Parteitag der SPD in Hannover
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fluchtproblematik s<strong>in</strong>d aber weitere Maûnahmen<br />
dr<strong>in</strong>glich.<br />
(38) Steueroasen, Niedrigsteuerlän<strong>der</strong> o<strong>der</strong><br />
¹anlegerfreundlicheª Staaten verursachen<br />
e<strong>in</strong> drastisches Steuergefälle alle<strong>in</strong> im europäischen<br />
Bereich: Gibraltar, Kanal<strong>in</strong>seln,<br />
Nie<strong>der</strong>ländische Antillen, Luxemburg,<br />
Schweiz, Liechtenste<strong>in</strong> und weitere Kle<strong>in</strong>staaten<br />
bis zum Vatikan. Bei offenen Kapitalmärkten<br />
kann e<strong>in</strong> ungeregeltes Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
von kle<strong>in</strong>en Anlegerstaaten und<br />
groûen Produktionsstaaten nicht gut<br />
gehen. Die Beseitigung dieses europäischen<br />
Anachronismus ist überfällig. Am dr<strong>in</strong>gendsten<br />
ist, <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> EU<br />
auf Regelungen zu drängen, die den Mitgliedstaaten<br />
die effektiven Steuererhebung<br />
nicht erschweren, son<strong>der</strong>n erleichtern.<br />
(39) Abgesehen davon ist die Errichtung<br />
e<strong>in</strong>es Europäischen Amtes für F<strong>in</strong>anzen<br />
anzustreben. Diese europäische Steuerbehörde<br />
hat dann die Aufgabe, die Mitgliedsstaaten<br />
bei <strong>der</strong> Verfolgung grenzüberschreiten<strong>der</strong><br />
Steuerh<strong>in</strong>terziehung zu<br />
unterstützen (vgl. Interpol) und zur Vorbereitung<br />
politischer Entscheidungen Unzulänglichkeiten<br />
und Schlupflöcher auf dem<br />
Gebiet des Auûensteuerrechts und <strong>der</strong><br />
<strong>in</strong>ternationalen Steuerkrim<strong>in</strong>alität aufzudecken.<br />
(40) Die auûensteuerliche Konzeption <strong>der</strong><br />
Bundesrepublik ist unter diesen Gesichtspunkten<br />
zu überarbeiten. E<strong>in</strong> wesentliches<br />
Motiv vieler gelten<strong>der</strong> Regelungen war<br />
o<strong>der</strong> ist die För<strong>der</strong>ung von deutschen Auslandsdirekt<strong>in</strong>vestitionen.<br />
Heute muû e<strong>in</strong>e<br />
effektive Steuererhebung zur Stärkung<br />
<strong>in</strong>ländischer Investitionen im Vor<strong>der</strong>grund<br />
stehen. (Die Doppelbesteuerungsabkommen<br />
(DBA) sehen im Regelfall die Besteuerung<br />
gewerblicher Gew<strong>in</strong>ne im Firmensitzstaat,<br />
die Besteuerung <strong>der</strong> Z<strong>in</strong>se<strong>in</strong>künfte<br />
(u.ä.) durch den Wohnsitzstaat vor.) Die<br />
Verlagerung <strong>der</strong> Steuerbasis <strong>in</strong> Niedrigsteuergebiete<br />
ist zu unterb<strong>in</strong>den. Folgende<br />
Maûnahmen s<strong>in</strong>d erfor<strong>der</strong>lich:<br />
± Generell s<strong>in</strong>d die Möglichkeiten,<br />
Gew<strong>in</strong>ne über F<strong>in</strong>anzierungsgesellschaften<br />
<strong>in</strong> Niedrigsteuergebiete zu verlagern,<br />
e<strong>in</strong>zuschränken.<br />
± Bei Unternehmen, die nicht selbst eigenständige<br />
wirtschaftliche Bestätigung<br />
(Handel, Produktionsstätte usw.) entfalten<br />
± also Hold<strong>in</strong>gs o<strong>der</strong> Briefkastenfirmen<br />
± muû das ¹letzteª Besteuerungsrecht<br />
beim Sitzstaat des<br />
Gründungs<strong>in</strong>itiator, d. h. bei <strong>der</strong> <strong>in</strong>ländischen<br />
Muttergesellschaft o<strong>der</strong> dem <strong>in</strong>ländischen<br />
Inhaber liegen.<br />
± Bei an<strong>der</strong>en ± sog. aktiven ± Unternehmen<br />
ist das ¹Schachtelprivilegª (Gew<strong>in</strong>nausschüttungen<br />
von Auslandstöchtern<br />
bleiben im Inland steuerfrei, wenn die<br />
<strong>in</strong>ländische Mutter m<strong>in</strong>destens zehn Prozent<br />
des Kapitals hält) auf Beteiligung<br />
e<strong>in</strong>es M<strong>in</strong>destumfangs von 25 vH e<strong>in</strong>zuschränken<br />
(entspricht dem <strong>in</strong>ternationalen<br />
Standard).<br />
± Die Verrechnungspraktiken <strong>in</strong>ländischer<br />
Unternehmen mit ausländischen verbundenen<br />
Unternehmen (für Lieferungen,<br />
Dienstleistungen, Lizenzen usw.) s<strong>in</strong>d<br />
von Fachprüfern <strong>der</strong> Steuerbehörden<br />
(sog. Auslandsprüfer) <strong>in</strong>tensiver zu kontrollieren.<br />
± Da bei Geldanlage im Ausland die<br />
Erträge (schon nach geltendem Recht)<br />
im Inland zu besteuern s<strong>in</strong>d, müssen die<br />
Möglichkeiten <strong>der</strong> Steuerbehörden verbessert<br />
werden, diese auch aufzudecken<br />
(z.B. durch die Technik <strong>der</strong> Geldverkehrsrechnung).<br />
Neben <strong>der</strong> Notwendigkeit<br />
<strong>der</strong> Mitwirkung <strong>der</strong> Banken ist es<br />
hier v. a. erfor<strong>der</strong>lich, die Kontrollrechte<br />
von Betriebsprüfung und Steuerfahndung<br />
im privaten Vermögenssektor zu erweitern.<br />
(41) Die <strong>in</strong>ternationale Deregulierung <strong>der</strong><br />
Kapitalmärkte ± Freigabe <strong>der</strong> Wechselkurse,<br />
staatlich unkontrollierte F<strong>in</strong>anz- und<br />
Geldmärkte, Abschaffung z.B. <strong>der</strong> Börsenumsatzsteuer,<br />
<strong>in</strong>ternationale Verschuldungswellen<br />
± ist zu e<strong>in</strong>em die Steuer- und<br />
Kapitalflucht erstrangig för<strong>der</strong>lichen Nährboden<br />
geworden. In noch gröûeren<br />
Dimensionen ist die Devisenspekulation<br />
gewachsen ± zweitausend Milliarden Mark<br />
werden tagtäglich an den Devisenbörsen<br />
umgesetzt, Vergleichbares gilt für die Aktienmärkte.<br />
Die Spekulationsgew<strong>in</strong>ne wer-<br />
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