Parteitag der SPD in Hannover
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Die BRD ist zum Lebensmittelpunkt für<br />
Millionen von Menschen mit frem<strong>der</strong><br />
Staatsangehörigkeit geworden. Dies gilt<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für die hier aufgewachsene<br />
o<strong>der</strong> geborene zweite o<strong>der</strong> dritte Generation<br />
<strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er.<br />
Die ausländische Bevölkerung ist nach wie<br />
vor von e<strong>in</strong>er gleichberechtigten Teilhabe<br />
am gesellschaftlichen, rechtlichen und<br />
sozialen Leben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik ausgeschlossen.<br />
Trotz zahlreicher Bemühungen<br />
und For<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> den letzten<br />
15 Jahren muû eher e<strong>in</strong>e Stagnation als e<strong>in</strong><br />
Vorwärtsschreiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>politik<br />
verzeichnet werden. Für viele Probleme,<br />
denen sich die Politik gegenübersieht, gibt<br />
es ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fachen Lösungen son<strong>der</strong>n sie<br />
erfor<strong>der</strong>n tiefgreifende und komplexe Verän<strong>der</strong>ungen.<br />
Schnell wird hier wie<strong>der</strong> die<br />
ausländische Bevölkerung als Sündenbock<br />
für die vielen Versäumnisse <strong>der</strong> Regierungspolitik<br />
benutzt.<br />
Sozialdemokrat<strong>in</strong>nen und Sozialdemokraten<br />
haben dies immer schon verurteilt und<br />
verurteilen dies auch heute.<br />
In bevorstehenden Landtags- und Bundestagswahlkämpfen<br />
1998 soll die negative<br />
Besetzung des Themas ¹Auslän<strong>der</strong>politikª,<br />
wie z.B. ¹Auslän<strong>der</strong>- und Krim<strong>in</strong>alität/<br />
Innere Sicherheitª als Wahlkampfthema<br />
vermieden werden. Wir halten diese Verknüpfung<br />
für gefährlich und kontraproduktiv.<br />
Die Würde des Menschen ist unantastbar:<br />
von diesem Grundsatz ausgehend, soll die<br />
Umsetzung <strong>der</strong> nachfolgenden Punkte dazu<br />
beitragen, den ausländischen Mitbürger/<br />
<strong>in</strong>nen unter uns e<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong> Würde zu<br />
ermöglichen ± dies dient <strong>der</strong> Integration<br />
und dem gegenseitigen Verständnis und<br />
hilft Vorurteile abzubauen.<br />
Wir for<strong>der</strong>n den Bundesparteitag auf, über<br />
die folgenden Ziele <strong>in</strong> <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>politik<br />
zu beschlieûen:<br />
1. Wer <strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD geboren ist, muû automatisch<br />
die deutsche Staatsangehörigkeit<br />
besitzen. Sie darf ihm/ihr nicht<br />
aberkannt werden, es sei denn er/sie<br />
wählt sie mit dem 18. Lebensjahr ausdrücklich<br />
ab. Die Möglichkeit für e<strong>in</strong>e<br />
doppelte Staatsbürgerschaft muû vorhanden<br />
se<strong>in</strong>.<br />
2. Die E<strong>in</strong>bürgerung ausländischer Mitbürger/<strong>in</strong>nen<br />
wird erleichtert. Es soll<br />
e<strong>in</strong> une<strong>in</strong>geschränktes Recht auf E<strong>in</strong>bürgerung<br />
nach acht Jahren Aufenthalt <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> BRD geben. Nachgezogene Ehepartner/<strong>in</strong>nen<br />
müssen e<strong>in</strong> eigenständiges<br />
Aufenthaltsrecht bekommen. K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
und Jugendliche sollen im Rahmen <strong>der</strong><br />
Familie ohne die Notwendigkeit e<strong>in</strong>es<br />
eigenen Visums o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er eigenen Aufenthaltserlaubnis<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD leben, lernen<br />
und arbeiten können.<br />
3. E<strong>in</strong>e Abschiebung e<strong>in</strong>gebürgerter ausländischer<br />
Mitbürger/<strong>in</strong>nen ist nicht<br />
möglich. Nicht e<strong>in</strong>gebürgerte Auslän<strong>der</strong>/<strong>in</strong>nen<br />
können nur dann abgeschoben<br />
werden, wenn sie straffällig geworden<br />
und rechtskräftig verurteilt s<strong>in</strong>d.<br />
Hierbei ist e<strong>in</strong>e ¹Verbesserungª <strong>der</strong> bisherigen<br />
Praxis anzustreben: E<strong>in</strong>e<br />
Abschiebung ist frühestens nach zweimaliger<br />
Verurteilung zu m<strong>in</strong>destens<br />
e<strong>in</strong>em halben Jahr Gefängnis möglich.<br />
Wenn <strong>der</strong> Verurteilte bereits fünf Jahre<br />
hier gelebt hat, ist Abschiebung erst<br />
nach e<strong>in</strong>er Verurteilung zu drei o<strong>der</strong><br />
mehr Jahren Freiheitsstrafe möglich.<br />
4. K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche dürfen grundsätzlich<br />
nicht abgeschoben werden,<br />
wenn sie dadurch von <strong>der</strong> Familie<br />
getrennt werden.<br />
5. Nach <strong>der</strong> de facto Abschaffung des Art.<br />
16 GG soll zum<strong>in</strong>dest das Anerkennungsverfahren<br />
e<strong>in</strong>facher und humaner<br />
gestaltet werden. Die Möglichkeiten zur<br />
Erteilung e<strong>in</strong>er Aufenthaltsbefugnis aus<br />
humanitären Gründen soll erweitert<br />
werden. Asylbewerber sollen ihren<br />
Lebensunterhalt durch eigenständige<br />
Arbeit verdienen können. Dies för<strong>der</strong>t<br />
die soziale und wirtschaftliche Integration<br />
und hilft Vorurteile abzubauen.<br />
6. Die bisher durch das Auslän<strong>der</strong>gesetz<br />
verfolgte Praxis <strong>der</strong> Bundesregierung<br />
muû durch e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesetz<br />
ersetzt werden. Dies muû e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> vor-<br />
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