Psychische Erkrankungen in der Lebensspanne ... - DGPPN
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Topic 22 G Philosophie, Geschichte und Ethik // Philosophy, history and ethics<br />
leben und Leben <strong>der</strong> Zeit ‚selbst‘. E<strong>in</strong>e Berücksichtigung dieses<br />
Unterschieds dürfte für die Zeit-Psychopathologie und für die psychiatrische<br />
Praxis von nicht zu unterschätzen<strong>der</strong> Bedeutung se<strong>in</strong>.<br />
002<br />
Die Krise. E<strong>in</strong> notwendiges Ingrediens postmo<strong>der</strong>ner Biographien?<br />
Jann E. Schlimme (MHH, Psychiatrie und Psychotherapie, Hannover)<br />
E<strong>in</strong>leitung: Der Lebenslauf des e<strong>in</strong>zelnen Menschen unterliegt<br />
grundsätzlich E<strong>in</strong>flüssen, die nicht vollständig durch se<strong>in</strong>e Verhaltensmöglichkeiten<br />
verfügbar s<strong>in</strong>d. Gerade <strong>in</strong> unserer heutigen<br />
(postmo<strong>der</strong>nen) Kultur zeichnen sich Lebensläufe durch e<strong>in</strong>e solche<br />
pr<strong>in</strong>zipielle Unwägbarkeit aus. Sie folgen weniger vorgezeichneten<br />
kulturellen „Trampelpfaden“ und können sich seltener auf<br />
übergeordnete Metaerzählungen abstützen, die schicksalhafte<br />
Wendungen erklären. Diesem kulturellen Befund korrespondiert<br />
e<strong>in</strong>e zunehmende Häufigkeit von psychosozialen Krisen im <strong>in</strong>dividuellen<br />
Lebenslauf. Krisen werden dabei üblicherweise als vorübergehende<br />
psychische Reaktionen auf unvorhersehbare, den eigenen<br />
Erfahrungshorizont überschreitende Erfahrungen verstanden,<br />
welche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er (mehr o<strong>der</strong> weniger) <strong>in</strong>tegrierenden Bewältigung<br />
<strong>der</strong> Erfahrung ihren Abschluss f<strong>in</strong>den. Die dabei sich vollziehende<br />
(positive wie negative) Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> eigenen Person kann als<br />
<strong>der</strong>en mehr o<strong>der</strong> weniger dauerhafte Folge verstanden werden. Vor<br />
diesem H<strong>in</strong>tergrund kann die These aufgestellt werden, dass Krisen<br />
e<strong>in</strong>en notwendigen Aspekt postmo<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Biographien darstellen.<br />
Diskussion / Ergebnisse: Der Vortrag verfolgt diese These <strong>in</strong> den<br />
verschiedenenen Funktionen, die das explizite Erzählen von Krisen<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> eigenen Lebensgeschichte erfüllt. Diese f<strong>in</strong>det sich nicht nur<br />
dar<strong>in</strong>, dass man es selbst ist, <strong>der</strong> diese ungewöhnlichen Erfahrungen<br />
aus <strong>der</strong> Erste-Person-Perspektive zu berichten vermag. Vielmehr<br />
zeigen sich „schicksalhafte Wendungen“ auf leiblicher, situativer<br />
o<strong>der</strong> <strong>in</strong>terpersonaler Ebene und die auf diese ungewöhnliche<br />
Erfahrung folgende „Bewältigung“ als wesentlich, um sowohl die<br />
Wandlung als auch die Stabilität spezifischer personaler Merkmale<br />
verständlich zu machen. Hierbei geht es immer auch darum, e<strong>in</strong>e<br />
durchreichende Interpretation des eigenen Fühlens, Denkens und<br />
Verhaltens zu f<strong>in</strong>den, welche trotz aller Unwägbarkeiten vorausschauend<br />
e<strong>in</strong>e gewisse Gültigkeit aufweist. Gerade diejenigen Wandlungen,<br />
die nicht e<strong>in</strong>fach im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es „Weiter so“ aufgenommen<br />
werden können, erweisen sich folglich als herausfor<strong>der</strong>nd und<br />
fruchtbar für das eigene Erzählen. Sie zeigen das eigene Leben als<br />
e<strong>in</strong> Abenteuer: Krisen s<strong>in</strong>d unvermeidbar und demonstrieren die<br />
grundsätzliche Verwobenheit des Menschen <strong>in</strong> leiblicher, situativer<br />
und <strong>in</strong>terpersonaler Dimension. Diese durch Krisen erzwungene<br />
E<strong>in</strong>sicht besagt, dass sich die eigenen erfolgreich bewältigten Krisen<br />
retrospektiv als notwendiges Ingrediens des eigenen Lebenslaufs<br />
erweisen.<br />
003<br />
Methodik <strong>der</strong> psychiatriehistorischen Autobiographieforschung<br />
Burkhart Brückner (Hochschule Nie<strong>der</strong>rhe<strong>in</strong>, Fachbereich Sozialwesen,<br />
Mönchengladbach)<br />
E<strong>in</strong>leitung: Autobiographische Zeugnisse verdeutlichen die persönliche<br />
Dimension von Krankheitserfahrungen so direkt wie ke<strong>in</strong>e<br />
an<strong>der</strong>e Quellenart. In <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>geschichtlichen Forschung<br />
