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• M B - Brasiliana USP

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bezeichneten die, die ihnen nicht gefielen, kurzweg mit dem uns sehr betrubenden<br />

portugiesischen Ausdruck, den die Katechese allgemein eingeburgert hatte, »porcarta*.<br />

»Schweinerei«, oder »merda«, »Kot*, der beglcitenden »Díavo«-Flüche nicht<br />

zu gedenken.<br />

Das Bekleiden der Indianer war also nicht durchzuführen.<br />

Feldbau. Die Bororó sollten roden und pflanzen! In der Praxis dankten<br />

die Offiziere ihrem Schicksal, wenn es ihnen nur gelang, die von den Soldaten<br />

angelegten Pflanzungen vor den Bororó zu retten. Sobald die Eingeboreuen im<br />

Besitz der Aexte waren, machte es ihnen weit mehr Spass die Pikíbàume umzuhatien,<br />

ais hinaufzuklettern und die Früchte abzunehmen. In der Militarkolonie<br />

stand ein schõner Canavial, eine Anpflanzung von Zuckerrohr. Es musste eine<br />

Wache ausgestellt werden, um die Verwüstung zu verhindern. Allein die Indianer<br />

machten nàchtliche Besuche und fanden ein Mittel, sie zu verheimlichen und ihre<br />

Gõnner zu táuschen, indem sie die Pflanzen nicht brachen, sondem sich auf den<br />

Boden legten und das Rohr, wie es da stand, anbissen und behaglich auslutschten.<br />

Die Mandiokapflanzung wurde vollstándig geplündert; die Frauen, des Wurzel<br />

grabens vom Wald her gewõhnt, rissen die nicht meterlangen Straucher aus und<br />

gruben fleissig nach, ob nicht noch Wurzeln im Erdreich versteckt seien. Dem<br />

Jãgerstamm fehlte alies Verstàndnis für planmássiges Anpflanzen, namentlich aber<br />

die Geduld zu warten, bis die Wurzel ihre volle Entwicklung erreicht hatte.<br />

Das Problem, diese Bõcke zu Gàrtnern zu machen, konnten die Soldaten<br />

nicht gut losen. Die Aufgabe wàre auch für andere Mánner, die nicht nur auf<br />

Kommando und von eigennützigen Wünschen erfüllt, sondem aus eigenem Antrieb<br />

um des humanen Zwecks willen und jeder Habsucht fern sich ihr gewidmet hatten,<br />

eine schwere Geduldsprobe gewesen. Dabei sahen die Indianer nur zu gut, dass<br />

Leben und Lebenlassen die einzige Parole ihrer Vorbilder war, dass von auswárts<br />

alies hübsch geliefert wurde, was man brauchte; für sie, die herzlich gern mit<br />

ihrer kriegerischen Vergangenheit brachen, sobald sie keinen Zweck mehr hatte,<br />

und die sich vor den Brasiliern genau ebenso gefürchtet hatten, wie diese sich<br />

vor ihnen, bedeutete die Kolonie nur ein bequemes und vergnügtes Dasein mit<br />

wenigen Pflichten, die darin bestanden, dass sie gelegentlich mit anfassten, und<br />

den brasilischen Hãuptlingen Hausgenossinnen lieferten. Dass sie die wahren<br />

Herren der Kolonie waren und nicht der Leutnant ,,Dyuáte", dessen Macht sich<br />

darauf beschrãnkte, dass er in der Lage (thatsàchlich in der Zwangslage) war, sie<br />

zu verwohnen, ein Blinder hãtte es sehen kõnnen.<br />

Unsere Eindrücke. Ehe ich unsere Beobachtungen systematisch zusammenstelle,<br />

mõchte ich die merkwürdigsten Szenen aus dem Leben und Treiben der<br />

Indianer und ihrer Lehrer, die wir erlebt haben, nach meinem Tagebuch zu<br />

schildern versuchen.<br />

24. Márz. Wir speisen in unserer Messe bei offener Thüre. Wáhrend des<br />

Mahles ist ein fortwãhrendes Gehen und Kommen; zuweilen wimmelt die kleine<br />

Stube von Besuchern, obwohl wir ohnehin sehr eng zusammensitzen. Die Ver-

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