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Bericht - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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lich <strong>und</strong> örtlich zuständigen Träger das Geld zurückfordert. Denkbar wäre eine Erstzuständigkeit der<br />

Sozialhilfeträger <strong>für</strong> Ausländerinnen, die sodann mit einer Erstattungspflicht des eigentlich sachlich<br />

<strong>und</strong>/oder örtlich zuständigen Trägers kombiniert werden müsste.<br />

Das geltende Recht, wird es wortgetreu ausgelegt, ermöglicht diese Vorgehensweise nicht, wobei<br />

nicht auszuschließen ist, dass die Praxis in Einzelfällen im Ergebnis schon jetzt zu solchen Lösungen<br />

kommt. 120 Der Gr<strong>und</strong>gedanke einer vorrangigen Erstzuständigkeit <strong>und</strong> der Erstattungspflicht ist dem<br />

geltenden Recht nicht unbekannt (vgl. § 43 SGB I [vorläufige Leistungen] <strong>und</strong> §§ 102 ff. SGB X [Erstattungsansprüche<br />

der Leistungsträger untereinander]). Dieses Gr<strong>und</strong>modell müsste, etwa im SGB XII,<br />

ausdrücklich auf die Unterbringung <strong>und</strong> Betreuung in <strong>Frauen</strong>häusern bezogen werden. Außerdem<br />

müsste es ausdrücklich auf das AsylbLG erstreckt werden (etwa durch eine Änderung der §§ 9 Abs. 3,<br />

10a, 10b AsylbLG). Da das AsylbLG nicht als besonderer Teil des Sozialgesetzbuchs gilt (vgl. § 68 SGB<br />

I), sind insbesondere Vorschriften des SGB I <strong>und</strong> SGB X im Bereich des AsylbLG nur anwendbar, soweit<br />

dies explizit angeordnet wird. 121<br />

Ob allein durch Landesgesetz (etwa in den Landesausführungsgesetzen zum AsylbLG) ein Hilfeanspruch<br />

auch <strong>für</strong> nach § 1 Abs. 1 AsylbLG leistungsberechtigte Ausländerinnen eingeführt werden<br />

dürfte, erscheint mit Blick auf § 9 Abs. 1 AsylbLG zweifelhaft. Nach dieser Vorschrift erhalten Leistungsberechtigte<br />

nach dem AsylbLG „keine Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch<br />

oder vergleichbaren Landesgesetzen“. Weil das Landesgesetz einen sozialhilfeähnlichen Charakter<br />

hätte, 122 würden durch das Landesgesetz begründete Hilfeanspruchsnormen gegen § 9 Abs. 1<br />

AsylbLG verstoßen. 123 Allerdings könnte § 9 Abs. 1 AsylbLG so geändert werden, dass Leistungen zur<br />

Überwindung der Folgen häuslicher Gewalt insbesondere durch Unterbringung <strong>und</strong> Betreuung in<br />

<strong>Frauen</strong>häusern, die die B<strong>und</strong>esländer vorsehen, nicht ausgeschlossen sind. 124<br />

120 Generell gilt die allgemeine Einsicht der Verwaltungswissenschaft, dass Verwaltungsbehörden im Interesse<br />

einer gelingenden Kooperation mit anderen Behörden <strong>und</strong>/oder aus fiskalischen Gründen in der Lage sind,<br />

Grauzonen des möglicherweise Ungeregelten kreativ zu nutzen. Was der Rechtssoziologe Niklas Luhmann drastisch<br />

als „brauchbare Illegalität“ (Funktionen <strong>und</strong> Folgen formaler Organisation, 1. Aufl. 1964, S. 304) bezeichnet,<br />

lässt sich auch als pragmatischer Umgang mit den Unschärfen der Gesetzesbindung der Verwaltung<br />

(Art. 20 Abs. 3 GG) deuten, die ihren Gr<strong>und</strong> in der sprachlichen Vagheit der Gesetzestexte haben.<br />

121 S. derzeit etwa § 7 Abs. 4, § 7b oder § 9 Abs. 3 AsylbLG.<br />

122 Das AsylbLG wird dem materiellen Sozialhilferecht zugeordnet, Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf (Hrsg.),<br />

SGB XII (Sozialhilfe) mit Asylbewerberleistungsgesetz, 3. Aufl. 2010, Einleitung zum AsylbLG, Rn. 5. Ein Landesausführungsgesetz,<br />

das das AsylbLG konkretisiert, wird in aller Regel ebenfalls einen materiellsozialhilferechtlichen<br />

Charakter haben.<br />

123 Vgl. Art. 31 GG. Entscheidend ist eine sog. Kollisionslage, der Normenkonflikt: Die höherrangige b<strong>und</strong>esrechtliche<br />

Norm regelt denselben Gegenstand wie die landesrechtliche Norm, allerdings mit abweichenden<br />

Rechtsfolgen, was hier der Fall wäre, allg. hierzu z.B. März, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Kommentar<br />

zum Gr<strong>und</strong>gesetz, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 31 Rn. 40 ff.<br />

124 Generell ist zu bedenken, dass § 6 Abs. 1 AsylbLG schon jetzt einen Anspruch auf „sonstige Leistungen“<br />

gewährt, der im Hinblick auf die besondere Situation gewaltbetroffener <strong>Frauen</strong> konkretisiert <strong>und</strong> ausgebaut<br />

werden könnte. § 6 Abs. 1 AsylbLG lautet bislang: „Sonstige Leistungen können insbesondere gewährt werden,<br />

wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Ges<strong>und</strong>heit unerläßlich, zur Deckung besonderer<br />

Bedürfnisse von Kindern geboten oder zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht<br />

erforderlich sind. Die Leistungen sind als Sachleistungen, bei Vorliegen besonderer Umstände als Geldleistung<br />

zu gewähren.“<br />

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