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Bericht - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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anhält. Entscheidend ist der im konkreten Moment bestehende Wille der Frau, 148 sich dem Haushalt<br />

(<strong>und</strong> damit der Bedarfsgemeinschaft), also dem räumlichen Kontext zu entziehen, in dem ihr Gewalt<br />

angetan wird. Trennung ist ein längerer psychologischer Prozess, der sich zum eigenen bisherigen<br />

Leben <strong>und</strong> zur konkreten Beziehung neu ins Verhältnis setzt. Diese persönliche psychologische Dynamik<br />

darf nicht mit der juristischen Ebene vermengt werden, auf der nur zu reflektieren ist, dass sich<br />

die gewaltbetroffene Frau in der bisherigen häuslichen Umgebung im konkreten Moment der Zuflucht<br />

ins <strong>Frauen</strong>haus endgültig nicht mehr aufhalten will, also sich von dieser Umgebung distanzieren,<br />

sich von ihr trennen will. Allein die Perspektive der Frau ist umgekehrt auch dann relevant, wenn<br />

sie in die frühere häusliche Umgebung zurückkehren will, sofern die Frau der Ansicht ist, die Lage sei<br />

nicht mehr gewaltgeprägt <strong>und</strong> gefährde sie nicht mehr (dazu sogleich cc.).<br />

(2) Reformoptionen<br />

Durch eine Neuformulierung der fachlichen Hinweise der BA könnte deutlich zum Ausdruck gebracht<br />

werden, dass der Umzug in ein <strong>Frauen</strong>haus ausnahmslos als Aufhebung der bisherigen Bedarfsgemeinschaft<br />

<strong>und</strong> Begründung einer neuen Bedarfsgemeinschaft zu werten ist. Nach aller Erfahrung<br />

hat die Flucht ins <strong>Frauen</strong>haus keine anderen Gründe als die, sich aus der bisherigen gewaltgeprägten<br />

Situation zu lösen, was zugleich bedeutet, sich von dem gewalttätigen Mitbewohner, dem (Ehe-<br />

)Mann, zu trennen. Die neue Bedarfsgemeinschaft entsteht demgemäß unabhängig von der mutmaßlichen<br />

Dauer des Aufenthalts im <strong>Frauen</strong>haus. Die mutmaßliche Dauer des Aufenthalts im <strong>Frauen</strong>haus<br />

spricht demnach nicht gegen den Willen, sich von der bisherigen häuslichen Umgebung zu<br />

trennen, die durch die Gewalttätigkeit des (Ehe-)Manns geprägt ist.<br />

Alternativ bietet sich eine gesetzliche Klarstellung im SGB II an (z.B. durch Einfügung eines Satzes in<br />

§ 7 Abs. 3 oder Abs. 3a), die verdeutlichen könnte, dass der wechselseitige Wille, <strong>für</strong>einander Verantwortung<br />

zu tragen <strong>und</strong> <strong>für</strong>einander einzustehen, fehlt, wenn die Frau (allein oder mit ihren Kindern)<br />

in ein <strong>Frauen</strong>haus gezogen ist.<br />

bb) Berücksichtigung von Einkommen <strong>und</strong> Vermögen<br />

(1) Problem<br />

Bei der Frage, ob Leistungen nach dem SGB II 149 oder dem SGB XII 150 , aber auch nach dem AsylbLG 151<br />

erfolgen, ist zunächst zu prüfen, ob die Leistungen von der gewaltbetroffenen Frau aus verfügbarem<br />

eigenen Einkommen oder Vermögen finanziert werden können. <strong>Bericht</strong>e aus der <strong>Frauen</strong>haus-Praxis<br />

belegen, dass es zwar durchaus im <strong>Frauen</strong>haus Zuflucht suchende <strong>Frauen</strong> gibt, die vermögend sind<br />

<strong>und</strong> Zugriff auf ihr Vermögen haben, allerdings ist dies eher selten der Fall. Im Übrigen kann es mit<br />

beträchtlichen Schwierigkeiten verb<strong>und</strong>en sein zu ermitteln, ob eine gewaltbetroffene Frau über real<br />

verfügbares Einkommen oder Vermögen verfügt, z.B. dann, wenn die Frau einer akuten Gewaltlage<br />

148<br />

Vgl. § 7 Abs. 3a SGB II zum „Wille[n], Verantwortung <strong>für</strong>einander zu tragen <strong>und</strong> <strong>für</strong>einander einzustehen“<br />

<strong>und</strong> deshalb in einem gemeinsamen Haushalt zu leben.<br />

149<br />

§ 9, §§ 11 ff. SGB II i.V.m. Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V).<br />

150<br />

§ 19, §§ 82 ff. SGB XII.<br />

151<br />

§ 7 Abs. 1 AsylbLG.<br />

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