Psychische Erkrankungen in der Lebensspanne ... - DGPPN
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Topic 17 G Forensische Psychiatrie // Forensic psychiatry<br />
den Faktoren Proaktive Aggression, Reaktive Aggression, Gerechter<br />
Zorn und Misstrauen als emotionale Aggressionsgrundlage ermittelt.<br />
Die erhobenen Reliabilitäts- und Validitätsmaße weisen<br />
aureichende Güte für die Anwendung bei forensischen Fragestellungen<br />
auf.<br />
007<br />
Psychometrische Erfassung des „Psychopathy“-Konstrukts im<br />
Straf- und Maßregelvollzug: E<strong>in</strong> Vergleich zwischen <strong>der</strong> Hare Psychopathy<br />
Checklist (PCL-SV) und dem Kieler Psychopathie-Inventar<br />
(KPI-R)<br />
Ulrike Lüken (Technische Universität Dresden, Kl<strong>in</strong>ische Psychologie)<br />
K. Buchholz, H. Heilemann, D. Köhler, H. He<strong>in</strong>zen, M. Gwenner,<br />
H.-U. Wittchen, C. Huchzermeier<br />
E<strong>in</strong>leitung: Die Psychopathy Checklist (PCL; Hare, 1980) gilt als<br />
Gold Standard zur Erfassung psychopathischer Persönlichkeitsmerkmale<br />
mit den Unterfaktoren „betrügerisch-manipulativ“<br />
(Faktor 1), „Mangel an Empathie“ (Faktor 2) und „Antisoziale Verhaltensweisen“<br />
(Faktor 3; Cooke & Michie, 2001). Die PCL ist zeit-<br />
und ressourcen<strong>in</strong>tensiv und erfor<strong>der</strong>t neben strukturiertem Interview<br />
e<strong>in</strong>e Aktenrecherche. Das Kieler Psychopathie-Inventar<br />
(KPI-R), welches sich an Hare’s Psychopathie-Konstrukt orientiert,<br />
ist ökonomischer, basiert jedoch ausschließlich auf Selbstauskünften.<br />
Ziel <strong>der</strong> Arbeit war die Vergleichbarkeit <strong>der</strong> Verfahren <strong>in</strong> zwei<br />
strafrechtlich relevanten Zielgruppen zu untersuchen.<br />
Methode: Wir setzten PCL-SV und KPI-R an n = 22 Probanden<br />
des Strafvollzugs (JVA), n = 22 Probanden des Maßregelvollzugs<br />
(MRV), sowie e<strong>in</strong>er nicht-<strong>in</strong>haftierten Kontrollgruppe (KG; n = 23,<br />
nur KPI) e<strong>in</strong>, die an unterschiedlichen Standorten (MRV, KG:<br />
Arnsdorf; JVA: Kiel) untersucht wurden.<br />
Diskussion / Ergebnisse: Im Vergleich zur JVA- wies die MRV-<br />
Gruppe <strong>in</strong> <strong>der</strong> PCL-SV signifikant höhere Gesamtwerte und e<strong>in</strong>en<br />
stärkeren Mangel an Empathie auf, nicht jedoch höhere Werte <strong>in</strong><br />
den Faktoren 1 und 3. Im KPI-R waren beide Gruppen vergleichbar.<br />
Die KG zeichnete sich durch niedrigere Werte im KPI-Gesamtwert,<br />
Faktor 3 (KG vs. JVA-Gruppe) bzw. Gesamtwert, Faktor 2 und<br />
3 (KG vs. MRV-Gruppe) aus. Korrelative Analysen belegten positive<br />
Zusammenhänge (r = 0.38 – 0.57) zwischen PCL-SV und KPI-R<br />
im Gesamtwert, Faktor 1 und 3, nicht jedoch für den Empathie-<br />
Faktor. Dieses Muster war <strong>in</strong> <strong>der</strong> MRV-Gruppe beson<strong>der</strong>s ausgeprägt.<br />
Die Ergebnisse belegen die Bedeutung bestimmter Unterfacetten<br />
des Psychopathie-Konstrukts für strafrechtlich relevante<br />
Zielgruppen. Die Ergebnisse <strong>der</strong> PCL-SV ließen sich mittels KPI-R<br />
<strong>in</strong> dieser Stichprobe nicht zufriedenstellend replizieren. Die Konstruktvalidität<br />
