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Parteitag der SPD in Hannover

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± Sowohl die Zunahme von Belastungen<br />

(Streû, Arbeits<strong>in</strong>tensität? als auch die<br />

Humanisierung <strong>der</strong> Arbeit (Wegfall von<br />

monotonen Jobs durch Automation,<br />

kommunikationsorientierte und sozial<br />

kompetente neue Jobs, <strong>in</strong>teressante<br />

Diversifizierung <strong>der</strong> Arbeit) laufen<br />

gleichzeitig und wi<strong>der</strong>sprüchlich ab.<br />

Insgesamt bef<strong>in</strong>det sich die gesellschaftliche<br />

Debatte nicht jenseits e<strong>in</strong>er ¾ra <strong>der</strong> Vollbeschäftigung,<br />

son<strong>der</strong>n sie steht am Neuanfang<br />

<strong>der</strong> Debatte um die Zukunft <strong>der</strong><br />

Arbeit und <strong>der</strong> Def<strong>in</strong>ition e<strong>in</strong>es Erwerbsarbeitsbegriffes,<br />

<strong>der</strong> sicherstellt, daû die ökonomische<br />

Absicherung jedes E<strong>in</strong>zelnen, von<br />

Männern und Frauen über die Komb<strong>in</strong>ation<br />

von Arbeitszeitverkürzung, Erwerbsarbeit<br />

und sozialer M<strong>in</strong>deststandards und<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen abläuft.<br />

IV. Strategien gegen Arbeitslosigkeit<br />

Grundsätzlich gibt es systematisch nur zwei<br />

Strategien <strong>der</strong> Bekämpfung von Arbeitslosigkeit:<br />

± durch Wachstum <strong>der</strong> Wirtschaft und<br />

damit des Arbeitsvolumens und<br />

± durch Verteilung des Arbeitsvolumens<br />

(durch Steuerung des Erwerbspersonenpotentials<br />

und AZV <strong>in</strong> allen Varianten).<br />

Alle wachstumsorientierten Strategien<br />

haben drei Grenzen. Zunächst ist die<br />

Schaffung e<strong>in</strong>es neuen Arbeitsplatzes <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Industrie und bei hochtechnisierten<br />

Dienstleistungen sehr teuer (Kosten von<br />

e<strong>in</strong>igen Hun<strong>der</strong>ttausend bis zu Millionen<br />

DM). Zweitens ist nicht jedes Wachstum,<br />

son<strong>der</strong>n nur noch ¹nachhaltigesª Wachstum<br />

wünschenswert. Dies bedeutet, daû<br />

e<strong>in</strong>e qualifizierte Wachstumspolitik generell<br />

mit niedrigeren Raten rechnen müûte.<br />

Drittens schlieûlich müûte es trotzdem<br />

dauerhaft zu Wachstumsraten von über<br />

2,3 % kommen, um zur Erhöhung von<br />

Beschäftigung und vermittelt zum Abbau<br />

<strong>der</strong> Arbeitslosigkeit beizutragen. Ab diesem<br />

Satz beg<strong>in</strong>nt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik zur<br />

Zeit erst die Arbeitsmarktwirksamkeit. Das<br />

Ifo-Institut gibt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Mitteilungen ¹ifo<br />

im Juniª 1997 an, daû bei 1 % Wachstum<br />

136<br />

über 2,3 %, also ab 3,3 % mit e<strong>in</strong>em Rückgang<br />

<strong>der</strong> AL um e<strong>in</strong> halbes Prozent<br />

gerechnet werden könnte. Rudolf Hickel<br />

(1994, 166) hat dargelegt, daû e<strong>in</strong>e Wachstumsrate<br />

von 3,5 % jährlich von 1994 bis<br />

2000 die registrierte Arbeitslosigkeit nur<br />

um e<strong>in</strong>e Million zurückgehen lassen würde<br />

und bei e<strong>in</strong>em Wachstum von immerh<strong>in</strong><br />

2,2 % die Arbeitslosigkeit sogar weiter<br />

deutlich zunehmen würde.<br />

Selbstverständlich ist Wachstum zur Ausweitung<br />

von Beschäftigung erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Anstatt aber auf die bloûe Steigerung des<br />

Wirtschaftsproduktes zu starren, muû<br />

Wachstum starker qualitativ ± d.h. ökologisch<br />

und <strong>in</strong>tensiv an qualifizierter menschlicher<br />

Arbeit ± ausgestaltet werden. Dies<br />

wird nur durch gesellschaftliche E<strong>in</strong>griffe<br />

zu bewerkstelligen se<strong>in</strong>. Allerd<strong>in</strong>gs kann<br />

Wachstum alle<strong>in</strong> das Arbeitsvolumen nicht<br />

soweit erhöhen, um auch nur <strong>in</strong> die Nähe<br />

e<strong>in</strong>er Vollbeschäftigung zu gelangen.<br />

Arbeitszeitverkürzung ± und zwar <strong>in</strong> radikaler<br />

Form ± könnte sehr schnell deutliche<br />

Beschäftigungseffekte zeigen, die für e<strong>in</strong>e<br />

Vollbeschäftigungspolitik unabd<strong>in</strong>gbar s<strong>in</strong>d.<br />

Rechnerisch könnten bei e<strong>in</strong>er 10%igen<br />

AZV bei e<strong>in</strong>em Arbeitsvolumen (1995) von<br />

44 413 Millionen Arbeitsstunden West/<br />

10 714 Millionen Stunden Ost <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Gesamtwirtschaft und 1561 bzw. 1670<br />

Durchschnittsarbeitsstunden pro Beschäftigten<br />

etwa 3,5 Millionen Arbeitsplätze<br />

geschaffen werden. Je nach Umsetzung <strong>der</strong><br />

AZV wären das real 1,7 bis etwa 2,5 Millionen<br />

Beschäftigte mehr. Die E<strong>in</strong>führung<br />

<strong>der</strong> 30-Stundenwoche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirtschaft<br />

käme grob e<strong>in</strong>er 20%igen AZV gleich und<br />

würde real 3,5 bis 5 Millionen Arbeitsplätze<br />

neu schaffen. E<strong>in</strong> zweiter ± genauso<br />

wichtiger ± Grund spricht für AZV: Das<br />

Festhalten an <strong>der</strong> 3540 Stunden-Woche<br />

trägt zur Ausgrenzung <strong>der</strong> Frauen aus dem<br />

Arbeitsmarkt bei. Die Frauenerwerbsquote<br />

<strong>in</strong> Westdeutschland liegt mit 60 % deutlich<br />

unter <strong>der</strong> Männererwerbsquote von 81,8 %<br />

und damit auch im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich<br />

weit unten. Wenn Erwerbs- und<br />

Reproduktionsarbeit auf beide Geschlechter<br />

gerecht verteilt werden soll, muû auch<br />

<strong>der</strong> männliche Arbeitstag kürzer werden.

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