Psychische Erkrankungen in der Lebensspanne ... - DGPPN
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Topic 4 G Affektive Störungen, F3 // Affective disor<strong>der</strong>s, F3<br />
In e<strong>in</strong>er vom BMBF geför<strong>der</strong>ten Studie untersuchten wir dieses<br />
Phänomen mit e<strong>in</strong>em Emotionsverarbeitungsparadigma.<br />
Methode: Wir behandelten 12 Patienten mit chronischer Depression<br />
über e<strong>in</strong>en Zeitraum von 12 Wochen mit CBASP. Zu Beg<strong>in</strong>n<br />
und am Ende <strong>der</strong> Behandlung erhoben wir Verhaltensdaten und<br />
Daten mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT).<br />
Parallel dazu untersuchten wir 12 gematchte Kontrollprobanden.<br />
Allen Teilnehmern wurden Filme emotionaler Gesichtsausdrücke<br />
(glücklich, neutral, ängstlich, traurig) präsentiert. Die Aufgabe <strong>der</strong><br />
Versuchsteilnehmer bestand dar<strong>in</strong>, im MRT-Scanner abwechselnd<br />
das Geschlecht o<strong>der</strong> die Valenz <strong>der</strong> dargestellten Emotion e<strong>in</strong>zuordnen.<br />
Direkt im Anschluss und ausserhalb des Scanners wurden<br />
die Teilnehmer dann gebeten, das Arousal und die Valenz <strong>der</strong> Emotionen<br />
zu bewerten.<br />
Diskussion / Ergebnisse: Auf <strong>der</strong> Verhaltensebene fanden wir <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Vorstudie H<strong>in</strong>weise auf e<strong>in</strong>e verän<strong>der</strong>te Verarbeitung <strong>der</strong><br />
emotionalen Gesichter: chronisch depressive Patienten schätzten<br />
die glücklichen Gesichter als weniger positiv und die ängstlichen<br />
und traurigen als weniger negativ e<strong>in</strong>. Im fMRT fanden wir darüber<br />
h<strong>in</strong>aus Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Aktivität <strong>in</strong> kortikolimbischen Schleifen,<br />
die mit <strong>der</strong> Verarbeitung emotionaler Gesichter assoziiert<br />
waren. Zusammengefasst fanden wir bei chronisch depressiven<br />
Pa tienten charakteristische Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> emotionalen Urteilsverarbeitung,<br />
welche sich möglicherweise durch CBASP gezielt<br />
modifizieren lassen.<br />
Freitag, 27. 11. 2009, 17.15 – 18.45 Uhr, Saal Oslo<br />
ST-016 State-of-the-Art-Symposium<br />
Bipolare Störungen<br />
Vorsitz: T. Schläpfer (Bonn), W. Greil (Kilchberg)<br />
001<br />
Neurobiologische Grundlagen bipolarer Störungen<br />
Thomas Schläpfer (Universitätskl<strong>in</strong>ikum Bonn, Psychiatrie und Psychotherapie)<br />
Die nach ICD-10 klare Abgrenzung e<strong>in</strong>zelner Störungskategorien<br />
affektiver <strong>Erkrankungen</strong> entspricht <strong>in</strong> neurobiologischer H<strong>in</strong>sicht<br />
nicht <strong>der</strong> Realität. E<strong>in</strong>e dimensionale Beschreibung <strong>der</strong> mit <strong>der</strong><br />
Störung e<strong>in</strong>hergehenden Dysre gulationen des Verhaltens, <strong>der</strong> Kognition<br />
und <strong>der</strong> Emotionen, o<strong>der</strong> aber e<strong>in</strong>e Beschreibung <strong>der</strong><br />
Bee<strong>in</strong>trächti gungen auf biologischer Ebene kann zusätzlich wichtige<br />
Infor mation liefern. Aus biologischer Sicht s<strong>in</strong>d psychische Störungen<br />
charakterisiert durch Be e<strong>in</strong>trächtigungen auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong><br />
Neurotransmission, <strong>der</strong> Konnektivität o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Prote<strong>in</strong>synthese.<br />
Heute wird e<strong>in</strong>e multifaktorielle Ätiopathogenese affektiver <strong>Erkrankungen</strong><br />
angenommen, bei <strong>der</strong> sowohl genetische, wie auch<br />
biologische und psychosoziale Faktoren <strong>in</strong>teragieren und je nach<br />
<strong>in</strong>dividueller Disposition zur Ausprägung von Krankheitssymptomen<br />
führen. Die uniforme Prävalenzrate <strong>in</strong> unterschiedlichen Kulturkreisen,<br />
das familiär gehäufte Auftreten und das relativ niedrige<br />
Erstmanifestationsalter bipolarer Störungen im Vergleich zur unipolaren<br />
Depression weisen auf e<strong>in</strong>e starke genetische Disposition<br />
und relativ ger<strong>in</strong>gere Modulierbarkeit durch äußere Stressoren h<strong>in</strong>.<br />
Bipolare Störungen gehen mit strukturellen Verän<strong>der</strong>ungen des<br />
Gehirns e<strong>in</strong>her. Bei bipolaren affektiven Störungen werden Auffälligkeiten<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> gesamten Kaskade <strong>der</strong> neuralen Signaltransmission<br />
– von Neurotransmittern und Neuromodulatoren über rezeptorgekoppelte<br />
