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Parteitag der SPD in Hannover

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Modell könnten weit akzeptabler se<strong>in</strong>, da<br />

es die Mängel <strong>der</strong> re<strong>in</strong>en Subventions- und<br />

Ersatzleistungsmodelle nicht aufweisen.<br />

Beispiele existieren<strong>der</strong> öffentlich f<strong>in</strong>anzierter<br />

Arbeitszeitverkürzungsmodelle<br />

Ohne daû es als das bezeichnet wird, was<br />

es real ist, existiert bereits e<strong>in</strong>e Vielfalt faktischer<br />

staatlicher Subventionierungen von<br />

Arbeitszeitverkürzungen. Zu nennen wären<br />

(mittlerweile gekürzt o<strong>der</strong> abgeschafft)<br />

Altersteilzeit, Frühverrentungen, Kurzarbeitergeld,<br />

Schlechtwettergeld. Auch<br />

Arbeitslosengeld und -hilfe, zum Teil<br />

Sozialhilfe s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> gewisser Weise zynische<br />

För<strong>der</strong>ung von AZV ± nämlich auf Null<br />

mit Teillohnausgleich und ohne jede<br />

Beschäftigungswirkung.<br />

Robien-Gesetz <strong>in</strong> Frankreich<br />

Im August 1996 trat <strong>in</strong> Frankreich das<br />

nach se<strong>in</strong>em Schöpfer, dem liberalkonservativen<br />

(!) UDF-Abgeordneten Gilles de<br />

Robien benannte ¹Gesetz de Robienª <strong>in</strong><br />

Kraft. In se<strong>in</strong>er ¹offensivenª Variante sieht<br />

das Gesetz e<strong>in</strong>e Subventionierung von<br />

AZV bei <strong>der</strong> Schaffung neuer Stellen vor:<br />

E<strong>in</strong>em Unternehmen, das die Arbeitszeit<br />

um 10 % senkt und für m<strong>in</strong>destens 2 Jahre<br />

10 % mehr Beschäftigte neu e<strong>in</strong>stellt, wird<br />

vom Staat im Ausgleich für 7 Jahre e<strong>in</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> Sozialabgaben für die Beschäftigten<br />

erlassen. Im ersten Jahr beträgt die<br />

Entlastung 40 % des Arbeitgeberanteils,<br />

danach 30 %. Nach Schätzungen subventioniert<br />

<strong>der</strong> Staat dadurch jeden neuen<br />

Arbeitsplatz mit umgerechnet rund<br />

23700 DM (FAZ 29. 10. 96; Wirtschaftswoche<br />

12/97), was verglichen mit den hiesigen<br />

Kosten alle<strong>in</strong> für die F<strong>in</strong>anzierung<br />

e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen Arbeitslosen nicht dramatisch<br />

ersche<strong>in</strong>t. Viele Beobachter gehen <strong>in</strong><br />

Frankreich von e<strong>in</strong>er weitgehenden Selbstf<strong>in</strong>anzierung<br />

des Gesetzes aus, da das Aufkommen<br />

späterer Beitragszahler die Ausgaben<br />

für das Gesetz ausgleichen könnten.<br />

Bislang haben über 200 Unternehmen <strong>in</strong><br />

Frankreich das Gesetz angewendet ± allerd<strong>in</strong>gs<br />

auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ¹defensivenª Variante,<br />

wo über AZV und Subventionierung ledig-<br />

lich Entlassungen verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden konnten.<br />

So geschehen z.B. bei dem Groûunternehmen<br />

Moul<strong>in</strong>ex, wo 750 Arbeitsplätze<br />

gerettet werden konnten. Mittlerweile gerät<br />

das Gesetz beim Unternehmerlager unter<br />

Beschuû, nicht etwa weil es wirkungslos<br />

wäre, son<strong>der</strong>n gerade wegen <strong>der</strong> Wirksamkeit.<br />

Die Unternehmer befürchten neben<br />

den langfristigen Kosten <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e, daû<br />

die Löhne zu sehr steigen könnten. Hony<br />

soit qui mal y pense. Erstaunlicherweise<br />

wurde dieses Gesetz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

bisher von ke<strong>in</strong>er Seite beachtet und diskutiert.<br />

Das sollte sich dr<strong>in</strong>gend än<strong>der</strong>n.<br />

Michel Rocard hat aktuell <strong>in</strong> Frankreich<br />

e<strong>in</strong> weiteres Arbeitszeitverkürzungsmodell<br />

vorgeschlagen, wonach die Sozialabgaben<br />

bei 30 Stunden Arbeit um e<strong>in</strong> Drittel<br />

gesenkt, bei mehr Arbeit um e<strong>in</strong> Drittel<br />

erhöht werden. Auch diese Idee könnte<br />

<strong>in</strong>teressant se<strong>in</strong>: die Lohnnebenkosten<br />

unterliegen e<strong>in</strong>er arbeitszeitabhängigen<br />

Progression. D.h. jede Stunde über e<strong>in</strong>em<br />

bestimmten Arbeitszeitpensum (z.B. orientiert<br />

an <strong>der</strong> Halbtagsarbeit e<strong>in</strong>er 17o<strong>der</strong><br />

15-Stundenwoche) wird stärker und progressiv<br />

belastet, darunter gilt das Umgekehrte.<br />

Die Berechnung muû je Erwerbstätigen<br />

erfolgen, damit nicht mehrere<br />

gleichzeitige Teilzeitarbeitsverhältnisse<br />

günstiger als e<strong>in</strong> arbeitszeitreduziertes Vollzeitarbeitsverhältnis<br />

s<strong>in</strong>d. Die Leistungsansprüche<br />

sollen sich aber weiterh<strong>in</strong> nach<br />

den Normalsätzen berechnen. Das Verfahren<br />

belastet ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen<br />

gleich und för<strong>der</strong>t AZV und<br />

entlastet gleichzeitig diverse Formen von<br />

¹Teilzeitª. Insgesamt würde so e<strong>in</strong> marktwirtschaftliches<br />

Interesse an AZV stimuliert.<br />

Und verteilungsneutral umsetzbar<br />

wäre dieses Vorgehen ebenfalls.<br />

Ansätze <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Erstmalig kamen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

immerh<strong>in</strong> ähnliche Überlegungen wie beim<br />

¹Loi de Robienª auf, als das spätere VW-<br />

Modell verhandelt wurde. Zahlungen <strong>der</strong><br />

Bundesanstalt für Arbeit sollten die Umsetzung<br />

erleichtern. Natürlich kam es nicht<br />

dazu und die Belegschaft muûte die ¹Solidarität<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Firmaª selbst bezahlen.<br />

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