Parteitag der SPD in Hannover
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Schaffung neuer Beschäftigung im Falle<br />
von weiterer AZV. Das Berl<strong>in</strong>er Memorandum<br />
zur Arbeitszeitpolitik schlägt e<strong>in</strong> Maûnahmenbündel<br />
vor, das 2,9±3,4 Mio.<br />
Arbeitsplätze schaffen soll. E<strong>in</strong>e Modellrechnung<br />
des WSI (Absenkung <strong>der</strong> tariflichen<br />
Arbeitszeit um 9 % bis zum Jahr<br />
2005, Halbierung <strong>der</strong> Überstunden, Erhöhung<br />
Teilzeit um 25 %) verspricht e<strong>in</strong>en<br />
Effekt von 2,9 Millionen und e<strong>in</strong>e Modellrechnung<br />
des IAB (Verkürzung des Jahresarbeitszeit<br />
von 1996±2000 um 1,1 % p. a.<br />
und von 2000±2005 um 0,3 % p. a.)<br />
behauptet immerh<strong>in</strong> noch e<strong>in</strong>en Effekt von<br />
713 000 (ohne vollen Lohnausgleich) bzw.<br />
425 000 (mit vollem Lohnausgleich)<br />
Arbeitsplätzen.<br />
Flexibilisierung alle<strong>in</strong> schafft noch ke<strong>in</strong>e<br />
Arbeit<br />
In jüngster Zeit s<strong>in</strong>d Arbeitszeitverkürzungen<br />
immer mit Zugeständnissen an e<strong>in</strong>e<br />
Flexibilisierung von Dauer, Lage und Verteilung<br />
<strong>der</strong> Arbeitszeit verbunden gewesen.<br />
Vielfach steht auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>SPD</strong> nicht mehr<br />
die Verteilung, son<strong>der</strong>n die Flexibilisierung<br />
<strong>der</strong> Arbeitszeit im Vor<strong>der</strong>grund (siehe<br />
Manifest ¹Innovationen für Deutschlandª<br />
v. 21. 5. 1997). Diese mittlerweile populäre<br />
These muû zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> ihrer undifferenzierten<br />
Form zurückgewiesen werden. Das<br />
Interesse <strong>der</strong> Unternehmer an e<strong>in</strong>er<br />
Arbeitszeitflexibilisierung bezieht sich auf<br />
die Ausweitung <strong>der</strong> Betriebszeiten, <strong>der</strong><br />
Anpassung <strong>der</strong> Arbeitszeit an konjunkturelle<br />
und jahreszeitliche Schwankungen <strong>der</strong><br />
Kapazitätsauslastung sowie die Verbilligung<br />
<strong>der</strong> Arbeit (z. B. Abbau von Überstundenzuschlägen<br />
durch Wegdef<strong>in</strong>ition). E<strong>in</strong> E<strong>in</strong>lassen<br />
auf diese Logik hätte Leistungsverdichtung<br />
und ggf. Lohne<strong>in</strong>buûen für die<br />
ArbeitnehmerInnen zur Folge. Die erwarteten<br />
Beschäftigungseffekte beziehen sich<br />
auf die Hoffnung, daû die Absatzerwartungen<br />
durch die hervorgerufenen Produktivitätssteigerungen<br />
steigen. Wahrsche<strong>in</strong>licher<br />
ist jedoch, daû die Beschäftigung stagnieren<br />
bzw. sogar s<strong>in</strong>ken wird, wenn durch<br />
optimalere Kapazitätsauslastung Arbeitskräfte<br />
überflüssig werden.<br />
138<br />
Sicherlich kann angesichts gewandelter<br />
Ansprüche <strong>der</strong> Beschäftigten an die <strong>in</strong>dividuelle<br />
Gestaltung <strong>der</strong> Arbeitszeit nicht am<br />
Konzept <strong>der</strong> standardisierten Tages- und<br />
Wochenarbeitszeit festgehalten werden.<br />
Jedoch ist fraglich, ob die Destandardisierung<br />
<strong>der</strong> Arbeitszeit per se mit <strong>der</strong> von den<br />
Beschäftigten gewünschten Zeitsouveränität<br />
übere<strong>in</strong>stimmt. So wird beispielsweise die<br />
E<strong>in</strong>beziehung des Samstags als regulären<br />
Arbeitstag von <strong>der</strong> überwiegenden Zahl <strong>der</strong><br />
ArbeitnehmerInnen abgelehnt. Die Flexibilisierung<br />
muû daher von den Beschäftigten<br />
bzw. ihren Interessenvertretungen mitbestimmt<br />
werden können.<br />
Wer e<strong>in</strong>e deutliche Verkürzung <strong>der</strong><br />
Arbeitszeit e<strong>in</strong>for<strong>der</strong>t, wird nicht an neuen<br />
und flexibleren Modellen <strong>der</strong> Verteilung<br />
<strong>der</strong> Arbeitszeit vorbeikommen, wenn nicht<br />
gleichzeitig Geschäfts- und Betriebszeiten<br />
mit reduziert werden sollen. Mehr Beschäftigung<br />
wird also nicht durch ¹Flexi ohne<br />
allesª son<strong>der</strong>n durch ¹Verkürzung plus<br />
Flexiª geschaffen. Neue Modelle <strong>der</strong><br />
Arbeitszeitgestaltung müssen verbunden<br />
werden mit dem Abbau von Überstunden<br />
und <strong>der</strong> Verkürzung <strong>der</strong> durchschnittlichen<br />
Wochenarbeitszeit. Entscheidend wird es<br />
se<strong>in</strong>, klare tarifliche Rahmensetzungen für<br />
maximale und m<strong>in</strong>imale Arbeitszeiten am<br />
Tag sowie im Wochendurchschnitt, Ausgleichszeiträume,<br />
Anspruchsrechte <strong>der</strong><br />
ArbeitnehmerInnen, Verz<strong>in</strong>sung <strong>der</strong> Guthaben,<br />
etc. vorzunehmen. Ebenso müssen<br />
die Rechte <strong>der</strong> Betriebsräte gestärkt werden.<br />
Überstundenabbau<br />
Im Jahr 1996 haben deutsche Arbeitnehmer<br />
1,8 Milliarden Überstunden geleistet.<br />
Das entspricht bei e<strong>in</strong>er Durchschnittsjahresarbeitszeit<br />
im Jahr 1996 von 1 519 Stunden<br />
pro Beschäftigten (Ost: 1593, West:<br />
1 502) re<strong>in</strong> rechnerisch rund 1185 000<br />
Arbeitsplätzen. Müûte jede Überstunde<br />
strikt mit Freizeit abgegolten werden und<br />
zieht man Produktivitätseffekte bei e<strong>in</strong>em<br />
Überstundenabbau und an<strong>der</strong>e Wirkungsdämpfungen<br />
ab, könnten sicher zwischen<br />
e<strong>in</strong>em Drittel und <strong>der</strong> Hälfte des Volumens<br />
Beschäftigungseffekte zeigen ± also zwi-