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Bericht - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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D Beratungszugang nach Gewalt – Eine repräsentative Bevölkerungsbefragung<br />

zur Bedarfseinschätzung <strong>und</strong> Nutzung von Beratung<br />

Nachdem bislang <strong>für</strong> die Diskussion des Versorgungsbedarfs Daten aus dem Versorgungssystem <strong>und</strong><br />

aus den Polizeistatistiken herangezogen wurden, soll nun der Bedarf an Beratung, Unterstützung <strong>und</strong><br />

sonstigen Hilfen aus der Perspektive der Adressatinnen <strong>und</strong> potenziellen Nutzerinnen, der weiblichen<br />

Bevölkerung, erhoben werden. Ziel der Befragung war es, zu repräsentativen Aussagen zur beratungsrelevanten<br />

Gewaltbetroffenheit, zum Beratungszugang <strong>und</strong> zu Barrieren auf dem Weg zu Beratung<br />

(Unkenntnis von Hilfen bzw. Suchstrategien, Scham) zu gelangen. Die Auswertung nach Sozialdaten<br />

soll ermöglichen, relevante Problemgruppen mit Gewalterfahrungen, aber unzureichendem<br />

Zugang zu Beratung identifizieren zu können.<br />

Einleitung<br />

Der Prävalenzstudie zufolge (Schröttle/Müller 2004) haben 80% der <strong>Frauen</strong>, die seit dem 16. Lebensjahr<br />

strafrechtlich relevante Formen von sexueller Gewalt erlebt hatten, noch nie psychosoziale Beratung<br />

in diesem Zusammenhang gesucht. Bezogen auf körperliche oder sexuelle Übergriffe in Paarbeziehungen<br />

betrug der Anteil 83%. Überwiegend lag der Gr<strong>und</strong> darin, dass die Gewalt als geringfügig<br />

eingestuft wurde, auch wenn die Angaben zur Gewalt an anderer Stelle im Fragebogen eine davon<br />

abweichende Einschätzung nahe legten. 61% derjenigen, die körperlicher oder sexueller Gewalt innerhalb<br />

oder außerhalb von Paarbeziehungen ausgesetzt gewesen waren, sahen sich nicht als Opfer<br />

einer Gewaltsituation <strong>und</strong>/oder als institutioneller Hilfe bedürftig. 27% gaben an, keine Hilfe in Anspruch<br />

genommen zu haben, obwohl es notwendig gewesen sei – <strong>und</strong> darunter sah etwa ein Drittel<br />

die erfahrene Gewalt als zu geringfügig an –, <strong>und</strong> 11% hatten Unterstützung gesucht (GiG-Net 2008:<br />

118). Dies zeigt, dass Versuche, Gewalterfahrung ohne professionelle Hilfe zu bewältigen, bei vielen<br />

an erster Stelle kommen. Weisen die 27%, die die Notwendigkeit von Hilfe bejahen aber keine Hilfe<br />

in Anspruch nahmen, auf eine unzureichende Zugänglichkeit von Hilfen hin, liegen bei den 61%, die<br />

sich nicht als Gewaltopfer identifizierten, Deutungen oder Umdeutungen vor, die Hilfen subjektiv<br />

irrelevant erscheinen lassen. Ein generelles Problem ist, dass auch nach der Erfahrung von ähnlicher<br />

Gewalt der subjektive Unterstützungsbedarf sehr unterschiedlich wahrgenommen wird <strong>und</strong> die Hilfesuche<br />

mit Bewältigungsstrategien (z.B. Wunsch nach Vergessen) verknüpft sein kann. Daten zu Polizeieinsätzen<br />

<strong>und</strong> Anzeigen (Hellfeld) oder die Angaben aus der repräsentativen Prävalenzstudie<br />

(Dunkelfeld; Schröttle/Müller 2004) als Indikatoren eines „objektiven“ Hilfebedarfs reichen daher<br />

allein nicht aus, um den Beratungsbedarf zu bestimmen. Ein weiteres Problem <strong>für</strong> eine Bedarfsschätzung<br />

ergibt sich daraus, dass die Bewältigung von Gewalterfahrungen in Phasen verläuft <strong>und</strong> z.B. im<br />

Zusammenhang mit einer Retraumatisierung oder aufgr<strong>und</strong> einer ersten Phase von Verdrängung<br />

möglicherweise erst in einem größeren zeitlichen Abstand Unterstützung notwendig wird <strong>und</strong> gesucht<br />

wird bzw. gesucht werden kann.<br />

Die Prävalenzstudie zeigt weiterhin vermeidbare Hürden der Hilfesuche auf. Diese bestehen in Scham<br />

(25% der Betroffenen, die keine Hilfe gesucht hatten), Furcht vor mangelnder Anonymität (10%),<br />

Angst vor Rache <strong>und</strong>/oder negativen Folgen (14%) oder dass ihnen nicht geglaubt würde (12%) sowie<br />

Unkenntnis von Hilfeeinrichtungen (22%) (GiG-Net 2008: 120ff). Allerdings fehlen Angaben dazu, ob<br />

im Bedarfsfall Informationen zu möglichen Versorgungsangeboten erhältlich sind (Suchstrategien).<br />

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