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Bericht - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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ezogen auf eine einzelne Frau konkrete Leistungen benannt werden, die im Einzelfall indizieren,<br />

dass sie zumindest auch zur Eingliederung in das Erwerbsleben beitragen. 220<br />

Allerdings ist zu bedenken, dass nicht alle <strong>Frauen</strong>, die im <strong>Frauen</strong>haus Schutz gesucht haben, arbeitsuchend<br />

sind. Sofern sie erwerbstätig sind, scheidet ein Anspruch auf psychosoziale Beratung nach<br />

§ 16a Nr. 3 SGB II aus, sofern sie zwar erwerbstätig sind, aber ergänzend Alg II beziehen („Aufstockerinnen“),<br />

können sie wiederum psychosoziale Beratung nach dem SGB II beanspruchen.<br />

Das weite Verständnis von psychosozialer Beratung ist nicht allgemein anerkannt. So wird in Leitfäden<br />

zur Anwendung des § 16a Nr. 3 SGB II die Ansicht vertreten, es gehe bei der psychosozialen Betreuung<br />

nur um Menschen, deren psychische Struktur die Teilhabe am sozialen Leben erschwere oder<br />

verhindere. 221 Dieser Versuch einer „psychiatrisierenden“ Engführung widerspricht zum einen<br />

dem allgemeinen Sprachgebrauch in der Praxis sozialer Dienstleistungen. 222 Psychologische Beratung<br />

<strong>und</strong> Sozialberatung sind in ihrer Kombination als psychosoziale Betreuung bekannt, wobei der (Wieder-)Gewinnung<br />

alltagsbezogener Organisationskompetenzen <strong>und</strong> Bewältigungsstrategien besondere<br />

Bedeutung zukommt. Mit einer psychologisch-therapeutischen oder gar einer medizinischpsychiatrischen<br />

Betreuung ist dies gerade nicht verb<strong>und</strong>en (z.B. bieten die meisten Studierendenwerke<br />

<strong>für</strong> Studierende eine solche psychosoziale Beratung an) 223 . Zum anderen widerspricht eine<br />

„Psychiatrisierung“ der Leistung (<strong>und</strong> damit indirekt derer, die die Leistung in Anspruch nehmen) der<br />

Regelungsabsicht des Gesetzgebers, der dergleichen nicht im Sinn hatte. 224<br />

Hinzu kommen allerdings noch Abgrenzungsprobleme zu den „Hilfen zur Überwindung besonderer<br />

sozialer Schwierigkeiten“ nach den §§ 67 ff. SGB XII. Sollte ein <strong>Frauen</strong>haus oder ein anderes Unterstützungsangebot<br />

Leistungen anbieten, die nicht im entferntesten Sinne mittelbar der Eingliederung<br />

in den Arbeitsmarkt dienen, dann würden Leistungen nach § 16a S. 2 Nr. 3 SGB II ausscheiden. Die<br />

Leistungen könnten dann ggf. gemäß §§ 67 ff. SGB XII erbracht werden; die Anwendung der §§ 67 ff.<br />

SGB XII ist auch <strong>für</strong> <strong>Frauen</strong> möglich, die ansonsten SGB II-Leistungen beziehen (vgl. § 5 Abs. 2 SGB<br />

II). 225<br />

Unterstützt ein <strong>Frauen</strong>haus (auch) <strong>Frauen</strong>, die nach ihrer derzeitigen Situation (etwa aufgr<strong>und</strong> einer<br />

Suchtkrankheit oder wegen psychischer Probleme mit Krankheitswert) zeitweilig nicht in den Arbeitsmarkt<br />

eingegliedert werden können, dann scheiden – meist schon wegen zeitweilig fehlender<br />

Erwerbsfähigkeit – Leistungen nach §§ 16a S. 2 Nr. 3 SGB II aus <strong>und</strong> Leistungen nach den §§ 67 ff.<br />

SGB XII kommen in Betracht. Die Vorschriften der § 67 ff. SGB XII beziehen sich auf die „Hilfe zur<br />

220<br />

Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.2.2010 – L 1 AS 36/09 –, juris, Rn. 28. – Das<br />

Gericht hält es mit Blick auf die „besondere Vertrauensstellung zwischen der Frau <strong>und</strong> der Betreuerin“ im <strong>Frauen</strong>haus<br />

sowie mit Blick auf „den Datenschutz im <strong>Frauen</strong>haus“ „kaum“ <strong>für</strong> möglich, dass „derartige Feststellungen<br />

[…] getroffen werden können.“<br />

221<br />

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.2.2010 – L 1 AS 36/09 –, juris, Rn. 27,<br />

weist auf eine Arbeitshilfe zu § 16a SGB II des früheren Ministeriums <strong>für</strong> Arbeit, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales des<br />

Landes Nordrhein-Westfalen hin.<br />

222<br />

Hierzu im Überblick Gahleitner, Psychosoziale Beratung, in: Deutscher Verein <strong>für</strong> öffentliche <strong>und</strong> private<br />

Fürsorge e.V. (Hrsg.), Fachlexikon der sozialen Arbeit, 7. Aufl. 2011, S. 681 (682).<br />

223<br />

Beispielhaft § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Studentenwerksgesetz (StuWG) Sachsen-Anhalt: „psychosoziale Beratung“.<br />

224<br />

Vgl. die Begründung zu § 16 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB a.F (= § 16a S. 2 Nr. 3 SGB II), BT-Drucks. 15/1516 vom<br />

5.9.2003, S. 54.<br />

225<br />

Eicher, in: Eicher/Spellbrink (Hrsg.), SGB II, Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 16 Rn. 185.<br />

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