aus dem<br />

Erwerbsleben gedrängt und an den Herd<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong> prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />

abgeschoben. Insbeson<strong>der</strong>e von Langzeitarbeitslosigkeit<br />

s<strong>in</strong>d Frauen überproportional<br />

betroffen. Durch die gegenwärtige wirtschaftliche<br />

Krise und 7 Millionen Arbeitslosen<br />

verstärkt sich die Konkurrenzsituation<br />

auf dem Arbeitsmarkt. Frauen werden<br />

als sogenannte Doppelverdiener<strong>in</strong>nen diffamiert,<br />

Frauenarbeitsschutzrechte werden<br />

abgebaut und regulierte Arbeitsbeziehungen<br />

mit dem H<strong>in</strong>weis auf Flexibilisierung<br />

und Wettbewerbsfähigkeit drastisch gelokkert.<br />

Die E<strong>in</strong>führung spezieller ungeschützter<br />

Niedriglohnbereiche v. a. im<br />

sozialen und ökologischen Dienstleistungsbereich<br />

bedeutet vor allem für Frauen, daû<br />

ihnen e<strong>in</strong>e existenzsichernde und emanzipatorische<br />

Erwerbsarbeit verwehrt bleiben<br />

wird. An <strong>der</strong> sozialen Situation von Frauen,<br />

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