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Parteitag der SPD in Hannover

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funktioniert, hängt unmittelbar davon ab,<br />

daû viele Menschen im Erwerbsleben stehen.<br />

Massenarbeitslosigkeit und e<strong>in</strong>e älter<br />

werdende Gesellschaft br<strong>in</strong>gen die sozialen<br />

Sicherheitssysteme deshalb unweigerlich<br />

<strong>in</strong>s Wanken.<br />

Selbstbestimmt und lebensfroh älter werden,<br />

bedeutet auch neue Angebote im<br />

sozialen System zur Beratung und Pflege.<br />

Und wer arbeitslos ist, braucht staatliche<br />

Hilfen zum Lebensunterhalt und Qualifizierung.<br />

Kurzum: Um <strong>der</strong> Verpflichtung<br />

zum sozialen Ausgleich nachzukommen,<br />

werden mehr f<strong>in</strong>anzielle Mittel gebraucht.<br />

Daraus nun zu folgern, <strong>der</strong> Sozialstaat sei<br />

nicht mehr f<strong>in</strong>anzierbar, heiût Resignation<br />

vor dem Problem, heiût e<strong>in</strong>fach zuschauen,<br />

wie sich die D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e falsche unsoziale<br />

Richtung entwickeln.<br />

Insofern muû e<strong>in</strong>e Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong><br />

Sozialpolitik auch ¾n<strong>der</strong>ungen im sozialen<br />

System e<strong>in</strong>schlieûen, um se<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anzielle<br />

Stabilität zu gewährleisten und allen e<strong>in</strong>e<br />

gleiche Teilhabe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft zu bieten.<br />

So kann die Teilung von Erwerbsarbeit<br />

zwischen Frauen und Männern o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Abbau von Überstunden e<strong>in</strong>erseits die<br />

Beschäftigungspolitik wirksam unterstützen<br />

und gleichzeitig für mehr Lebensqualität<br />

sorgen. Workaholics auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite,<br />

die viel Geld und ke<strong>in</strong>e Zeit haben und<br />

Arbeitslose auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en, die viel Zeit<br />

und ke<strong>in</strong> Geld haben, das ist ke<strong>in</strong>e<br />

Zukunftsperspektive.<br />

Nachbarschaftshilfe, Selbsthilfe, Engagement<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bürgerbewegung ± auch das<br />

geht nur, wenn man nicht nur für se<strong>in</strong>en<br />

Beruf lebt. Neue Formen <strong>der</strong> Solidarität<br />

können das soziale System s<strong>in</strong>nvoll ergänzen<br />

und auch Leistungen hervorbr<strong>in</strong>gen,<br />

die man bisher vom Staat erwartete.<br />

Die hohe Zahl <strong>der</strong> Arbeitslosen verschl<strong>in</strong>gt<br />

Jahr für Jahr 150 Milliarden Mark. Das<br />

s<strong>in</strong>d fast 2000 Mark pro Kopf <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

und mehr als die Haushaltsdefizite<br />

des Bundes, <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> und aller Geme<strong>in</strong>den<br />

zusammen. Die Massenarbeitslosigkeit<br />

und ihre zunehmende Dauer gefährdet<br />

massiv alle sozialen Sicherheitssysteme.<br />

Jede sogenannte Reform kuriert an Symptomen,<br />

solange es nicht endlich zu e<strong>in</strong>er<br />

entscheidenden Verän<strong>der</strong>ung auf dem<br />

Arbeitsmarkt kommt.<br />

Insofern ist nicht <strong>der</strong> Sozialstaat zu teuer<br />

son<strong>der</strong>n die Arbeitslosigkeit.<br />

Auf diesen Unterschied h<strong>in</strong>zuweisen, ist<br />

ke<strong>in</strong>e Spitzf<strong>in</strong>digkeit. Denn damit ist<br />

gesagt, daû die Schaffung von Arbeitsplätzen<br />

oberste Priorität haben muû.<br />

Gleichzeitig wissen wir, daû es zum Abbau<br />

<strong>der</strong> Arbeitslosigkeit ke<strong>in</strong>e Patentrezepte<br />

gibt. Unbestritten ist es die Aufgabe e<strong>in</strong>er<br />

gerechten Wirtschaftsordnung, allen<br />

Frauen und Männern, die dies wünschen,<br />

die Beteiligung an <strong>der</strong> Erwerbsarbeit zu<br />

eröffnen. Das muû immer das Ziel bleiben.<br />

Auch wenn wir wissen, daû Arbeitslosigkeit<br />

auch <strong>in</strong> Zukunft e<strong>in</strong> Problem bleiben wird.<br />

Die Frage ist, <strong>in</strong> welchem Ausmaû und auf<br />

wessen Kosten.<br />

Es ist auch schwer geworden, über Sozialpolitik<br />

sachlich zu diskutieren. Viele<br />

Debatten s<strong>in</strong>d von Vorurteilen besetzt.<br />

Und es wird um so schwerer, je selbstverständlicher<br />

alle von <strong>der</strong> ¹Krise des Sozialstaatesª<br />

reden.<br />

Denn <strong>in</strong> Wirklichkeit ist nicht <strong>der</strong> Sozialstaat<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Krise, son<strong>der</strong>n das Vertrauen <strong>in</strong><br />

ihn, se<strong>in</strong>e Akzeptanz und Glaubwürdigkeit<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit. Und diese Glaubwürdigkeit<br />

geht weiter verloren, wenn nur auf<br />

die hohen Kosten des Sozialstaates und<br />

immer seltener auf se<strong>in</strong>en hohen Nutzen<br />

verwiesen wird.<br />

Sozialpolitik <strong>in</strong> dieser Situation heiût auch,<br />

für Selbstverständlichkeiten werben. Zum<br />

Sozialstaat gibt es ke<strong>in</strong>e Alternative. We<strong>der</strong><br />

für die Menschen noch für die Wirtschaft.<br />

(Überwiesen an Parteivorstand zur Erarbeitung<br />

e<strong>in</strong>es Wahlprogramms und überwiesen<br />

an Bundestagsfraktion)<br />

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