werden sie zunehmend verwendet und eignen sich zur Verb<strong>in</strong>dung<br />
von sozialhistorischen, alltagsgeschichtlichen und kasuistischen<br />
Forschungsfragen. Der Beitrag begründet e<strong>in</strong> methodisches Design<br />
für die psychiatriehistorische Biographieforschung auf <strong>der</strong> Grundlage<br />
von psychiatrisch relevanten Selbstzeugnissen wie Tagebüchern,<br />
Briefen o<strong>der</strong> Autobiographien.<br />
Methode: Die Untersuchung von Selbstzeugnissen mit Mitteln <strong>der</strong><br />
rekonstruktiven Sozialforschung erfor<strong>der</strong>t die Reflexion von typischen<br />
methodologischen und methodischen Aufgaben und Proble-<br />
474<br />
men. Am Beispiel e<strong>in</strong>iger Selbstberichte von delirierenden o<strong>der</strong><br />
wahnerfahrenen Personen, etwa aus <strong>der</strong> Hand des französischen<br />
Aufklärungsphilosophen Jean-Jacques Rousseau, werden die Beziehungen<br />
zwischen psychiatrischen und historischen Erkenntnis<strong>in</strong>teressen<br />
ebenso geklärt wie die Kriterien <strong>der</strong> Datenqualität,<br />
Stichprobenziehung, Perspektiventriangulation, Fallrekonstruktion<br />
und Typenbildung.<br />
Diskussion / Ergebnisse: Mit qualitativen Methoden können historische<br />
Selbstzeugnisse als empirisches Material <strong>der</strong> Psychiatriegeschichte<br />
gew<strong>in</strong>nbr<strong>in</strong>gend genutzt werden. Die Untersuchung e<strong>in</strong>er<br />
epochenübergreifenden Kollektion von über 120 europäischen<br />
Selbstberichten zeigt typische <strong>in</strong>tertextuelle Merkmale, Publikationsmotive,<br />
Bewältigungsstile und Darstellungsmuster als Indikatoren<br />
e<strong>in</strong>er Geschichte <strong>der</strong> Kultur des autobiographischen Schreibens<br />
über den Wahns<strong>in</strong>n.<br />
Donnerstag, 26. 11. 2009, 15.30 – 17.00 Uhr, Saal 4<br />
S-063 Symposium<br />
Other M<strong>in</strong>ds: Neurophilosophy and Neuroethics of Intersubje<br />
c ti v ity<br />
Vorsitz: K. Vogeley (Köln), G. Juckel (Bochum)<br />
001<br />
Self-Consciousness and the M<strong>in</strong>d-Bra<strong>in</strong>-Problem<br />
Albert Newen (Ruhr-Universität Bochum, Philosophie)<br />
002<br />
Neuroscience of Bra<strong>in</strong>read<strong>in</strong>g<br />
Antti Revonsuo (Universität Turku, Psychologie, F<strong>in</strong>nland)<br />
003<br />
Neuroethics of Bra<strong>in</strong>read<strong>in</strong>g<br />
Veikko Launis (Universität Turku, Psychologie, F<strong>in</strong>nland)<br />
004<br />
Knowledge about the Consciousness of Others: An Epistemiological<br />
Investigation <strong>in</strong> Emotional Neuroscience<br />
Alexandra Z<strong>in</strong>ck (LWL-Universitätskl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> Ruhr-Universität Bochum)<br />
G. Juckel<br />
Un<strong>der</strong>stand<strong>in</strong>g others’ mental states, i.e. their attitudes, wishes and<br />
emotions, has posed a challenge that has puzzled philosophers for<br />
centuries and by and by empirical scientists alike. In our presentation<br />
we will give an analysis of the un<strong>der</strong>ly<strong>in</strong>g epistemological and<br />
conceptual problems that arise as soon as we are deal<strong>in</strong>g with mental<br />
states that are not our own. We will beg<strong>in</strong> by lay<strong>in</strong>g out the scope<br />
of the epistemological question: Can we un<strong>der</strong>stand another’s mental<br />
states at all? How can we know whether others’ feel<strong>in</strong>gs and<br />
thoughts are of the same quality as ours? Are we perhaps always<br />
conf<strong>in</strong>ed to only our own mental states? Or are they possibly so<br />
easily un<strong>der</strong>stood this can be regarded as automatic? The un<strong>der</strong>ly<strong>in</strong>g<br />
assumption of the epistemological approach, namely a privileged<br />
access and 1st person authority to our own mental states leads<br />
straight <strong>in</strong>to the depths of solipsism. Yet, discard<strong>in</strong>g this epistemological<br />
assumption together with Wittgenste<strong>in</strong>, we move on to the<br />
conceptual question and <strong>in</strong>stead ask what it means to have a m<strong>in</strong>d<br />
and how we can come to un<strong>der</strong>stand that others as well as ourselves<br />
have mental states at all. In particular, we want to explore (i) the<br />
special status of emotions as expressive states that notably call attention<br />
to the mental states of <strong>in</strong>dividuals and promote <strong>in</strong>teraction