28.12.2012 Aufrufe

Umstrittene Schweizer Sicherheitspolitik ... - ETH Zürich

Umstrittene Schweizer Sicherheitspolitik ... - ETH Zürich

Umstrittene Schweizer Sicherheitspolitik ... - ETH Zürich

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Michael Rühle<br />

also der Versuch unternommen, die Idee der Kollektivität auf Dinge auszudehnen,<br />

die klassischer Weise Teil der inneren Sicherheit sind.<br />

Monney Vincent: Welches wäre die Rolle der Armee und der NATO,<br />

sollten angesichts der Wirtschaftskrise Unruhen in den Zentren Europas<br />

ausbrechen?<br />

Rühle Michael: Diese Frage lässt sich nur schwierig beantworten. Es ist<br />

zunächst eine konstitutionelle Frage, welche Rolle die Armee in diesen<br />

Ländern selbst hat: Hat sie einen polizeiähnlichen Auftrag nach innen<br />

oder nicht? In diesem Falle hätte die NATO kaum eine Bedeutung. Wenn<br />

nämlich in einem Mitgliedstaat Unruhen sind, ist die NATO als Verband<br />

souveräner Nationalstaaten eigentlich nicht in der Lage, hier viel zu tun.<br />

Der griechisch-türkische Konflikt kann als klassisches Beispiel angeführt<br />

werden. In jenem Fall konnte die NATO lediglich versuchen, ihre Guten<br />

Dienste anzubieten. Ein mögliches Szenario könnte sich ergeben im Falle<br />

einer Lebensmittelknappheit, welche Solidarität zum Beispiel zwischen<br />

europäischen Staaten erfordern würde. Auch im Zusammenhang mit der<br />

Gaskrise in diesem Winter kann die NATO keine Rolle spielen; es stellte<br />

sich aber in diesem Zusammenhang die Frage, ob europäische Länder<br />

Gas in die osteuropäischen Länder pumpen sollen.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es in vielen der neuen<br />

Bedrohungen nicht um klassische militärische Abwehr geht, sondern<br />

um Solidarität im weitesten Sinne. Die zentrale Herausforderung der<br />

gesamten westlichen Gemeinschaft – nicht nur der NATO – ist es, Solidarität<br />

in ganz anderer Weise zu denken, als man das bisher getan hat.<br />

In der NATO hat man Solidarität immer so verstanden, dass man ein<br />

angegriffenes Mitgliedsland unterstützt hat bei der Verteidigung; das war<br />

aber schon bei den Anschlägen auf die Twin Towers im Jahre 2001 nicht<br />

mehr so richtig der Fall. Die Idee der Solidarität geht aber weit über den<br />

militärischen Beistand hinaus. Solidarische Akte können Gaslieferungen<br />

oder Lebensmittellieferungen sein, die Aufnahme von Flüchtlingen usw.<br />

Wenn beispielsweise der Klimawandel Europa noch stärker treffen wird,<br />

wird es mehr Naturkatastrophen geben, sodass es häufiger aktiver Solidarität<br />

bedürfen wird. Wie diese zu organisieren sein wird – ob die NATO<br />

733

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!