des KPI-R erwies sich <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für den Empathie-Faktor<br />
als unzureichend, was mit <strong>der</strong> Ich-Syntonie dieses<br />
Merkmals zusammenhängen könnte. Dies belegt die Notwendigkeit<br />
e<strong>in</strong>er Außenperspektive für die Diagnostik psychopathischer<br />
Persönlichkeitsmerkmale. Die Generalisierbarkeit dieser Ergebnisse<br />
ist jedoch im H<strong>in</strong>blick auf unterschiedliche Standortfaktoren<br />
und Stichprobeneffekte kritisch zu diskutieren.<br />
008<br />
Wahrnehmung emotionaler und neutraler Gesichtsausdrücke:<br />
E<strong>in</strong>e Untersuchung an Personen des Maßregelvollzugs<br />
Ulrike Lüken (Technische Universität Dresden, Kl<strong>in</strong>ische Psychologie)<br />
M. Gwenner, K. Buchholz, H. Heilemann, H.-U. Wittchen<br />
E<strong>in</strong>leitung: Konzeptuelle Weiterentwicklungen des „Psychopathy“-<br />
Konstrukts (Hare, 1980) regten <strong>in</strong> den letzten Jahren die Erforschung<br />
von neurobiologischen Korrelaten antisozialer Persönlichkeitsmerkmale<br />
an. Dabei wird vermutet, dass e<strong>in</strong> evolutionär<br />
angelegter „Gewalthemmungs-Mechanismus“ (VIM: violent <strong>in</strong>hibition<br />
mechanism) zur Kontrolle <strong>in</strong>nerartlicher Aggressionen bei<br />
Personen mit psychopathischen Persönlichkeitsmerkmalen verm<strong>in</strong><strong>der</strong>t<br />
se<strong>in</strong> könnte. Studien zur Wahrnehmung emotionaler Ge-<br />
sichtsausdrücke (Aktivierung des VIM) zeigten jedoch <strong>in</strong>konsistente<br />
Befunde für positive und negative Emotionen.<br />
Methode: Wir untersuchten an n=22 Personen des Maßregelvollzugs<br />
(MRV) und n=23 altersgematchten nicht-<strong>in</strong>haftierten Kontrollpersonen<br />
(KG) die Wahrnehmung emotionaler Gesichtsausdrücke<br />
(Angst, Ärger, Freude, neutral; Ekman & Friesen, 1976). Die<br />
Bewertung erfolgte h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Intensität <strong>der</strong> gezeigten Emotion<br />
auf den Dimensionen Angst, Ärger, Freude, Valenz und<br />
Arousal.<br />
Diskussion / Ergebnisse: Die MRV-Gruppe wies e<strong>in</strong>e mittlere Ausprägung<br />
von 14.7 (2.0 – 23.5) Punkten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Psychopathy Checklist<br />
(PCL-SV) auf; sechs Probanden lagen über dem Cutoff<br />
(18 Punkte). Die Achse II-Diagnostik ergab verschiedene Persönlichkeitsstörungen<br />
(antisozial: n=6; Bor<strong>der</strong>l<strong>in</strong>e: n=5; narzistisch:<br />
n=5; histrionisch: n=2; schizoid: n=1; paranoid: n=1; depressiv:<br />
n=2; negativistisch: n=2; zwanghaft: n=1; dependent: n=1; selbstunsicher:<br />
n=5). Die Unterbr<strong>in</strong>gungsdauer wies ke<strong>in</strong>en signifikanten<br />
Zusammenhang zur Emotionswahrnehmung auf. Nach Kontrolle<br />
differentieller Depressionssymptome zeigte die MRV-Gruppe<br />
e<strong>in</strong>e reduzierte Intensitätswahrnehmung von Angst und Ärger. Die<br />
E<strong>in</strong>schätzung des Erregungsniveaus <strong>der</strong> Angst- und Ärgerstimuli,<br />
nicht jedoch Freude, fiel <strong>in</strong> <strong>der</strong> MRV-Gruppe signifikant ger<strong>in</strong>ger<br />
aus. Neutrale Gesichter wurden ebenfalls als tendenziell weniger<br />
