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Bericht - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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den. 135 Dieser Programmsatz wäre <strong>für</strong> alle Bereiche des jeweiligen Sozialleistungsgesetzes auslegungsleitend;<br />

er sollte auch im AsylbLG genannt werden.<br />

Zusätzlich könnten die Vorschriften, die den Abschluss von Vereinbarungen mit Anbietern sozialer<br />

Dienstleistungen regeln (§ 17 SGB II, § 75 SGB XII), um Regelungen des Inhalts ergänzt werden, dass<br />

die Belange von Menschen mit (psychischen) Behinderungen oder chronischen Krankheiten zu berücksichtigen<br />

sind.<br />

Des Weiteren wäre zu prüfen, ob den Belangen von gewaltbetroffenen <strong>Frauen</strong> nicht dadurch Rechnung<br />

getragen werden kann, dass die besonderen Versorgungsformen der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

(GKV) da<strong>für</strong> genutzt werden, gezielt auf die besondere Situation dieser <strong>Frauen</strong> zugeschnittene<br />

Hilfeangebote zu schaffen. Denkbar wären z.B. Modellvorhaben (s. im Einzelnen §§ 63 ff. SGB V)<br />

oder Modelle der sog. integrierten Versorgung (im Einzelnen §§ 140a ff. SGB V), in denen bspw. Hilfenetzwerke<br />

aus hausärztlichen, fachärztlich-psychiatrischen sowie psychotherapeutischen Angeboten<br />

mit dem Angebot von <strong>Frauen</strong>häusern abgestimmt werden könnten. Gleichzeitig ist darauf zu achten,<br />

dass <strong>Frauen</strong>häuser nicht in psychiatrische Einrichtungen verwandelt werden <strong>und</strong> nicht der Eindruck<br />

entsteht, Gewaltbetroffenheit gehe zwingend mit psychiatrischen Erkrankungen einher. 136<br />

b) Leistungsumfang <strong>und</strong> -inhalt<br />

aa) Bedarfsgemeinschaft<br />

(1) Problem<br />

Das SGB II organisiert die Frage, wer hilfebedürftig ist, so, dass die betroffene Person in ihren (etwa<br />

familiären) Bezügen – als „Bedarfsgemeinschaft“ – wahrgenommen wird. 137 Mit der Flucht in ein<br />

<strong>Frauen</strong>haus entsteht richtiger Auffassung nach <strong>für</strong> die Frau eine neue Bedarfsgemeinschaft ggf. mit<br />

ihren Kindern, wobei nicht die Bedarfsgemeinschaft einen Anspruch hat, 138 sondern von individuellen<br />

Ansprüchen der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auszugehen ist. 139 Die <strong>für</strong> die Bedarfsgemeinschaft<br />

geltenden Berechnungsregeln (siehe insbesondere § 9 Abs. 2 S. 3 SGB II) bestimmen den Umfang<br />

der Leistungen mit. 140 Im funktionalen Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II wird der bisherige Haushalt,<br />

135 Vgl. § 2a SGB V: „Den besonderen Belangen behinderter <strong>und</strong> chronisch kranker Menschen ist Rechnung zu<br />

tragen.“ Außerdem § 92 Abs. 1 S. 1 SGB V: „den besonderen Erfordernissen der Versorgung behinderter oder<br />

von Behinderung bedrohter Menschen <strong>und</strong> psychisch Kranker [ist] Rechnung zu tragen“. Siehe auch § 9 Abs. 1<br />

S. 3 SGB IX, wonach den „besonderen Bedürfnissen behinderter Mütter <strong>und</strong> Väter bei der Erfüllung ihres Er-<br />

ziehungsauftrages sowie den besonderen Bedürfnissen behinderter Kinder […] Rechnung getragen“ wird.<br />

136 Ein solcher Eindruck wäre auch deshalb fatal, weil er gewalttätige (Ehe-)Männer zu „Entschuldigungen“<br />

einladen könnte, etwa derart, die gewaltbetroffene Frau sei ohnehin psychisch nicht „normal“. Die stigmatisierende<br />

Wirkung, zu der das Bekanntwerden einer psychischen Erkrankung führen kann, darf keine sek<strong>und</strong>ären<br />

Viktimisierungen durch den Gewalttäter ermöglichen.<br />

137 § 7 Abs. 3, Abs. 3a i.V.m. § 9 Abs. 2 SGB II.<br />

138 So lassen sich die Ausführungen des Deutschen Vereins <strong>für</strong> öffentliche <strong>und</strong> private Fürsorge, Empfehlungen<br />

zu Hilfeleistungen an von häuslicher Gewalt betroffene <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> ihre Kinder insbesondere im Rechtskreis<br />

des SGB II, Nachrichtendienst des Deutschen Vereins <strong>für</strong> öffentliche <strong>und</strong> private Fürsorge (NDV) 2008, S. 365<br />

(368), verstehen.<br />

139 Wolff-Dellen, in: Löns/Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, Kommentar, 3. Aufl. 2011, § 7 Rn. 19.<br />

140 Wolff-Dellen, in: Löns/Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, Kommentar, 3. Aufl. 2011, § 7 Rn. 20.<br />

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