Psychische Erkrankungen in der Lebensspanne ... - DGPPN
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Topic 19 G Versorgungsforschung und Gesundheitspolitik // Health services research and health care policy<br />
rer multizentrischer Studien vorgestellt. Unterschiedliche Methoden<br />
<strong>der</strong> Leitl<strong>in</strong>ienimplementierung <strong>in</strong> psychiatrischen Kl<strong>in</strong>iken<br />
und <strong>der</strong>en Effekte auf Qualitätsoptimierung diskutiert.<br />
Diskussion / Ergebnisse: Es zeigte sich, dass sowohl im stationären,<br />
als auch im ambulanten und komplementären Bereich, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
bei Behandlungselementen mit erheblichem Optimierungsbedarf,<br />
e<strong>in</strong>e systematische Leitl<strong>in</strong>ienimplementierung zu<br />
e<strong>in</strong>er deutlichen Qualitätsoptimierung <strong>der</strong> Behandlung von Patienten<br />
mit schizophrenen Störungen führt.<br />
002<br />
Verzerrung <strong>der</strong> Studienlage für Leitl<strong>in</strong>ien am Beispiel <strong>der</strong> Schizophrenie<br />
Stefan We<strong>in</strong>mann (Charité – Universitätsmediz<strong>in</strong>, Institut für Sozialmediz<strong>in</strong>,<br />
Berl<strong>in</strong>)<br />
E<strong>in</strong>leitung: In den letzten Jahren wurde e<strong>in</strong>e Reihe von Schizophrenie-Leitl<strong>in</strong>ien<br />
entwickelt, die sich <strong>in</strong> ihrer Methodik und ihren<br />
Empfehlungen unterscheiden.<br />
Methode: E<strong>in</strong>ige Probleme <strong>der</strong> publizierten Literatur zur Schizophrenie-Therapie<br />
als Grundlage für Leitl<strong>in</strong>ienempfehlungen werden<br />
dargestellt. Hierfür werden Methodik und Inhalte neuerer<br />
Schizophrenie-Leitl<strong>in</strong>ien verglichen.<br />
Diskussion / Ergebnisse: In <strong>der</strong> psychiatrischen Literatur f<strong>in</strong>det<br />
sich e<strong>in</strong> Übergewicht größerer Studien und Meta-Analysen zugunsten<br />
<strong>der</strong> Psychopharmakotherapie. Dies bildet sich auch <strong>in</strong> den<br />
Leitl<strong>in</strong>ienempfehlungen ab, die <strong>in</strong> den meisten Schizophrenie-Leitl<strong>in</strong>ien<br />
zu mehr als <strong>der</strong> Hälfte bis e<strong>in</strong> Drittel die medikamentöse Behandlung<br />
betreffen. Entgegen e<strong>in</strong>iger Konvergenzen <strong>in</strong> den medikamentösen<br />
Empfehlungen, die allerd<strong>in</strong>gs (z. B. h<strong>in</strong>sichtlich Dauer<br />
und Dosis <strong>der</strong> antipsychotischen Medikation) nur unzureichend<br />
durch Studien gestützt s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d die Unterschiede <strong>in</strong> den Empfehlungen<br />
zur psychosozialen Therapie zwischen den Leitl<strong>in</strong>ien groß.<br />
Der Focus auf Meta-Analysen, großen RCTs und Evidenz-Klassen<br />
führt zu e<strong>in</strong>er Dom<strong>in</strong>anz medikamentöser Empfehlungen <strong>in</strong> Schizophrenie-Leitl<strong>in</strong>ien<br />
und Vernachlässigung von Bereichen, für die<br />
e<strong>in</strong>e Standardisierung schwierig ist o<strong>der</strong> aufgrund fehlen<strong>der</strong> Studienf<strong>in</strong>anzierung<br />
