17.10.2013 Aufrufe

Bericht - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Bericht - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Bericht - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

2. Geteilte Zuständigkeiten bei der Realisierung der Staatsaufgabe „Schutz vor<br />

Gewalt“, insb. zur kommunalen Daseinsvorsorge<br />

Schutz vor häuslicher Gewalt <strong>und</strong> Hilfe bei der Bewältigung der Folgen ist damit zwar im vorstehenden<br />

Sinne ein Verfassungsauftrag, der häufig so umschrieben wird, es handele sich um eine „Pflichtaufgabe<br />

im Rahmen der Daseins<strong>für</strong>sorge“ 420 oder um eine „Gemeinschaftsaufgabe“ 421 im Sinne einer<br />

Aufgabe, die das Gemeinwesen bzw. die „Gemeinschaft“ treffe. 422 Allerdings dürfen diese Umschreibungen<br />

des Verfassungsauftrags nicht so verstanden werden, als würde er automatisch dazu führen,<br />

dass alle Ebenen der im B<strong>und</strong>esstaat gestuften Staatlichkeit (B<strong>und</strong> sowie Länder einschließlich der<br />

Kommunen) 423 in gleicher Weise in die Pflicht genommen würden. Vielmehr ist zu unterscheiden:<br />

Die auch in den Gr<strong>und</strong>rechten f<strong>und</strong>ierte Staatsaufgabe, Schutz <strong>und</strong> Hilfe bei häuslicher Gewalt zu<br />

gewähren, trifft die gesamte staatliche Gewalt, allerdings nur im Rahmen der jeweiligen gesetzlich<br />

ausgeformten <strong>und</strong> administrativ geteilten Zuständigkeiten. Insbesondere mit Blick auf die Kommunen<br />

wird moniert: „So ist z.B. die <strong>Frauen</strong>hausfinanzierung auch nach 30 Jahren <strong>Frauen</strong>hausarbeit<br />

immer noch eine freiwillige Leistung <strong>und</strong> damit von den finanziellen Gegebenheiten in den einzelnen<br />

Kommunen abhängig.“ 424 Wer gegen diese Lage argumentiert, indem er oder sie von einer „Pflichtaufgabe“<br />

spricht, meint damit offenbar, dass die Kommunen (einschließlich der Landkreise) verpflichtet<br />

seien, <strong>Frauen</strong>häuser einzurichten <strong>und</strong> andere Unterstützungsangebote vorzuhalten. Richtig ist<br />

ohne Zweifel, dass die Sorge <strong>für</strong> die gewaltbetroffenen <strong>Frauen</strong> vor Ort die „örtliche Gemeinschaft“<br />

(Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) betrifft. 425 Insoweit lässt sich der Bereich „Hilfe <strong>und</strong> Unterstützung von gewaltbetroffenen<br />

<strong>Frauen</strong>“ zur kommunalen Daseinsvorsorge rechnen. Mit welcher Intensität sich die<br />

Kommunen diesem Aspekt ihrer Zuständigkeit <strong>für</strong> die Fragen der örtlichen Gemeinschaft zuwenden,<br />

ist damit aber noch nicht entschieden.<br />

Ob sich die Kommunen einer solchen Aufgabe (als freiwillige Aufgabe) annehmen dürfen oder (als<br />

pflichtige Aufgabe) annehmen müssen, hängt wesentlich von den Festlegungen ab, die das Kommunalrecht<br />

oder andere Landesgesetze treffen. Solange nicht auf diese Weise eine Pflichtaufgabe defi-<br />

420 Landesarbeitsgemeinschaft der <strong>Frauen</strong>schutzhäuser Sachsen (LAG), Gr<strong>und</strong>satzpapier zur Finanzierung<br />

der Arbeit der <strong>Frauen</strong>schutzeinrichtungen sowie der Interventionsstellenarbeit in Sachsen, S. 4,<br />

http://www.gewaltfreies-zuhause.de/fileadmin/Images/Gr<strong>und</strong>satzpapier%20Stand%2014.07.2006.pdf (abgerufen<br />

am 30.1.2012).<br />

421 Landesarbeitsgemeinschaft der <strong>Frauen</strong>schutzhäuser Sachsen (LAG), Gr<strong>und</strong>satzpapier zur Finanzierung der<br />

Arbeit der <strong>Frauen</strong>schutzeinrichtungen sowie der Interventionsstellenarbeit in Sachsen, S. 1,<br />

http://www.gewaltfreies-zuhause.de/fileadmin/Images/Gr<strong>und</strong>satzpapier%20Stand%2014.07.2006.pdf (abgerufen<br />

am 30.1.2012).<br />

422 Offensichtlich nicht gemeint sind die im Gr<strong>und</strong>gesetz ausdrücklich so genannten „Gemeinschaftsaufgaben“<br />

des Art. 91 GG: „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ <strong>und</strong> „Verbesserung der Agrarstruktur<br />

<strong>und</strong> des Küstenschutzes“.<br />

423 Das Gr<strong>und</strong>gesetz unterscheidet zwei staatliche Ebenen (insofern sind die Kommunen Teil des jeweiligen<br />

Landes) sowie drei bzw. vier Verwaltungsebenen, weil es neben dem B<strong>und</strong> <strong>und</strong> den Ländern die Gemeinden<br />

<strong>und</strong> Gemeindeverbände als Verwaltungsebenen vorsieht, dazu statt aller Hellermann, in: von Mangoldt/Klein/Starck<br />

(Hrsg.), Kommentar zum Gr<strong>und</strong>gesetz, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 104a Rn. 57.<br />

424 Freie Wohlfahrtspflege NRW, Sozialpolitische Wahlaussagen <strong>und</strong> der Haushaltsplanentwurf 2011, S. 16,<br />

http://www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de/cms/media//pdf/Stellungnahme_zum_Haushaltsentwurf_2011.pdf<br />

(abgerufen am 30.1.2012).<br />

425 Im Überblick zur Verfassungsgarantie der kommunalen Selbstverwaltung Püttner, Kommunale Selbstverwaltung,<br />

in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV. 2. Aufl. 1999, § 107.<br />

298

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!