26.12.2012 Aufrufe

Parteitag der SPD in Hannover

Parteitag der SPD in Hannover

Parteitag der SPD in Hannover

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

essere Anpassung des ¹Faktors Arbeitª an<br />

die betrieblichen Bedürfnisse.<br />

Die Kampagne zur Deregulierung und Flexibilisierung<br />

stellt e<strong>in</strong> zentrales Element<br />

neokonservativer Gesellschaftsspaltung dar.<br />

Hierbei handelt es sich um den Abbau von<br />

sozialen Schutzrechten <strong>in</strong> bisher politisch<br />

regulierten und <strong>der</strong> Profitlogik entzogenen<br />

gesellschaftlichen Bereichen.<br />

Die For<strong>der</strong>ung nach Verschlankung des<br />

(Sozial-)Staates und Senkung <strong>der</strong> Lohnnebenkosten<br />

setzt sich momentan unter an<strong>der</strong>em<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Verlängerung <strong>der</strong> Lebensarbeitszeit<br />

um. Das Rentene<strong>in</strong>trittsalter steigt<br />

wie<strong>der</strong>. Zum e<strong>in</strong>en werden die Altersgrenzen<br />

fortlaufend erhöht, zum an<strong>der</strong>en werden<br />

Vorruhestandsregelungen erschwert,<br />

die <strong>in</strong>folge <strong>der</strong> Intensivierung <strong>der</strong> Arbeit<br />

sowie vor allem arbeitsmarktbed<strong>in</strong>gt stark<br />

zugenommen hatten. Mit <strong>der</strong> Deregulierung<br />

<strong>der</strong> Ladenöffnungszeiten und damit<br />

<strong>der</strong> Flexibilisierung <strong>der</strong> Arbeitszeiten <strong>in</strong><br />

den Abend und <strong>in</strong> das Wochenende h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>,<br />

werden die seit langem gewachsenen Zeitstrukturen<br />

und damit <strong>der</strong> gesamte gesellschaftliche<br />

Zeitrhythmus <strong>in</strong> Frage gestellt.<br />

Der Arbeitse<strong>in</strong>satz soll möglichst flexibel<br />

den Schwankungen <strong>der</strong> Nachfrage angepaût<br />

werden. Um relativ teure und mitbestimmungspflichtige<br />

Überstunden ohne<br />

Flexibilitätsverluste e<strong>in</strong>sparen zu können,<br />

werden momentan möglichst ger<strong>in</strong>g regulierte<br />

Arbeitszeitkonten gefor<strong>der</strong>t, die lange<br />

Ausgleichszeiträume für Mehrarbeit vorsehen.<br />

Meist ist die Flexibilisierung <strong>der</strong> Arbeitszeit<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e unternehmerische Rationalisierungsstrategie<br />

zur E<strong>in</strong>sparung von Personalkosten<br />

e<strong>in</strong>gebunden. Die Mehrzahl <strong>der</strong><br />

Beschäftigten muû sich an betriebswirtschaftliche<br />

Zwänge anpassen. Die unternehmerischen<br />

Verfügungsrechte über die<br />

Anwendung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Arbeitskraft nehmen<br />

zu.<br />

Flexibilität ist Normalität<br />

Das ¹enge und starre Konzept des Normalarbeitsverhältnissesª,<br />

das we<strong>der</strong> Unternehmern<br />

noch ArbeitnehmerInnen <strong>in</strong>dividuelle<br />

Möglichkeiten bieten würde, ist schon seit<br />

e<strong>in</strong>igen Jahren nicht mehr prägend für<br />

bundesdeutsche Arbeitsbeziehungen. 1995<br />

arbeiteten 81 Prozent <strong>der</strong> abhängig<br />

Beschäftigten <strong>in</strong> Arbeitsverhältnissen mit<br />

mehr o<strong>der</strong> weniger flexiblen Arbeitszeiten<br />

(1993: 77 Prozent). 45 Prozent machten<br />

1995 regelmäûig Überstunden (1993:<br />

39 Prozent), 18 Prozent s<strong>in</strong>d teilzeitbeschäftigt.<br />

In den Manteltarifverträgen s<strong>in</strong>d<br />

bereits unzählige Flexibilisierungsspielräume<br />

fixiert worden, die jedoch maximal<br />

zu e<strong>in</strong>em Drittel von den Betrieben genutzt<br />

werden. Die Unternehmerfor<strong>der</strong>ungen<br />

nach ¹mehr Flexibilitätª gehen <strong>in</strong>sofern<br />

völlig an <strong>der</strong> Realität vorbei.<br />

In <strong>der</strong> Bundesrepublik beschreibt das sogenannte<br />

Normalarbeitsverhältnis nicht mehr<br />

e<strong>in</strong> konkretes Arbeitszeitmuster, son<strong>der</strong>n<br />

die Standards und Normen, die zu e<strong>in</strong>em<br />

ausreichend abgesicherten Beschäftigungsverhältnis<br />

gehören. Das Normalarbeitsverhältnis<br />

ist e<strong>in</strong>e stabile, sozial abgesicherte,<br />

abhängige Vollzeitbeschäftigung, <strong>der</strong>en<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen wie Arbeitszeit,<br />

Löhne und Transferleistungen kollektivvertraglich<br />

o<strong>der</strong> arbeits- bzw. sozialrechtlich<br />

auf e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>destniveau geregelt s<strong>in</strong>d. Mit<br />

<strong>der</strong> Vertretungsmacht, <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelgewerkschaft,<br />

können tendenziell diese Bed<strong>in</strong>gungen<br />

vere<strong>in</strong>heitlicht werden.<br />

Alle Beschäftigten im Normalarbeitsverhältnis<br />

können somit an den gesetzlichen<br />

und tarifvertraglichen Absicherungen,<br />

angefangen vom Arbeitsschutz bis zur Mitbestimmung,<br />

une<strong>in</strong>geschränkt partizipieren.<br />

Am Normalarbeitsverhältnis kann <strong>der</strong> Grad<br />

von Absicherung <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Arbeitsverhältnisse gemessen werden. Darüber<br />

h<strong>in</strong>aus ist das öffentliche Leben,<br />

angefangen von den Öffnungszeiten von<br />

Behörden und Geschäften bis h<strong>in</strong> zu Veranstaltungen<br />

im kulturellen o<strong>der</strong> politischen<br />

o<strong>der</strong> gesellschaftlichen Bereich mehr<br />

o<strong>der</strong> weniger stark auf das Normalarbeitsverhältnis,<br />

als Regelfall für den Rhythmus<br />

von Arbeitszeit und Freizeit, ausgerichtet.<br />

Die Teilnahme am öffentlichen Leben ist<br />

somit nicht zuletzt durch die Qualität des<br />

jeweiligen Arbeitsverhältnisses def<strong>in</strong>iert.<br />

173

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!