Psychische Erkrankungen in der Lebensspanne ... - DGPPN
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Topic 6 G Essstörungen, Schlafstörungen und an<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Kategorie F5 // Eat<strong>in</strong>g disor<strong>der</strong>s, sleep disor<strong>der</strong>s and others of category F5<br />
Methode: Die prospektive Essen-Bochum-Obesity Treatment<br />
Study (EBOTS) untersucht den Langzeitverlauf von 128 adipösen<br />
Menschen (BMI: 51 kg / m 2 ) über die Zeitdauer von 9 Jahren u. a.<br />
im H<strong>in</strong>blick auf depressive Symptome (HADS)und Lebensqualität<br />
(SF-36). Die 4-Jahreskatamnese erbrachte e<strong>in</strong>e durchschnittliche<br />
Gewichtsreduktion von 34,5 kg, e<strong>in</strong>e signifikante Besserung <strong>der</strong> depressiven<br />
Symptomatik und <strong>der</strong> Lebensqualität.<br />
Diskussion / Ergebnisse: Durch die erhebliche und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />
persistierende Gewichtsreduktion nach Adipositaschirurgie zeigen<br />
sich die depressiven Symptome auch bei Patienten mit e<strong>in</strong>er kl<strong>in</strong>isch<br />
relevanten depressiven Symptomatik rückläufig, was darauf<br />
schliessen lässt, dass depressive Symptome eher Folge als Ursache<br />
<strong>der</strong> Adipositas s<strong>in</strong>d.<br />
Donnerstag, 26. 11. 2009, 15.30 – 17.00 Uhr, Saal Istanbul<br />
S-054 Symposium<br />
Therapie anorektischer und bulimischer Essstörungen<br />
(Referat Verhaltensmediz<strong>in</strong> und Konsiliarpsychiatrie und DGESS e.V.)<br />
Vorsitz: M. Fichter (Prien Am Chiemsee), W. Herzog (Heidelberg)<br />
001<br />
Therapie und Verlauf von Magersucht<br />
Wolfgang Herzog (Universitätskl<strong>in</strong>ik Heidelberg, Psychosomatik und<br />
Allgeme<strong>in</strong>e Kl<strong>in</strong>ische Mediz<strong>in</strong>)<br />
E<strong>in</strong>leitung: Die Anorexia nervosa gehört auch heute noch zu den<br />
gefährlichsten und folgenreichsten <strong>Erkrankungen</strong> von Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen. (s. Zipfel S, Löwe B, Reas DL, Deter<br />
H-C, Herzog W (2000) Long-term prognosis <strong>in</strong> anorexia nervosa:<br />
Lessons from a 21-year follow-up study. The Lancet 355:721-722)<br />
Methode: Vor dem H<strong>in</strong>tergrund von Langzeitverlaufsuntersuchungen<br />
magersüchtiger Patient<strong>in</strong>nen über 2 Jahrzehnte werden zunächst<br />
Befunde zur Mortalität, somatischen und psychischen Komorbidität<br />
berichtet.<br />
Diskussion / Ergebnisse: Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund werden aktuelle<br />
Therapieempfehlungen gegeben. Weiterh<strong>in</strong> werden neuere ambulante<br />
Psychotherapieansätze dargestellt, wie sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> ANTOP-<br />
Studie (Leitung: S. Zipfel und W. Herzog) im Rahmen <strong>der</strong> aktuellen<br />
BMBF-Psychotherapieverbünde zur Anwendung kommen. (Wild<br />
B et al. 2009 The ANTOP study: focal psychodynamic psychotherapy,<br />
cognitive-behavioural therapy, and treatment-as-usual <strong>in</strong> outpatients<br />
with anorexia nervosa-a randomized controlled trial.<br />
Trials. 2009 Apr 23;10:23)<br />
002<br />
Die schwierige Patient<strong>in</strong>: Bulimie-Bor<strong>der</strong>l<strong>in</strong>e-Persönlichkeitsstörung<br />
mit selbstverletzendem Verhalten<br />
Manfred Fichter (Kl<strong>in</strong>ik Roseneck, Prien Am Chiemsee)<br />
Anorektische und bulimische Essstörungen haben über die letzten<br />
Jahrzehnte beson<strong>der</strong>s bei jugendlichen Mädchen und jungen Frauen,<br />
<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gerem Maße bei jungen Männern, e<strong>in</strong>e relativ weite<br />
Verbreitung erfahren. Die Punktprävalenz für Magersucht liegt bei<br />
0.4 %, für Bulimia nervosa bei 1.6 % und für die B<strong>in</strong>ge-Eat<strong>in</strong>g-<br />
Störung bei über 2.0 %. Selbstverletzendes Verhalten (SVV) tritt<br />
hierbei verstärkt auf. Die häufigsten SVV s<strong>in</strong>d 1.) Schneiden,<br />
Stechen, Kratzen (4. %), 2.) gefährliche Medikamentene<strong>in</strong>nahme<br />
(2.8 %), 3.) Schlagen (1.2 %) und 4.) Anbrennen, z B. mit Zigarette<br />
(0.7 % <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bevölkerung) (Young et al., 2007). Gründe für SVV<br />
s<strong>in</strong>d (Rangfolge): Wut abzubauen (52.0 %), um etwas vergessen zu<br />
können (37 %), Angst abzubauen (27.0 %), sich selbst umzubr<strong>in</strong>gen<br />
(21.0 %), sich selbst zu bestrafen (12.0 %), Aufmerksamkeit zu er-<br />
184<br />
heischen (10.0 %), um an<strong>der</strong>e zu ärgern (4.0 %). SVV kann massiv<br />