<strong>in</strong>trazelluläre Signaltransduktion bis h<strong>in</strong> zur Genexpression<br />
– beobachtet. E<strong>in</strong>e adäquate Behandlung führt nicht nur<br />
zu e<strong>in</strong>er Verbesserung <strong>der</strong> Symptomatik affektiver Störungen, son-<br />
118<br />
<strong>der</strong>n kann auch mit e<strong>in</strong>er Normalisierung dieser Verän<strong>der</strong>ungen<br />
e<strong>in</strong>hergehen. E<strong>in</strong>e antidepressive Behandlung erhöht die Anzahl<br />
neu gebildeter Zellen im Gyrus dentatus des Hippokampus. Sowohl<br />
die Anwendung von Elektrokrampftherapie als auch von mehreren<br />
antidepressiven Medikamentenklassen, nicht aber von non-antidepressiven<br />
Wirkstoffen (Haloperidol) zur Erhöhung <strong>der</strong> Anzahl neu<br />
gebildeter Neuronen; diese Wirkung ist also e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same und.<br />
spezifische Eigenschaft antidepressiver Therapien. Dieser Effekt<br />
wurde nur nach e<strong>in</strong>er chronischen, nicht jedoch nach e<strong>in</strong>er akuten<br />
antidepressiven Behandlung beobachtet, was mit <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen Erfahrung<br />
zum Zeitverlauf <strong>der</strong> Wirkung von Antidepressiva vere<strong>in</strong>bar<br />
ist. Lang anhaltende unbehandelte affektive Störungen können<br />
mit strukturellen Verän<strong>der</strong>ungen und funktionellen Störungen des<br />
Gehirns e<strong>in</strong>hergehen. Das Ziel e<strong>in</strong>er Behandlung besteht dar<strong>in</strong>,<br />
diese Verän<strong>der</strong>ungen rückgängig zu machen. Dieser Prozess kann<br />
langwierig se<strong>in</strong>, weshalb e<strong>in</strong>e Langzeitbehandlung unumgänglich<br />
ist.<br />
002<br />
Aktueller Forschungsstand <strong>der</strong> Akut- und Langzeitbehandlung<br />
bipolarer Störungen<br />
Waldemar Greil (Sanatorium Kilchberg, Schweiz)<br />
I. von Stralendorff<br />
Die vorgestellte Übersicht orientiert sich an <strong>in</strong>ternationalen<br />
Leit l<strong>in</strong>ien (CANMAT / ISBD 2009). Zur Behandlung <strong>der</strong> Bipolare<br />
Depression s<strong>in</strong>d weiter Mittel <strong>der</strong> ersten Wahl die Monotherapie<br />
mit Lithium, Quetiap<strong>in</strong> und Lamotrig<strong>in</strong>. Für Lamotrig<strong>in</strong> liegen jedoch<br />
mehrere Negativbefunde vor. Antidepressiva s<strong>in</strong>d weiterh<strong>in</strong><br />
umstritten, am ehesten werden SSRI <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit stimmungsstabilisierenden<br />
/ antimanischen Medikamenten (Lithium,<br />
Antikonvulsiva, Atypika) empfohlen. Zur Maniebehandlung s<strong>in</strong>d<br />
Komb<strong>in</strong>ationen von stimmunsstabiliserenden Medikamenten (Lithium,<br />
Antikonvulsiva) mit atypischen Antipsychotika üblich und<br />
wirksam. Monotherapie wäre aber zu bevorzugen. Zur Rezidivprophylaxe<br />
werden als Mittel <strong>der</strong> ersten Wahl Lithium, die Antikonvulsiva<br />
Carbamazep<strong>in</strong>, Valproat und Lamotrig<strong>in</strong> (letzere Substanz<br />
nur zur Prävention von Depressionen) sowie die atypischen Antipsychotika<br />
Olanzap<strong>in</strong>, Quetiap<strong>in</strong>, Risperidon Depot<strong>in</strong>jektionen<br />
und Aripiprazol (letztere Substanz nur Prävention von Manien) angeraten.<br />
Die Arzt-Compliance bzgl. <strong>der</strong> Leitl<strong>in</strong>ien erwies sich als<br />
günstig für den Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung, erfahrene Ärzte halten<br />
sich jedoch seltener an Leitl<strong>in</strong>ien als weniger erfahrne Ärzte. Fazit:<br />
Lithium ist weiter „Goldstandard“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> Manie,<br />
<strong>der</strong> bipolaren Depression und <strong>der</strong> Langzeitbehandlung bipolarer<br />
Störungen. Auch atypische Antipsychotika kommen als Mittel <strong>der</strong><br />
ersten Wahl bei <strong>der</strong> Manie, <strong>der</strong> bipolaren Depression und <strong>der</strong> Langzeitbehandlung<br />
<strong>in</strong> Frage (das gilt vor allem für Olanzap<strong>in</strong> und<br />
Quetiap<strong>in</strong>). Antikonvulsiva weisen differenzielle Wirksamkeit auf<br />
den manischen und depressiven Pol auf: antimanische Wirkung<br />
von Valproat, depressionsverhütende Wirkung von Lamotrig<strong>in</strong>.<br />
Vorsicht mit Antidepressiva, vor allem bei Patienten mit „frequent<br />
cycl<strong>in</strong>g“. Neben <strong>der</strong> medikamentösen Behandlung s<strong>in</strong>d Psychoedukation<br />
(auch für die Angehörigen <strong>der</strong> Patienten), Ernährungsberatung,<br />
Sport, Life-Style-Coach<strong>in</strong>g und Psychotherapie hilfreich.