Psychische Erkrankungen in der Lebensspanne ... - DGPPN
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Topic 17 G Forensische Psychiatrie // Forensic psychiatry<br />
ihm gewährten Lockerungen aus. Die jährliche Stichtagsuntersuchung<br />
<strong>der</strong> im bundesdeutschen Maßregelvollzug nach § 63 StGB<br />
untergebrachten Patienten als Instrument <strong>der</strong> Qualitätssicherung<br />
weist e<strong>in</strong>deutig regionale Unterschiede <strong>in</strong> Daten <strong>der</strong> Patientenzusammensetzung<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e h<strong>in</strong>sichtlich Delikten und Diagnosen<br />
aber auch <strong>in</strong> Behandlungsverlaufsdaten auf. Im Vortrag werden<br />
diese Unterschiede speziell unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> Vollzugslockerungen<br />
präsentiert und dabei <strong>in</strong>tensiver die Situation <strong>in</strong> Bayern<br />
mit den dort geltenden Vorgaben dargestellt.<br />
Freitag, 27. 11. 2009, 15.30 – 17.00 Uhr, Raum 42<br />
FV-014 Sitzung Freier Vorträge<br />
Forensische Psychiatrie<br />
Vorsitz: E. Habermeyer (Zürich, Schweiz), J. Muysers (Langenfeld)<br />
001<br />
Structured Professional Judgement (SPJ) zur forensischen Risikobeurteilung<br />
– <strong>in</strong>ternationale Trends und abschliessende Resultate<br />
zur Basler Prognosestudie<br />
Marc Graf (UPK, Forensische Abteilung, Basel, Schweiz)<br />
V. Dittmann<br />
E<strong>in</strong>leitung: In <strong>der</strong> forensischen Risikobeurteilung zeichnet sich<br />
e<strong>in</strong>e zunehmende Dichotomisierung ab: Während Meta-Analysen<br />
zunehmend strukturell e<strong>in</strong>fache und auf wenige prognostische<br />
Variablen reduzierte nomothetische Instrumente favorisieren (z. B.<br />
den STATIC-99), propagieren immer mehr Experten das „Structured<br />
Professional Judgement (SPJ)“. Dabei werden an Hand e<strong>in</strong>es<br />
Kriterienkataloges, z. B. des HCR-20, die verschiedenen risikorelavanten<br />
Variablen strukturiert (S) mit <strong>der</strong> notwendigen professionellen<br />
Ausbildung und Erfahrung (P) analysiert und daraus die<br />
Risikoe<strong>in</strong>schätzung (J) abgeleitet. Dieses ist zwar wohl auf nomothetischen<br />
Grundlagen aufgebaut, erlaubt aber im Gegensatz e<strong>in</strong>e<br />
Individualprognose, wie sie auch <strong>in</strong> den publizierten deutschen<br />
M<strong>in</strong>destanfor<strong>der</strong>ungen für Prognosegutachten gefor<strong>der</strong>t werden.<br />
Methode: Die Basler Prognosestudie umfasst 379 mit dem Basler<br />
Kriterienkatalog forensisch-psychiatrisch begutachtete Fälle mit<br />
e<strong>in</strong>er medianen Beobachtungszeit von 13 Jahren und e<strong>in</strong>er „timeat-risk“<br />
von 7.9 Jahren. Neben ausführlichen diagnostischen und<br />
prognostischen Daten wurden auch HCR-20 und PCL-SV berechnet<br />
sowie die resultierenden Gerichtsurteile und Interventionen<br />
erfasst. Die Rückfälligkeit wurde mittels Auszügen aus dem Schweizerischen<br />
Strafregister untersucht.<br />
Diskussion / Ergebnisse: 1. Psychiatrische Diagnosen s<strong>in</strong>d relevante,<br />
unabhängige prognostische Variablen neben den bereits bekannten<br />
wie Vorstrafen, Alter etc. 2. Die Prognosebeurteilung an<br />
Hand des Kriterienkataloges ist <strong>der</strong>jenigen e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong> arithmetischen<br />
Vorgehensweise mit HCR-20 und PLC-SV (Psychopathy<br />
Checklist Screen<strong>in</strong>g Version) bezüglich prädiktiver Validität überlegen.<br />
3. Das Rückfallrisiko kann <strong>in</strong>sgesamt durch die Begutachtung<br />
und die anschliessenden Interventionen im Vergleich zu e<strong>in</strong>er<br />
Kontrollgruppe signifikant gesenkt werden.<br />
002<br />
Typologien von Straßenverkehrsdel<strong>in</strong>quenten<br />
Nadja Händel (UPK Basel, Forensische Psychiatrie, Schweiz)<br />
V. Dittmann, M. Graf<br />
E<strong>in</strong>leitung: Mobilität gilt heute als Garant für Wachstum und Fortschritt.<br />
War <strong>der</strong> Führerausweis früher noch e<strong>in</strong> Privileg, so sche<strong>in</strong>t<br />
er heute e<strong>in</strong> Grundrecht jeden Bürgers darzustellen. Die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an den Fahrzeuglenker im mo<strong>der</strong>nen Strassenverkehr s<strong>in</strong>d<br />
404<br />
beträchtlich, und daher muss heute je<strong>der</strong> Rechenschaft über se<strong>in</strong>e<br />
körperliche und geistige Gesundheit ablegen, bevor <strong>der</strong> Führerausweis<br />
erteilt werden kann. E<strong>in</strong> verkehrsmediz<strong>in</strong>ischer Gutachter<br />
muss beurteilen können, ab wann von e<strong>in</strong>er Person e<strong>in</strong>e erhebliche<br />
Verkehrsgefährdung ausgeht und wie diese festzustellen ist. Zudem<br />
besteht das Problem, dass bei allen zu begutachtenden Personen<br />
