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• M B - Brasiliana USP

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waren, in gebückter Haltung durch den Teich und stachen schnell auf den Grund<br />

nieder: die kútu wurden über die Fischchen gestülpt, und diese oben mit der<br />

Hand hervorgeholt und in einem Hàngekõrbchen untergebracht. Ais man so eine<br />

Weile gearbeitet hatte, ging man von verschiedenen Seiten sich nach der Mitte<br />

entgegen, wo die Reusen lagen, und suchte die Fische dort hineinzutreiben. Es<br />

war ein lustiger Anblick: die Mádchen àusserst behende, die Mãnner weniger<br />

flink, zumal der dicke Yapü anscheinend keineswegs in seinem Element, viel<br />

Lachen und Plantschen, in der Luft einige gaukelnde Libellen und Brummbienen<br />

ohne Zahl, am Ufer unter dem Baum eifrig kommentierend der alte Paleko, der<br />

sich mit der linken Hand auf einen Stock stützte und unter dem Oberarm derselben<br />

Seite das sehr überflüssige Steinbeil angedrückt hielt. Die Fische hiessen<br />

poniú oder poriú, der Jeju der Brasilier.<br />

Das von mir bestellte Rindenkanu war schon am 18. September fertig<br />

geworden; die Steinaxt hatte langsam, aber sehr sauber gearbeitet. Vier Mãnner<br />

trugen das Fahrzeug zum Fluss; sie hatten sich auf die Schultern aus braunem<br />

Bast geflochtene Ringe genau desselben Aussehens aufgesetzt, wie sie unsere Marktweiber<br />

auf dem Kopfe tragen.<br />

Ich war nun über eine Woche allein bei den guten Bakairí und merkte,<br />

dass sie etwas ungeduldig wurden. Sie fragten gar zu oft, wann die «jüngeren<br />

Brüder* kámen. Was ich von Kostbarkeiten mit mir geführt hatte, war auch<br />

lángst in ihrem Besitz, sogar mein améma ikúto (»Figur der Eidechse«), ein<br />

Réptil mit glásernen Schuppen und rubinroten Augen, das sie gierig umworben<br />

hatten, gehõrte ihnen.<br />

Aber unser gutes Einvernehmen blieb bis zur letzten Stunde dasselbe.<br />

Wenn es nach mir gegangen wãre, hátte ich am Hebsten die ganze Regenzeit<br />

bei ihnen zugebracht, obwohl ich einen sáuerlichen Geschmack im Halse, von dem<br />

ewigen Mehlessen, nicht mehr los wurde und auch von Verdauungsstõrungen geplagt<br />

wurde. Meine ersten Eindrücke über den friedfertigen und sympathischen<br />

Charakter meiner Gastfreunde brauchten keine Korrektur zu erfahren. Die Alten<br />

waren klug und sorglich, die Jungen krãftig und behend, die Frauen fleissig und<br />

hàuslich, Alie gutwillig, ein wenig eitel und mit Ausnahme einiger von ihren<br />

Pflichten in Anspruch genommenen Mutter gleichmássig heiter und gespràchig.<br />

Alie waren ehrlich. Nie hat mir Einer etwas genommen, oft hat man mir Verlorenes<br />

gebracht, immer wurde, was ich eingetauscht hatte, ais mein Eigentum<br />

geachtet.<br />

Kurz, Bakairí kúra, die Bakairí sind gut. Es wàre lácherlich, sie im<br />

Rousseau'schen Sinne misszuverstehen, denn von irgend welcher Idealitát war<br />

auch nicht die Spur zu entdecken; sie waren nichts ais das Produkt sehr einfacher<br />

und ungestõrter Verhàltnisse und gewãhrten dem Besucher, der mit seinen an<br />

Bewegung und Kampf gewohnten Augen herantrat, das Bild einer »Idylle«. Man<br />

komme vom Giessbach, Strom oder Meer, man wird den Zauber einer stillen<br />

Lagune empfinden, das ist Alies.

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