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Bericht - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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leistungsberechtigt.“ 89 Dies betont auch der Gesetzgeber des SGB II: Die „weit überwiegende Zahl der<br />

<strong>Frauen</strong>hausbewohnerinnen können Leistungen nach dem SGB II erhalten.“ 90<br />

Nach ihrem Selbstverständnis interessieren sich diese Gesetze nicht speziell <strong>für</strong> das „komplexe Misshandlungssystem“<br />

91 der häuslichen Gewalt <strong>und</strong> die daraus resultierenden Schwierigkeiten, in die gewaltbetroffene<br />

<strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> ihre Kinder geraten. Die genannten Gesetze betreffen Notlagen allgemein<br />

bzw. unter einem speziellen Blickwinkel. 92 So wird zu Recht angemerkt, dass aus Sicht des SGB II das<br />

Problem der Gewaltbetroffenheit in ein Problem der Eingliederung in den Arbeitsmarkt umdefiniert<br />

wird, 93 denn das SGB II dient in erster Linie der „Eingliederung in Arbeit“ 94 , wie auch die amtliche Bezeichnung<br />

des Gesetzes – „Gr<strong>und</strong>sicherung <strong>für</strong> Arbeitsuchende“ – verdeutlicht. Die Gr<strong>und</strong>sicherung<br />

(<strong>für</strong> Arbeitsuchende) setzt also bei den <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> der Finanzierung ihrer Lebensführung an, nicht<br />

bei der Finanzierung der <strong>Frauen</strong>häuser.<br />

Der materielle (finanzielle) <strong>und</strong> psychosoziale Hilfebedarf einer gewaltbetroffenen Frau kann danach<br />

zwar ein Thema des SGB II sein, denn er kann auch durch häusliche Gewalt <strong>und</strong> einen deshalb erforderlich<br />

werdenden Aufenthalt in einem <strong>Frauen</strong>haus ausgelöst werden. Dennoch erscheint der Ansatz,<br />

diese existenzielle Notlage als Arbeitsmarktproblem anzugehen, wenig angemessen. Gewaltbetroffene<br />

<strong>Frauen</strong> suchen zunächst einmal keinen Arbeitsplatz, sondern Schutz vor Gewalt <strong>und</strong> Hilfe.<br />

Da die Gesetze nicht speziell auf den Hilfebedarf gewaltbetroffener <strong>Frauen</strong> zugeschnitten sind, lässt<br />

sich deren Unterstützungsbedarf meist nicht reibungslos den gesetzlichen Voraussetzungen zuordnen,<br />

die erfüllt sein müssen, um finanzielle (materielle) <strong>und</strong> immaterielle (etwa beraterische bzw.<br />

psychosoziale) Unterstützung zu erhalten. Die in den genannten Gesetzen (etwa dem SGB II) gewährten<br />

Individualansprüche müssen also erst im Einzelfall auf die konkrete Lage der <strong>Frauen</strong> abgestimmt<br />

werden. Das gelingt häufig „nur mit einigem argumentativem Aufwand“. 95<br />

89<br />

Sozialdienst Katholischer <strong>Frauen</strong> Gesamtverein e.V., Korrespondenzblatt 2010/1, S. 46, http://www.skfzentrale.de/2010_1_KorrBlatt.pdf<br />

(abgerufen am 30.1.2012).<br />

90<br />

Amtl. Begr. zu § 36a SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 14.8.2005 (BGBl. I S. 2407), BT-Drucks.<br />

15/5607 vom 1.6.2005, S. 6. – Im Original steht tatsächlich „können“, obgleich grammatikalisch (wegen des<br />

Bezugs zur „überwiegende[n] Zahl“) „kann“ richtig wäre.<br />

91<br />

Brzank, (Häusliche) Gewalt gegen <strong>Frauen</strong>: sozioökonomische Folgen <strong>und</strong> gesellschaftliche Kosten – Einführung<br />

<strong>und</strong> Überblick, B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitsblatt 2009, S. 330.<br />

92<br />

Das fügt sich in einen größeren Trend der Sozial(rechts)reform ein, der weniger von konkreten Zielgruppen<br />

<strong>und</strong> deren spezifischer Problem- <strong>und</strong> Lebenslage her denkt als von übergreifenden Lösungsansätzen, die von<br />

den relevanten Problem- <strong>und</strong> Lebenslagen konzeptionell weiter entfernt sind. Dies führt auch in anderen Bereichen<br />

zu Schwierigkeiten bei der bedarfsgerechten Unterstützung, z.B. bei Schwangeren oder Alleinerziehenden.<br />

93<br />

<strong>Frauen</strong>hauskoordinierung e.V./Zentrale Informationsstelle Autonomer <strong>Frauen</strong>häuser, Schutz von <strong>Frauen</strong><br />

<strong>und</strong> Kindern vor Gewalt darf nicht an den Kosten scheitern! Argumente <strong>und</strong> Positionen zur Ablehnung der Tagessatzfinanzierung<br />

von <strong>Frauen</strong>häusern, Februar 2007, S. 2 (Nr. 1).<br />

94<br />

S. nur § 2 Abs. 1 S. 2, § 3 Abs. 1 S. 1, S. 2, insb. § 14 S. 1 <strong>und</strong> § 16 Abs. 1 S. 1 SGB II.<br />

95<br />

Deutscher Verein <strong>für</strong> öffentliche <strong>und</strong> private Fürsorge, Diskussionspapier des Deutschen Vereins zur Finanzierung<br />

von <strong>Frauen</strong>häusern vom 15.7.2010 (DV 10/10 - AF III), S. 14, http://www.deutscher-verein.de/05empfehlungen/empfehlungen_archiv/2010/pdf/DV%2010-10.pdf<br />

(abgerufen am 30.1.2012). – Der „Deutsche<br />

Verein“ (DV) ist eine Art „Dachverband der Dachverbände“; in ihm sind die Kommunen <strong>und</strong> ihre Spitzenverbände<br />

sowie die Verbände der freien Wohlfahrtspflege organisiert, die im Bereich von Gr<strong>und</strong>sicherung, Sozialhilfe<br />

<strong>und</strong> Kinder- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe tätig sind.<br />

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