ke<strong>in</strong>e hohe Evidenz vorliegt, die aber gleichwohl<br />
kl<strong>in</strong>isch relevant s<strong>in</strong>d. Empfehlungsgrade für Leitl<strong>in</strong>ien sollten<br />
nicht nur auf Evidenzklassen beruhen.<br />
003<br />
„Jump<strong>in</strong>g to conclusions“: Logische Fallen auf dem Weg von <strong>der</strong><br />
Evidenz zur Behandlungsempfehlung<br />
Tilman Ste<strong>in</strong>ert (ZfP Südwürttemberg, Universität Ulm, Ravensburg-<br />
Weissenau)<br />
E<strong>in</strong>leitung: Behandlungsleitl<strong>in</strong>ien haben e<strong>in</strong>en hohen Stellenwert<br />
und gelten als Kondensat gesammelter wissenschaftlicher Erkenntnis.<br />
Wesentliche Schwächen lassen sich aber häufig bei dem Schritt<br />
von den Ergebnissen (Metaanalysen) zu den Schlussfolgerungen<br />
(Behandlungsempfehlungen) identifizieren.<br />
Methode: Der Autor war fe<strong>der</strong>führend mit <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong><br />
<strong>DGPPN</strong>-Leitl<strong>in</strong>ie „Umgang mit aggressivem Verhalten“ befasst.<br />
Auf Grund <strong>der</strong> eigenen Erfahrungen wird die gängige Methodik<br />
<strong>der</strong> Ableitung von Behandlungsempfehlungen aus wissenschaftlichen<br />
Studien problematisiert.<br />
Diskussion / Ergebnisse: Folgende Fehlerquellen wurden als bedeutsam<br />
identifiziert: 1. Evidenzgrade beziehen sich auf die Studienqualität,<br />
nicht auf die Effektstärken; 2. die Frage <strong>der</strong> externen<br />
Validität von Studien wird nicht systematisch berücksichtigt;<br />
3. fehlende Evidenz rechtfertigt nicht die Annahme e<strong>in</strong>er fehlenden<br />
Wirkung; 4. <strong>der</strong> ethische Kontext vieler Fragestellungen wird <strong>in</strong><br />
randomisierten kontrollierten Studien unzureichend abgebildet;<br />
5. für wichtige Konsensusergebnisse mit Patienten und Angehörigen<br />
ergeben sich <strong>in</strong>adäquat niedrige Empfehlungsgrade.<br />
436<br />
004<br />
Nebenwirkungen von Leitl<strong>in</strong>ien<br />
Michael L<strong>in</strong>den (Charité und Rehazentrum Seehof, FPR, Teltow)<br />
E<strong>in</strong>leitung: Im Gegensatz zu fachüblichen Reviewartikeln o<strong>der</strong><br />
Lehrbüchern wollen Leitl<strong>in</strong>ien nicht nur Therapeuten besser <strong>in</strong>formieren<br />
son<strong>der</strong>n zugleich Verfahrensvorschriften machen, die zudem<br />
noch mit offizieller Untersützung vorgegeben werden. Leitl<strong>in</strong>ien<br />
s<strong>in</strong>d daher als Interventions<strong>in</strong>strumente anzusehen. Damit<br />
stellt die die Frage nach dem empirischen Beleg für die erhoffte<br />
positive Wirksamkeit von Leitl<strong>in</strong>ien. Sie können zu besseren Behandlungsergebnissen<br />
o<strong>der</strong> zu e<strong>in</strong>er Verschlechterung <strong>der</strong> Therapie<br />
führen. Dies kann untersucht werden durch <strong>in</strong>terventive<br />
Anwen dungsbeobachtungen, die leitl<strong>in</strong>enexponierte mit leitl<strong>in</strong>iennaiven<br />
Ärzten vergleichen.<br />
Methode: Es wurde e<strong>in</strong> Literaturreview zu kontrollierten <strong>in</strong>terventiven<br />
