Psychische Erkrankungen in der Lebensspanne ... - DGPPN
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Topic 19 G Versorgungsforschung und Gesundheitspolitik // Health services research and health care policy<br />
breiten <strong>in</strong>ternationalen common sense über geeignete, evidenzbasierte<br />
Verfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Depressionsbehandlung. Leitl<strong>in</strong>ien unterscheiden<br />
sich jedoch – abhängig von <strong>der</strong> landesspezifischen Bewertung<br />
<strong>der</strong> Studien und <strong>der</strong> Versorgungsrealität (z. B. h<strong>in</strong>sichtlich<br />
jeweils verfügbarer Psychotherapie o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Bevorzugung bestimmter<br />
Wirkstoffklassen von Antidepressiva) <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schwerpunktsetzung<br />
ihrer Empfehlungen.<br />
Samstag, 28. 11. 2009, 08.30 – 10.00 Uhr, Dachgarten<br />
BS-018 Symposium<br />
Entgeltsysteme für die Krankenhausbehandlung von Menschen<br />
mit psychischen <strong>Erkrankungen</strong> – Entwicklungen <strong>in</strong> Deutschland,<br />
Schweiz und Österreich<br />
Vorsitz: H. Kunze (Kassel), J. Fritze (Pulheim)<br />
001<br />
Schweiz – Auf <strong>der</strong> Suche nach empirisch-rationalen Grundlagen<br />
für Fallpauschalen. Erfahrungen aus dem Kanton Zürich<br />
Wulf Rössler (Kl<strong>in</strong>ikdirektor, Psychiatrische Universitätskl<strong>in</strong>ik, Zürich,<br />
Schweiz)<br />
E<strong>in</strong>leitung: Die Frage, ob und wie Fallpauschalen <strong>in</strong> die stationäre<br />
psychiatrische Versorgung e<strong>in</strong>geführt werden können, ist Gegenstand<br />
<strong>in</strong>tensiver Diskussionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Versorgungsplanung. Der<br />
Kern <strong>der</strong> Diskussion wird bestimmt von <strong>der</strong> Frage, ob sich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
stationären Psychiatrie die Länge e<strong>in</strong>es stationären Aufenthaltes<br />
anhand verschiedener Kriterien vorhersagen lässt. Das gegenwärtige<br />
Entgeltsystem mit tagesgleichen Taxen favorisiert längere Aufenthaltsdauern<br />
vor dem H<strong>in</strong>tergrund, dass zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er stationären<br />
Behandlung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel die Kosten höher als die Erlöse s<strong>in</strong>d,<br />
während mit zunehmen<strong>der</strong> Verweildauer die Kosten s<strong>in</strong>ken aber<br />
die Erlöse zunehmen. Zielsetzung ist deshalb z. B. anhand von<br />
Diag nosen zu e<strong>in</strong>er möglichst genauen Vorhersage <strong>der</strong> Länge e<strong>in</strong>es<br />
erfor<strong>der</strong>lichen stationären Aufenthaltes zu kommen.<br />
Methode: Dieser Frage s<strong>in</strong>d wir <strong>in</strong> verschiedenen Analysen nachgegangen.<br />
In e<strong>in</strong>em ersten Schritt e<strong>in</strong>er kantonsweiten Analyse stationär<br />
behandeln<strong>der</strong> Patienten war es unter E<strong>in</strong>schluss von Diagnosen<br />
und an<strong>der</strong>er krankheitsrelevanter Daten nur gelungen, ca.<br />
20 % <strong>der</strong> Varianz aufzuklären. In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt s<strong>in</strong>d wir anhand<br />
