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Bericht - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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Teil 3: Verfassungsrechtlicher Gestaltungsrahmen <strong>für</strong> Verbesserungen<br />

des Zugangs zu <strong>Frauen</strong>häusern <strong>und</strong> anderen<br />

Unterstützungsangeboten <strong>für</strong> gewaltbetroffene <strong>Frauen</strong><br />

A. Zu den Staatsaufgaben „Schutz vor Gewalt“ <strong>und</strong> „soziale Unterstützung<br />

gewaltbetroffener Menschen“: ungeteilte Staatsaufgaben, geteilte Zuständigkeiten<br />

I. Gr<strong>und</strong>rechtliche Staatsaufgabe „Schutz vor Gewalt“<br />

Die Aufgabe des Staates, Menschen, insbesondere <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Kinder, vor häuslicher Gewalt zu<br />

schützen <strong>und</strong> sie zugleich zu unterstützen, wenn sie Zuflucht suchen, folgt einerseits aus den Gr<strong>und</strong>rechten,<br />

zum anderen aus dem Sozialstaatsprinzip. Das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht betont in ständiger<br />

Rechtsprechung, dass der Staat sich schützend <strong>und</strong> fördernd vor Leben <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit (Art. 2 Abs. 2<br />

S. 1 GG) der Einzelnen stellen muss. 404 Das gilt auch <strong>und</strong> gerade dann, wenn es um die Abwehr von<br />

Übergriffen Dritter – hier: von (Ehe-)Partnern – geht, die (häusliche) Gewalt ausüben. 405 Die Gr<strong>und</strong>rechte<br />

mit ihrer objektivrechtlich f<strong>und</strong>ierten Schutzpflichtdimension führen zu einer „gr<strong>und</strong>rechtliche[n]<br />

Staatsaufgabe‘“ 406 , die den Staat zum „Garant[en] <strong>für</strong> die Gewährleistung von Schutz <strong>und</strong> Sicherheit<br />

seiner BürgerInnen“ 407 macht.<br />

Die verfassungsrechtliche „Garantenstellung“ bezieht sich nicht nur auf die effektive Abwehr akuter<br />

Gewalttätigkeit (etwa durch das polizeigesetzlich legitimierte Eingreifen von Polizeikräften) 408 <strong>und</strong><br />

404<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 6.12.2005 – 1 BvR 347/98 –, BVerfGE (Amtliche Sammlung<br />

der Entscheidungen des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts) Bd. 115, 25 – 51, juris (oder www.bverfg.de) Rn. 41,<br />

insb. 56 f.; B<strong>und</strong>esverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 4.5.2011 – 1 BvR 1502/08 – juris (oder<br />

www.bverfg.de), Rn. 37 zur körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) – jeweils mit umfangreichen<br />

Nachweisen.<br />

405<br />

Zusammenfassend zur gr<strong>und</strong>rechtlichen Schutzpflicht Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des<br />

Staatsrechts, Bd. V, 2. Aufl. 2000, § 111.<br />

406<br />

Dolderer, Objektive Gr<strong>und</strong>rechtsgehalte, 2000, S. 330, s. auch S. 310 ff. <strong>und</strong> S. 294 ff. – Kritisch zur Staatsaufgabe<br />

„Bekämpfung der Kriminalität“, die aus den Gr<strong>und</strong>rechten hergeleitet wird, <strong>und</strong> in der Folge dazu dienen,<br />

Gr<strong>und</strong>rechte zu beschränken, Krauß, Menschenrechte zwischen Freiheit <strong>und</strong> Sicherheit, in: Sessar (Hrsg.),<br />

Herrschaft <strong>und</strong> Verbrechen. Kontrolle der Gesellschaft durch Kriminalisierung <strong>und</strong> Exklusion, 2008, S. 49 (51).<br />

407<br />

Schweikert, Gewalt ist kein Schicksal. Ausgangsbedingungen, Praxis <strong>und</strong> Möglichkeiten einer rechtlichen<br />

Intervention bei häuslicher Gewalt gegen <strong>Frauen</strong> unter besonderer Berücksichtigung von polizei- <strong>und</strong> zivilrechtlichen<br />

Befugnissen, 2000, S. 515.; s. auch Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), Gr<strong>und</strong>gesetz, Kommentar, 6. Aufl. 2011,<br />

Art. 2 Rn. 196: „Die Bekämpfung der Gewaltkriminalität gehört nicht nur zu den f<strong>und</strong>amentalen Staatsaufgaben,<br />

sondern ist auch durch Art. 2 II als gr<strong>und</strong>rechtliche Schutzpflicht geboten.“ – „Garant“ ist hier nicht im<br />

spezifisch strafrechtlichen Sinne (vgl. § 13 Abs. 1 StGB) gemeint.<br />

408<br />

Beispiel: § 34a Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen (Wohnungsverweisung <strong>und</strong> Rückkehrverbot zum Schutz<br />

vor häuslicher Gewalt) oder § 27a Abs. 3 Polizeigesetz Baden-Württemberg (Wohnungsverweis, Rückkehr- <strong>und</strong><br />

Annäherungsverbot).<br />

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