Anwendungsbeobachtungen bei Depression, Diabetes Mellitus<br />
und Hypertonie durchgeführt. Es wurden zwei <strong>in</strong>terventive<br />
Anwendungbeobachtungen bzgl. <strong>der</strong> Pharmakotherapie von depressiven<br />
Störungen durchgeführt. Es wurden kl<strong>in</strong>ische Beobachtungen<br />
gesammelt.<br />
Diskussion / Ergebnisse: Der Literaturreview erbrachte 2 Studien<br />
für Hypertension, 3 für Diabetes und 9 für Depression. In 2 Studien<br />
wurde e<strong>in</strong>e Besserung im Behandlungsergebnis, <strong>in</strong> 1 e<strong>in</strong>e Verschlechterung<br />
und <strong>in</strong> 11 ke<strong>in</strong> Unterschied berichtet. In den <strong>in</strong>terventiven<br />
AWBs zeigte sich, dass Empfehlungen zur Optimierung<br />
e<strong>in</strong>er Antidepressivadosis zu e<strong>in</strong>er Dosiserhöhung bei leichten Depressionen<br />
und letztlich zu e<strong>in</strong>em schlechteren Therapieergebnis<br />
führten. E<strong>in</strong>e Empfehlung zu e<strong>in</strong>er stärker psychotherapuetisch<br />
orientierten Patientenführung resultierte <strong>in</strong> Belastungen im Arzt-<br />
Patienten-Verhältnis. Die kl<strong>in</strong>ische Beobachtung ergibt e<strong>in</strong>e Reihe<br />
von H<strong>in</strong>weisen, dass Leitl<strong>in</strong>ienvorgaben dazu führen, dass vorliegende<br />
kl<strong>in</strong>ische Probleme zu e<strong>in</strong>fach gesehen werden, die Leitl<strong>in</strong>ie<br />
auf die falaschen Patienten angewendet werden o<strong>der</strong> s<strong>in</strong>guläre<br />
Therapieziele verabsolutiert werden.<br />
Freitag, 27. 11. 2009, 08.30 – 10.00 Uhr, Salon 11/12<br />
S-106 Symposium<br />
Perspektiven Psychiatrie-Erfahrener <strong>in</strong> Forschung und Weiterbildung<br />
– Chance für Empowerment und Entstigmatisierung?<br />
Vorsitz: A. Deister (Itzehoe), R. Fricke (Herford)<br />
001<br />
Stigmabewältigung – e<strong>in</strong>e empirische Untersuchung zur Effektivität<br />
verschiedener Cop<strong>in</strong>gstrategien<br />
Marie Marekwica (Universität Bielefeld)<br />
H.-O. Röttgers, P. W. Corrigan, J. Re<strong>in</strong>ecke<br />
E<strong>in</strong>leitung: Die bisherige Forschung zur Bewältigung des Stigmas<br />
psychischer Krankheit hat sich meistens auf die Strategien Geheimhaltung,<br />
sozialer Rückzug o<strong>der</strong> den Versuch <strong>der</strong> privaten Aufklärung<br />
beschränkt. Alle diese Strategien erwiesen sich dabei jedoch<br />
als wenig geeignet, die negativen Folgen von Stigmatisierung abzuwenden.<br />
Im Rahmen e<strong>in</strong>er qualitativen Untersuchung wurden geme<strong>in</strong>sam<br />
mit (ehemals) psychisch kranken Menschen weitere<br />
Cop<strong>in</strong>gstrategien für das Stigma psychischer Krankheit herausgearbeitet:<br />
• Geheimhaltung als den Versuch die Krankheit im Umfeld<br />
nicht bekanntwerden zu lassen • Selektive Öffnung gegenüber<br />
ausgewählten Menschen, denen man vertraut • Überkompensation<br />
als Versuch existierende Stereotype zu wi<strong>der</strong>legen • Zeitliche Abwärtsvergleiche<br />
<strong>der</strong> Situation von psychisch kranken Menschen<br />
heute und vor e<strong>in</strong>igen Jahrzehnten • Normalisierung <strong>der</strong> psychi-