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Bericht - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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Die Bestandsaufnahme zeigte ein sehr uneinheitliches Bild der Finanzierungsmodalitäten. Nicht<br />

nur unterscheidet sich die Politik der B<strong>und</strong>esländer, auch kommunal existieren unterschiedliche<br />

Praxen nebeneinander. Gemeinsam ist allen Finanzierungsmodellen, dass es sich um Mischfinanzierung<br />

handelt. In vielerlei Hinsicht hängt die Finanzierung der Einrichtungen an der Haushaltslage<br />

der Kommunen, zu deren Aufgabe die Daseinsvorsorge gehört. Die Landesfinanzierung der<br />

<strong>Frauen</strong>häuer ist mehrheitlich an kommunale Beteiligung geknüpft oder die Kosten werden über<br />

Tagessätze den kommunalen Behörden in Rechnung gestellt. Es gibt Länder (Berlin, Hamburg,<br />

Schleswig-Holstein), die <strong>Frauen</strong>häuser ohne Tagessätze finanzieren; Länder wie Bayern oder<br />

Rheinland-Pfalz, geben Festbeträge an <strong>Frauen</strong>häuser, unabhängig von deren Größe <strong>und</strong> konkretem<br />

Bedarf; Hessen hingegen hat die Mittel kommunalisiert <strong>und</strong> gibt Landesmittel an die Kommunen,<br />

die dann ihrerseits die Einrichtungen finanzieren, ohne dass das Land noch Einfluss auf<br />

Art <strong>und</strong> Umfang der Finanzierung hat.<br />

Fachberatungsstellen werden ebenso wie <strong>Frauen</strong>häuser aus mehreren Quellen finanziert. Für die<br />

Mehrheit der Einrichtungen bedeutet diese Praxis der Mischfinanzierung, dass sie jährlich neu<br />

beantragen müssen, dass sie regelmäßig um die fehlende Finanzierung in den zuständigen Gremien<br />

kämpfen <strong>und</strong> zusätzlich Spenden <strong>und</strong> Bußgelder akquirieren müssen, was wiederum zeit-<br />

<strong>und</strong> personalintensiv ist, ohne dass da<strong>für</strong> qualifiziertes Personal zur Verfügung steht.<br />

Die Abhängigkeit der Finanzierung von Haushaltslage <strong>und</strong> politischen Entscheidungen, schafft ein<br />

gr<strong>und</strong>sätzliches Gefühl von Unsicherheit. Während aus der Perspektive der fördernden Landesregierungen<br />

die Lage der <strong>Frauen</strong>häuser <strong>und</strong> Fachberatungsstellen als abgesichert gesehen wird,<br />

wenn die Förderung seit Jahren mehr oder weniger unverändert fortgeführt wird, ist die Wahrnehmung<br />

der Mitarbeiterinnen eine andere. Die Möglichkeit, dass Mittel jederzeit der Haushaltslage<br />

entsprechend gekürzt werden können <strong>und</strong> die Zuordnung ihrer Leistung zu den sog, freiwilligen<br />

Aufgaben wird als kontinuierliche Belastung <strong>und</strong> in Zeiten, in denen der Haushalt noch nicht<br />

verabschiedet ist, weshalb der Träger präventiv Kündigungen aussprechen muss, als existenziell<br />

bedrohlich erlebt. Die regelmäßige Antragstellung ist eine Tätigkeit, die Anteile der personellen<br />

Ressourcen verbraucht, die von der Zeit <strong>für</strong> Beratung <strong>und</strong> Krisenintervention abgezogen werden<br />

müssen. Weniger als die Hälfte der Einrichtungen verfügen über Mitarbeiterinnen, die <strong>für</strong> die<br />

Verwaltung <strong>und</strong> entsprechende Aufgaben ausgebildet <strong>und</strong> da<strong>für</strong> eingestellt sind. Das macht sich<br />

auch beim Erstellen von Qualitätsberichten bemerkbar <strong>und</strong> beim Beantworten vielfältiger Anfragen,<br />

obwohl die Einrichtungen eine intensive Qualitätsdebatte führen – z.B. in den Landesverbänden<br />

oder im Werkstattgespräch der <strong>Frauen</strong>häuser – <strong>und</strong> Wert darauf legen, mit Politik <strong>und</strong><br />

Forschung zu kooperieren. Die begrenzten Personalressourcen erschweren dies.<br />

Die große Mehrheit der Einrichtungen ist auf die Beschäftigung von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen<br />

angewiesen, die eingeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> betreut werden müssen. Überwiegend sind die Gehälter<br />

<strong>für</strong> längere Zeit nicht an geltende Tarife angepasst worden. Die gr<strong>und</strong>sätzlich fehlende Absicherung<br />

der Einrichtung bedeutet eine gr<strong>und</strong>sätzlich fehlende Absicherung der Arbeitsplätze <strong>und</strong><br />

mehrheitlich eine Bezahlung, die über lange Zeiten nicht tarifgerecht ist. Dies wird als ein Mangel<br />

an gesellschaftlicher Wertschätzung <strong>und</strong> an Gerechtigkeit wahrgenommen <strong>und</strong> kann Belastungsphänomene,<br />

die zur Arbeit mit akut von Gewalt Betroffenen gehören, zusätzlich verschärfen.<br />

Müssen aufgr<strong>und</strong> von Arbeitsverträgen tarifliche Anpassungen vorgenommen werden, die aber<br />

durch die Zuwendungen nicht abgedeckt sind, handelt es sich um faktische Kürzungen. Andere<br />

Einrichtungen zahlen keine tarifgerechten Gehälter oder verpflichten die Mitarbeiterinnen zu zusätzlicher<br />

ehrenamtlicher Arbeitsleistung. Ein hohes Maß an Selbstausbeutung ist charakteris-<br />

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