Parteitag der SPD in Hannover
Parteitag der SPD in Hannover
Parteitag der SPD in Hannover
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
zur Verfügung stehenden arbeitsmarktpolitischen<br />
Hilfen <strong>in</strong>formieren.<br />
(Überwiesen an Parteivorstand zur Erarbeitung<br />
e<strong>in</strong>es Wahlprogramms und überwiesen<br />
an Bundestagsfraktion)<br />
Antrag I 169<br />
Landesverband Bayern<br />
Zukunft <strong>der</strong> Sozialpolitik<br />
I. Unser Sozialstaatsverständnis<br />
Für die Sozialdemokraten steht <strong>der</strong> Sozialstaat<br />
nicht zur Disposition. Das von konservativen<br />
und liberalen Politikern ständig<br />
angefachte Gerede um die Grenzen des<br />
Sozialstaats soll von den wirklichen Ursachen<br />
<strong>der</strong> Probleme <strong>der</strong> sozialen Sicherungssysteme<br />
ablenken. Nicht <strong>der</strong> Sozialstaat<br />
ist zu teuer, son<strong>der</strong>n die Massenarbeitslosigkeit<br />
und die Ausweitung prekärer<br />
Beschäftigungsverhältnisse. Diese dramatische<br />
Entwicklung zu stoppen und<br />
gesellschaftliche Verän<strong>der</strong>ungen aufzunehmen,<br />
ist zentrale Aufgabe sozialdemokratischer<br />
Sozialpolitik <strong>in</strong> den kommenden Jahren.<br />
Nicht <strong>der</strong> Abbau sozialer Leistungen,<br />
son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Umbau des Sozialstaates im<br />
S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten Anfor<strong>der</strong>ungen steht<br />
für uns heute auf <strong>der</strong> Tagesordnung.<br />
1. Sozialdemokratisches Sozialstaatsverständnis<br />
± Sozialstaat ist mehr als nur<br />
Sozialhilfe<br />
Die Sozialdemokraten waren von Beg<strong>in</strong>n<br />
an die treibende Kraft beim Auf- und Ausbau<br />
sozialer Sicherungssysteme. Den e<strong>in</strong>stmals<br />
erreichten Schutz vor Lebensrisiken<br />
wie Alter, Krankheit und Arbeitslosigkeit<br />
werden wir nicht den sche<strong>in</strong>bar mo<strong>der</strong>nen<br />
und flotten Sprüchen neo-konservativer<br />
Standortprotagonisten opfern, die nur darüber<br />
h<strong>in</strong>wegtäuschen sollen, daû die<br />
Arbeitnehmer<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong><br />
Zukunft für weniger Geld und weniger<br />
Sicherheit mehr als bisher arbeiten sollen.<br />
Wir wehren uns auch gegen die sche<strong>in</strong>bar<br />
wohlme<strong>in</strong>ende Absicht, die soziale Sicherung<br />
auf die ¹wirklich Hilfsbedürftigenª zu<br />
konzentrieren. Die Aufgabe des Sozialstaats<br />
ist nicht darauf beschränkt, nur wirklich<br />
Hilfsbedürftigen im falle akuter Not<br />
Unterstützung zu gewähren. Sozialleistungen<br />
s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Almosen ± soziale Sicherheit<br />
muû <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er mo<strong>der</strong>nen Industriegesellschaft<br />
für alle und nicht nur für die Armen<br />
da se<strong>in</strong>.<br />
Erst <strong>der</strong> Sozialstaat hat über diverse Transfers<br />
sowie <strong>der</strong> sozialen Regulierung <strong>der</strong><br />
Arbeitsmärkte für breite Bevölkerungsschichten<br />
und <strong>in</strong> bestimmten Lebensphasen<br />
überhaupt erst die Möglichkeit <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen<br />
Lebensgestaltung geschaffen. Er<br />
hat Raum, Zeit und Ressourcen bereitgestellt,<br />
damit nicht nur privilegierte Schichten<br />
ihre geistigen, kulturellen und kommunikativen<br />
Anlagen und Fähigkeiten<br />
ausbilden und entfalten konnten. Unter<br />
den Bed<strong>in</strong>gungen sozial ungeschützter<br />
Arbeit, mangeln<strong>der</strong> sozialer Absicherung<br />
und steigenden Arbeitsdrucks werden die<br />
Lebensperspektiven dagegen e<strong>in</strong>geschnürt<br />
und auf die re<strong>in</strong>e Existenzsicherung<br />
zurückgeworfen. Der Sozialstaat ist somit<br />
weit mehr als e<strong>in</strong>e Umverteilungs<strong>in</strong>stanz.<br />
Erst auf Grundlage solidarischer gesellschaftlicher<br />
Strukturen wird <strong>in</strong>dividuelle<br />
Lebensentfaltung für die breite Bevölkerungsschicht<br />
zu e<strong>in</strong>em Lebens<strong>in</strong>halt. Die<br />
von den Konservativen betriebene Zurückführung<br />
des Sozialstaats setzt dagegen an<br />
die Stelle von sozialer Individualität die<br />
entfesselte Konkurrenz zwischen den Menschen.<br />
Der Wi<strong>der</strong>stand gegen neo-konservativen<br />
Systemumbau ist daher ke<strong>in</strong>eswegs<br />
nur e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>satz für die Rechte <strong>der</strong> unmittelbar<br />
Betroffenen, son<strong>der</strong>n zugleich auch<br />
<strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz für e<strong>in</strong>e freiheitliche und<br />
zugleich solidarische Lebenswelt, <strong>in</strong>nerhalb<br />
<strong>der</strong> sich die Menschen nicht permanent als<br />
Konkurrenten gegenübertreten müssen.<br />
2. Sozialstaat vor neuen Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
Der soziale und Wandel stellt den Sozialstaat<br />
vor neue Herausfor<strong>der</strong>ungen. Die<br />
Umbrüche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitswelt und die hohe<br />
Arbeitslosigkeit, die wachsende Armut, <strong>der</strong><br />
demographische Wandel und die gestiegenen<br />
Erwartung von Männern und Frauen<br />
295