ängstlich und ärgerlich bewertet. H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> wahrgenommenen<br />
Valenz zeigte sich e<strong>in</strong> Interaktionseffekt mit dem Geschlecht<br />
<strong>der</strong> Stimuli: weibliche neutrale Gesichter wurden von <strong>der</strong> MRV-<br />
Gruppe angenehmer e<strong>in</strong>geschätzt als von <strong>der</strong> KG. Die Ergebnisse<br />
verweisen auf e<strong>in</strong>e reduzierte Intensitätswahrnehmung negativ valenter<br />
Emotionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> MRV-Gruppe. Dieser Effekt ist auch für<br />
neutrale (d.h. emotional une<strong>in</strong>deutige) Gesichter zu beobachten<br />
und könnte darauf h<strong>in</strong>deuten, dass Affekte im An<strong>der</strong>en, die e<strong>in</strong>e<br />
Verhaltenshemmung auslösen (z.B. Angst und Ärger), von Personen<br />
des Maßregelvollzugs weniger <strong>in</strong>tensiv wahrgenommen werden.<br />
E<strong>in</strong>e kritische Diskussion sollte jedoch im H<strong>in</strong>blick auf die<br />
vielfältigen psychischen Komorbiditäten <strong>der</strong> MRV-Gruppe erfolgen.<br />
009<br />
Gewalt im Zusammenhang mit defizitärer Emotionserkennung:<br />
Ansätze für therapeutische Interventionen?<br />
Petra Retz-Jung<strong>in</strong>ger (Gerichtliche Psychiatrie, Homburg)<br />
F. Philipp-Wiegmann, M. Rösler, W. Retz<br />
E<strong>in</strong>leitung: Die korrekte Interpretation menschlicher Mimik stellt<br />
e<strong>in</strong> wesentliches Element <strong>der</strong> sozialen Kommunikation und Interaktion<br />
dar. Es s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>dividuelle Unterschiede <strong>in</strong> Bezug auf die<br />
Fähigkeit, den mimischen Emotionsausdruck zu dekodieren bekannt.<br />
Entsprechend dem neurokognitiven Modell zur Aggression<br />
von Blair (1995, 2001) kann e<strong>in</strong>e reduzierte Sensitivität für die<br />
emotionalen Signale aggressives Verhalten begünstigen.<br />
Methode: Es wurden 35 männliche Probanden des IGPUP untersucht.<br />
18 davon wurden im Zusammenhang mit e<strong>in</strong>er Gewaltstraftat<br />
begutachtet (VO) und 17 Probanden aufgrund gewaltfreier<br />
Delikte (NVO). Die Kontrollgruppe bildeten 14 männliche Psychologiestudenten.<br />
Alle Probanden bearbeiteten den FEEL-Test und<br />
e<strong>in</strong>en Intelligenztest. Darüber h<strong>in</strong>aus wurden folgende standardisierte<br />
Verfahren e<strong>in</strong>gesetzt: NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-<br />
FFI), Fragebogen zu <strong>in</strong>terpersonalen Problemen (IIP-C) und <strong>der</strong><br />
Impulsivitätsfragebogen nach Eysenck (I7).<br />
Diskussion / Ergebnisse: Es fanden sich signifikante Korrelationen<br />
zwischen den Leistungen im FEEL-Test und <strong>der</strong> Intelligenz sowie<br />
zwischen <strong>der</strong> Fähigkeit die Emotionen Angst und Trauer korrekt<br />
wahrzunehmen und <strong>der</strong> Intelligenz. Es wurde ke<strong>in</strong> signifikanter<br />
Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Leistung im FEEL-Test und Impulsivität<br />
o<strong>der</strong> Empathie ermittelt. Die korrekte Dekodierung von <strong>der</strong><br />
Emotion Angst korrelierte signifikant mit <strong>der</strong> Skala 3 des NEO-FFI<br />
407