und ergreifend se<strong>in</strong> o<strong>der</strong> perfide selbstzerstörerisch. E<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong><br />
Patient<strong>in</strong>nen mit SVV weisen e<strong>in</strong>e Bor<strong>der</strong>l<strong>in</strong>e-Persönlichkeitsstörung<br />
(BPS) auf. Essgestörte mit SVV bzw. BPS s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Therapie. Zanar<strong>in</strong>i et al. (2007) untersuchten den<br />
Langzeitverlauf von Patienten und Patient<strong>in</strong>nen mit BPS über e<strong>in</strong>en<br />
10-Jahres-Zeitraum. Akutes SVV und an<strong>der</strong>e Symptome, manipulative<br />
Suizidversuche, angestaute Wut sowie Intoleranz gegenüber<br />
Alle<strong>in</strong>se<strong>in</strong> nahmen über die Jahre kont<strong>in</strong>uierlich und deutlich<br />
ab. In e<strong>in</strong>er eigenen wissenschaftlichen Untersuchung verglichen<br />
wir 200 essgestörte Patient<strong>in</strong>nen mit bzw. ohne SVV. Patient<strong>in</strong>nen<br />
mit SVV zeigten höhere Werte für Impulsivität, Aggressivität und<br />
Suizidalität. In molekulargenetischen Untersuchungen fand sich<br />
für Essgestörte mit o<strong>der</strong> ohne SVV im Vergleich zu gesunden Kontrollen<br />
e<strong>in</strong>e Assoziation des Polymorphismus <strong>der</strong> Mono-Am<strong>in</strong>o-<br />
Oxidase A. Als Arzt o<strong>der</strong> Therapeut ist man sehr schnell emotional<br />
gefor<strong>der</strong>t, wenn Essgestörte sich mutwillig selbst verletzen. Schwierige<br />
Situationen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Therapie sowie Lösungsansätze dazu werden<br />
referiert und diskutiert.<br />
003<br />
Therapie anorektischer und bulimischer Essstörungen<br />
Stephan Herpertz (Ruhr-Universität Bochum, LWL-Kl<strong>in</strong>ik Bochum<br />
Psychosomatische Mediz<strong>in</strong>, Dortmund)<br />
E<strong>in</strong>leitung: In den letzten vier Jahren wurden evidenzbasierte Leitl<strong>in</strong>ien<br />
(S3) für die Diagnostik und Therapie <strong>der</strong> Essstörungen <strong>in</strong><br />
Deutschland entwickelt, u. a. mit dem Ziel Behandlungsalgorithmen<br />
auf <strong>der</strong> Basis von Meta-Analysen von Studien zur Behandlung<br />
<strong>der</strong> Anorexia nervosa (AN) und Bulimia nervosa (BN) zu erstellen.<br />
Methode: E<strong>in</strong>e Metaanalyse von Therapiestudien zur BN wurde<br />
durchgeführt. Wegen <strong>der</strong> unzureichenden Studienlage konnte im<br />
H<strong>in</strong>blick auf die AN nur e<strong>in</strong> systematisches Review erstellt werden.<br />
Das systematische Review zur AN basiert auf 22 randomisierten,<br />
kontrollierten Studien (RCTs). Im H<strong>in</strong>blick auf die BN wurde e<strong>in</strong>e<br />
Meta-Analyse von <strong>in</strong>sgesamt 70 RCTs gerechnet.<br />
Diskussion / Ergebnisse: AN: Es besteht e<strong>in</strong>e begrenzte Evidenz,<br />
dass e<strong>in</strong>e störungsorientierte e<strong>in</strong>er nicht störungsorientierten<br />
Behandlung überlegen ist. Ke<strong>in</strong>e Evidenz besteht für die Überlegenheit<br />
e<strong>in</strong>es Behandlungsverfahrens gegenüber e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en.<br />
Therapiestudien von störungsorientierten ambulanten Behandlungsverfahren<br />
zeigen nur ger<strong>in</strong>ge Effekte. Ebenso ger<strong>in</strong>g s<strong>in</strong>d die<br />
Effekte <strong>der</strong> Ernährungsberatung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Psychopharmakologie,<br />
so dass sie als Behandlungsstrategien nicht empfohlen werden<br />
können. Die Psychotherapie <strong>der</strong> BN ist hochwirksam. Zentrale<br />
Outcome-Kriterien <strong>der</strong> BN können deutlich gebessert werden, z. B.<br />
Reduktion <strong>der</strong> Häufigkeit von Kontrollverlusten bei <strong>der</strong> Nahrungsaufnahme<br />
(B<strong>in</strong>ge-Episoden) um 70 % und Erbrechen um 67 %.<br />
Zum Therapieende s<strong>in</strong>d 45 % bzw. 39 % <strong>der</strong> Patienten symptomfrei<br />
im H<strong>in</strong>blick auf die B<strong>in</strong>ge-Episoden bzw. das Erbrechen. Bezogen<br />
auf depressive Symptome bei Patienten mit BN ist die Psychotherapie<br />
<strong>der</strong> Pharmakologie und Selbsthilfegruppenstrategien überlegen.<br />
Mittel <strong>der</strong> Wahl bei <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> BN ist die kognitive<br />
Verhaltenstherapie. Auch bei an<strong>der</strong>en Therapieverfahren wie <strong>der</strong><br />
Interpersonellen Psychotherapie o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Psychodynamischen<br />
Psychotherapie s<strong>in</strong>d Behandlungseffekte zu beobachten, allerd<strong>in</strong>gs<br />
ist die Studienlage zu ger<strong>in</strong>g, um sie abschliessend beurteilen zu<br />
können.