möglichst e<strong>in</strong> vergleichbares Vorgehen erfolgen und <strong>der</strong>selbe Bewertungsmassstab<br />
angelegt werden sollte.<br />
Methode: Im Jahre 2005 veröffentlichte die Schweizerische Gesellschaft<br />
für Rechtsmediz<strong>in</strong> das „Handbuch <strong>der</strong> verkehrsmediz<strong>in</strong>ischen<br />
Begutachtung“ (Haag & Dittmann, 2005) mit dem Ziel, die<br />
verkehrsmediz<strong>in</strong>ische Untersuchung zu vere<strong>in</strong>heitlichen. Die forensische<br />
Abteilung <strong>der</strong> Universitären Psychiatrischen Kl<strong>in</strong>iken<br />
Basel arbeitet seit Beg<strong>in</strong>n ihrer verkehrsmediz<strong>in</strong>ischen Tätigkeit<br />
nach den <strong>in</strong> diesem Handbuch veröffentlichten Richtl<strong>in</strong>ien. 800<br />
Gutachten wurden, im Rahmen e<strong>in</strong>es grösseren Projektes, operationalisiert<br />
und bilden die Grundlage für die Präsentation.<br />
Diskussion / Ergebnisse: E<strong>in</strong> Blick auf die Studienpopulation zeigt<br />
e<strong>in</strong>e grosse Heterogenität <strong>der</strong> Personen, die zur Fahreignungsabklärung<br />
überwiesen wurden. Somit stellt die Fahreignung e<strong>in</strong><br />
mehrdimensionales Phänomen dar, das mithilfe e<strong>in</strong>er Faktorenanalyse<br />
strukturentdeckend, auf e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>ere Anzahl von Untersuchungsvariablen<br />
reduziert wurde. Es wurden mit 114 Variablen<br />
<strong>in</strong>sgesamt 14 Faktoren gefunden, denen je nach Inhalt und Erfahrungen<br />
prägnante Kürzel gegeben wurden. So f<strong>in</strong>den sich unter<br />
an<strong>der</strong>em „junge Lenker unter Drogene<strong>in</strong>fluss“, „Wie<strong>der</strong>holungstäter“,<br />
„Schwerstabhängige Fahrzeuglenker“, „schizophrene Fahrzeuglenker“,<br />
„Fahrzeuglenker mit affektiver Störung“ o<strong>der</strong> „Fahrzeuglenker<br />
mit kognitiven Auffälligkeiten“. Die gefundenen<br />
Faktoren wie<strong>der</strong>spiegeln die subjektiven Erfahrungen <strong>der</strong> Gutachter<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> UPK Basel und auch die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur berichteten verschiedenen<br />
Tätergruppen. Diese Ergebnisse und <strong>der</strong>en Implikationen<br />
für Therapie und Prognose werden am Kongress vorgestellt.<br />
003<br />
Maßregelvollzug für Jugendliche<br />
Frank Häßler (Universität Rostock, K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrie)<br />
P. Keiper, D. Schläfke, W. Weissbeck<br />
Der Maßregelvollzug (MRV), <strong>der</strong> unter dem Motto „Maßregeln zur<br />
Besserung und Sicherung“ bei Jugendlichen und jungen Heranwachsenden<br />
(14 – 21 Jahre) antritt, steht im Spannungsfeld von<br />
Mediz<strong>in</strong>, speziell <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrie und Justiz,<br />
d. h. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Spannung von Hilfe (Therapie) und Strafe. Primär gibt<br />
es den Auftrag des Freiheitsentzugs für junge, sich noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
dynamischen Entwicklung bef<strong>in</strong>dende Menschen <strong>in</strong> gesicherten<br />
Kl<strong>in</strong>iken bzw. Abteilungen. Das Maßregelvollzugsgesetz unterscheidet<br />
primär nicht zwischen Jugendlichen und Erwachsenen,<br />
und aus Sicht des Jugendgerichtsgesetzes hat aufgrund e<strong>in</strong>er festgestellten<br />
Schwere <strong>der</strong> Schuld <strong>der</strong> Strafaspekt <strong>in</strong> diesen Entscheidungen<br />
Vorrang vor dem Entwicklungsaspekt. Therapie und <strong>der</strong>en Erfolge<br />
müssen im Realfeld erprobt werden. Das bedeutet Lockerung,<br />
Öffnung und Gewöhnung an Normalverhältnisse. Um dem zweiten,<br />
sekundären Aspekt <strong>der</strong> Sicherung Rechnung zu tragen, bedarf<br />
es nicht nur mediz<strong>in</strong>isch / therapeutischer ethischer Standards,<br />
son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong>es hohen Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong>s und wissenschaftlicher<br />
Evidenz basierter Behandlungs- und Prognosebeurteilungsstandards,<br />
um das immer verbleibende Restrisiko so<br />
niedrig wie möglich zu halten. E<strong>in</strong>e Stichtagserhebung 2007 zeigte<br />
e<strong>in</strong>e Prävalenz von im Maßregelvollzug (nach JGG) untergebrachten<br />
Jugendlichen und Heranwachsenden von 4 – 8 auf 1 Million /<br />
E<strong>in</strong>wohnern (je nach Bundesland mit MRV-E<strong>in</strong>richtung) und von<br />
6 – 12/1 Mill. E<strong>in</strong>w. im Erwachsenenalter. Dabei existieren bis heute<br />
nicht <strong>in</strong> jedem Bundesland Jugendmaßregelvollzugse<strong>in</strong>richtungen.<br />
Anhand zweier MRV-E<strong>in</strong>richtungen für Jugendliche und Heranwachsende<br />
<strong>in</strong> Rostock und Kl<strong>in</strong>genmünster werden die Vor- und