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Parteitag der SPD in Hannover

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nach <strong>der</strong> Familiengründung entstehen, s<strong>in</strong>d<br />

auch <strong>in</strong> den 90ern klar verteilt: Nach wie<br />

vor s<strong>in</strong>d Frauen hauptsächlich für die<br />

Reproduktionsarbeit verantwortlich. Im<br />

Westen so, daû es meist zu e<strong>in</strong>er Berufsunterbrechung<br />

kommt, im Osten ehemals mit<br />

<strong>der</strong> doppelt- und dreifach Belastung und<br />

staatlicher Unterstützung.<br />

Zudem ist <strong>der</strong> Arbeits- und Ausbildungsmarkt<br />

<strong>in</strong> Ost wie West nach wie vor<br />

geschlechtsspezifisch geteilt. Junge Frauen<br />

haben oft gar ke<strong>in</strong>e Berufs¹wahlª, son<strong>der</strong>n<br />

müssen auf das vorhandene Angebot<br />

zurückgreifen, was ihnen die schlechter<br />

bezahlten Berufe meist ohne Aufstiegschancen<br />

zuweist. Junge Frauen ¹wählenª diese<br />

Jobs, auch <strong>in</strong> dem Glauben, hier besser<br />

Familie und Beruf koord<strong>in</strong>ieren zu können.<br />

(Wo man ke<strong>in</strong>e Karriere machen kann,<br />

führt auch e<strong>in</strong>e Berufsunterbrechung nicht<br />

zum Karriereknick!)<br />

Diese doppelte Orientierung ist lange Zeit<br />

(auch von Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong>nen) als Hemmnis auf<br />

dem Weg zur Gleichstellung verstanden<br />

worden. Diese Bewertung wandelt sich nun<br />

grundlegend. Denn defizitär ersche<strong>in</strong>en<br />

Frauen nur dann, wenn sie an den männlichen<br />

(Erwerbs-)Biographien gemessen werden,<br />

die fast ausschlieûlich am Erwerbsleben<br />

ausgerichtet s<strong>in</strong>d. Verstehen wir die<br />

Doppelorientierung aber nicht als Mo<strong>der</strong>nisierungsrückstand,<br />

son<strong>der</strong>n als e<strong>in</strong>en<br />

an<strong>der</strong>en, ebenso s<strong>in</strong>nvollen Lebensentwurf,<br />

ergibt sich e<strong>in</strong> ganz an<strong>der</strong>es Bild: Diese<br />

Doppelorientierung kann dann zum Maûstab<br />

für Um- und Ausbau unseres (Sozial-)<br />

Staates werden.<br />

Zwar reagieren junge Frauen mit diesem<br />

Anspruch des ¹doppelten Lebensentwurfsª<br />

zunächst auf den Druck des geschlechtshierarchisch<br />

geteilten Arbeitsmarktes und<br />

suchen <strong>in</strong>dividuelle Lösungen. Auch wollen<br />

sie sich mit ihren umfassenden Ansprüchen<br />

an Leben und Arbeit nicht bewuût dem<br />

Bild des Menschen als Ware im kapitalistischen<br />

Produktionsprozeû wi<strong>der</strong>setzen.<br />

Genau an dieser Stelle jedoch kann die<br />

<strong>SPD</strong> mit e<strong>in</strong>em sozialistischen Reformprojekt<br />

anknüpfen, <strong>in</strong>dem wir diese Zusam-<br />

menhänge aufdecken und geme<strong>in</strong>sam mit<br />

jungen Frauen nach kollektiven Lösungsmodellen<br />

suchen, die dem ¹doppelten<br />

Lebensentwurfª junger Frauen, die autonome<br />

Gestalter<strong>in</strong>nen aller Lebensbereiche<br />

se<strong>in</strong> wollen, gerecht werden.<br />

Zur Zeit ist <strong>der</strong> Lebensentwurf junger<br />

Frauen nur sehr bed<strong>in</strong>gt lebbar. Aber e<strong>in</strong><br />

re<strong>in</strong>es Anpassen und Qualifizieren <strong>der</strong><br />

Frauen für das Erwerbsleben greift zu kurz.<br />

Der gesamte Arbeitsmarkt muû umgebaut<br />

werden, damit Frauen wirklich gleichberechtigt<br />

mit ihren Lebenswünschen daran<br />

teilnehmen können.<br />

3. Den ¹Doppelten Lebensentwurfª lebbar<br />

machen: Gesellschaftliche Lösungsmodelle<br />

Die <strong>in</strong>dividuellen Ansprüche junger Frauen<br />

an e<strong>in</strong>en ¹Doppelten Lebensentwurfª<br />

haben e<strong>in</strong>e Reihe von notwendigen politischen<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen zur Folge:<br />

± Bildung und Ausbildung müssen vermitteln,<br />

daû Privates gleichberechtigt neben<br />

<strong>der</strong> Erwerbsarbeit steht.<br />

± Die Erwerbsarbeit selbst muû so organisiert<br />

se<strong>in</strong>, daû beruflicher und privater<br />

Lebensbereich vere<strong>in</strong>bar s<strong>in</strong>d.<br />

± Tätigkeiten <strong>der</strong> Haus- und Familienarbeit<br />

müssen vergesellschaftet werden.<br />

Dies gilt vor allem für die Betreuung<br />

von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und alten Menschen, welche<br />

bei weitem <strong>in</strong> Quantität und Qualität<br />

noch nicht ausreichend gewährleistet<br />

ist.<br />

± Sozialstaatliche Konzepte dürfen nicht<br />

mehr an <strong>der</strong> männlichen Erwerbsbiographie<br />

ausgerichtet se<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n den<br />

Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe<br />

an Erwerbsarbeit und Privatleben z. B.<br />

mit <strong>der</strong> Anerkennung von Erziehungszeiten<br />

für die Rente absichern.<br />

Im Mittelpunkt dieser For<strong>der</strong>ungen steht<br />

jedoch <strong>der</strong> Umbau <strong>der</strong> Erwerbsarbeit, da<br />

hier die gröûten Hemmnisse für e<strong>in</strong>e Realisierung<br />

des ¹Doppelten Lebensentwurfesª<br />

existieren.<br />

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