e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>eren Stichprobe <strong>der</strong> Frage nachgegangen, ob unabhängig<br />
von Diagnosen und anhand diverser psychopathologischer<br />
Syndrome die Vorhersage verbessert werden kann. Aber auch hier<br />
liess sich ke<strong>in</strong>e wesentlich bessere Prädiktion f<strong>in</strong>den.<br />
Diskussion / Ergebnisse: Daraus lässt sich schluss folgern, dass auch<br />
unter Mitteleuropäischen Versorgungsbed<strong>in</strong>gungen die Diagnosen<br />
und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiteren Schritt die Psycho pathologie zukünftig ke<strong>in</strong>e<br />
h<strong>in</strong>reichende Prädiktion für die Fallpauschalierung <strong>in</strong> <strong>der</strong> stationären<br />
Psychiatrie erlauben.<br />
002<br />
Österreich – Erfahrungen und Perspektiven mit dem LKF-System<br />
aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Psychiatrie<br />
Johannes Wancata (Unikl<strong>in</strong>ik Wien, Kl<strong>in</strong>ik für Psychiatrie, Österreich)<br />
E<strong>in</strong>leitung: Die Gesundheitsausgaben <strong>in</strong> Österreich betragen etwa<br />
8 % <strong>der</strong> Bruttonationalprodukts, wobei aber e<strong>in</strong>e Aufglie<strong>der</strong>ung<br />
nach mediz<strong>in</strong>ischen Fachgebieten kaum möglich ist. Bei fünf psychischen<br />
<strong>Erkrankungen</strong> (Angsterkrankungen, affektive <strong>Erkrankungen</strong>,<br />
Sucht, Demenz, Psychosen) waren im Jahr 2004 laut „Cost<br />
of Disor<strong>der</strong>s of the Bra<strong>in</strong> <strong>in</strong> Europe“-Studie 21 % <strong>der</strong> Kosten durch<br />
Krankenhausbehandlungen verursacht.<br />
428<br />
Diskussion / Ergebnisse: Vor knapp 10 Jahren wurde <strong>in</strong> Österreich<br />
die „Leistungsorientierte Krankenanstaltenf<strong>in</strong>anzierung“ (LKF),<br />
e<strong>in</strong> an DRGs orientiertes System e<strong>in</strong>geführt. Zusätzlich wurde e<strong>in</strong>e<br />
so genannte „outlier-Regelung“ e<strong>in</strong>geführt, nach <strong>der</strong> für jede Diagnosengruppe<br />
anhand e<strong>in</strong>es def<strong>in</strong>ierten Verweildauerfensters die<br />
Verweildauerober- und Untergrenzen festgelegt werden. E<strong>in</strong>e Unterschreitung<br />
<strong>der</strong> Verweildaueruntergrenze führt zu e<strong>in</strong>er proportional<br />
abnehmenden Bepunktung, während e<strong>in</strong>e Überschreitung<br />
<strong>der</strong> Verweildauerobergrenze mit e<strong>in</strong>er degressiven Zusatzbepunktung<br />
verbunden ist. Wie <strong>in</strong> vielen an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n kam es zu e<strong>in</strong>er<br />
Verkürzung <strong>der</strong> stationären Aufenthaltsdauer an psychiatrischen<br />
Krankenhausabteilungen, wobei nicht klar ist, ob und <strong>in</strong> welchem<br />
Umfang die E<strong>in</strong>führung des LKF-Systems e<strong>in</strong>e Rolle gespielt hat.<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung des LKF-Systems konnten erstmals <strong>in</strong><br />
ganz Österreich nach e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichen Punktesatz tageskl<strong>in</strong>ische<br />
und tagesstrukturierende Behandlungen verrechnet werden.<br />
Durch die relativ hohe Bepunktung wurde für Krankenhäuserträger<br />
e<strong>in</strong> Anreiz geschaffen, vollstationäre Kapazitäten durch halbstationäre<br />
Angebote zu ersetzen. Nach zahlreichen Anpassungen<br />
bezüglich e<strong>in</strong>zelner Details <strong>der</strong> Abrechung wurde nun kürzlich e<strong>in</strong><br />
Gewichtungsfaktor auf Basis <strong>der</strong> verfügbaren Personalressourcen<br />
geschaffen. Dies ist vermutlich als Anreiz für e<strong>in</strong>e bessere Personalausstattung<br />
psychiatrischer Stationen gedacht, wobei die Wirksamkeit<br />
dieser Maßnahme bislang noch nicht beurteilbar ist.<br />
003<br />
Wie könnte <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung des neuen Entgeltsystems<br />
(§ 17 d KHG) gestaltet werden?<br />
Jürgen Fritze (Universität Frankfurt am Ma<strong>in</strong>, Kl<strong>in</strong>ik für Psychiatrie,<br />
Pulheim)<br />
Das Krankenhausf<strong>in</strong>anzierungsreformgesetz (KHRG) verlangt mit<br />
§ 17d KHG von <strong>der</strong> Selbstverwaltung (GKV, PKV, DKG) die Entwicklung<br />
e<strong>in</strong>es grundsätzlich geme<strong>in</strong>samen, e<strong>in</strong>heitlichen Entgeltsystems<br />
von Tagespauschalen für teil- und vollstationäre Leistungen<br />
<strong>der</strong> psychiatrischen und psychosomatischen E<strong>in</strong>richtungen,<br />
das nach Aufwands-(Kosten-)homogenen Gruppen differenziert<br />
ist. Das System soll von den Behandlungsbereichen <strong>der</strong> Psychiatrie-<br />
Personalverordnung (Psych-PV) ausgehen. Es soll im Jahr 2013<br />
erstmals – unter dem Schutz <strong>der</strong> Budgetneutralität (<strong>in</strong> Form <strong>der</strong><br />
Mehr- und M<strong>in</strong><strong>der</strong>erlösausgleiche) – anzuwenden se<strong>in</strong>. Für die<br />
Zeit nach 2013 bedarf es weiterer Vorgaben des Gesetzgebers. Die<br />
Systementwicklung muss Probleme bewältigen, die sich aus <strong>der</strong><br />
hier erstmals umfassend dargestellten Variablität von Krankenhaushäufigkeit,<br />
Verweildauern, Basis- und Abteilungspflegesätzen,<br />
sowie Indikationsspektren zwischen den Bundeslän<strong>der</strong>n und damit<br />
vermutlich E<strong>in</strong>richtungen ergeben, außerdem mit <strong>der</strong> Variabilität,<br />
die sich aus den hier beleuchteten Unschärfen <strong>der</strong> Operationalisierungen<br />
<strong>der</strong> Psych-PV-Behandlungsbereiche ergeben. Es wird mit<br />
Beispielen vorgeschlagen, den Prozedurenschlüssel (OPS) sparsam<br />
nur um solche Kodes zu ergänzen, die trennscharfe Deskriptoren<br />
von Patientengruppen mit voraussichtlich unterschiedlichem Ressourcenverbrauch<br />
liefern, und auf Komplexleistungskodes, die geneigt<br />
s<strong>in</strong>d, Qualitätsstandards und Abteilungsgrenzen festzuschreiben,<br />
möglichst zu verzichten. Insbeson<strong>der</strong>e müssen Aufwände, die<br />
aus Selbst- o<strong>der</strong> Fremdgefährdung sowie Pflegebedarf resultieren,<br />
trotz datenschutzrechtlicher Wi<strong>der</strong>stände abbildbar werden. Ziel<br />
muss e<strong>in</strong> sich von <strong>der</strong> Psych-PV lösendes Patientenklassifikationssystem<br />
se<strong>in</strong>, das durch leistungsgerechte Entgelte steigende Versorgungsqualität<br />
ermöglicht. Die im Gesetz vorgeschriebene Begleitforschung<br />
sollte auf Patientendaten aufsetzen und unmittelbar<br />
starten, um die Systementwicklung zu steuern und damit die psychisch<br />
Kranken vor Schaden zu bewahren.