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• M B - Brasiliana USP

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Lãhmung der hintern Extremitàten beginnenden »Hüftenseuche«, peste-cadeira,<br />

zu Grunde gehen, und die Zucht vorlàufig unmõglich erscheint. Angegeben<br />

wurde mir auf der Fazenda — ich glaube nicht recht an diese Zahlen - ein<br />

Viehstand von 5—6000 Rindern und 60 Pferden; Maultierzucht wurde versuchsweise<br />

begonnen. Die Schweine wurden nicht gemàstet, da man allen Mais verkaufte.<br />

Wie gross der Landbesitz ist, weiss der Fazendeiro selbst nicht; niemals<br />

haben hier regelrechte Vermessungen stattgefunden. Niemand prüft auch die<br />

Ansprüche. Der Herr des fürstlichen Grundbesitzes wohnt mit seiner Familie in<br />

einem strohgedeckten, aus lehmbeworfenem Fachwerk erbauten Hause ohne Keller<br />

und Obergeschoss, in dem es ein paar Tische, Stühle oder Bánke und rohgezimmerte<br />

Truhen, aber keine Kommoden, Schránke, Betten, Oefen giebt: Alies<br />

schlãft nach des Landes Brauch in Hàngematten, und man kocht auf einem Backofen<br />

in einer vom Hause getrennten Küche oder Kochhütte. Das Verhãltnis zum<br />

Fremden halt die Mitte zwischen Gastlichkeit und Gastwirtschaft oder Geschàft:<br />

man nimmt für die Unterkunft im Haus oder Hof kein Geld, spendiert Kaftee,<br />

ein Schnàpschen, Milch, wenn es deren giebt, und verkauft Farinha, Reis, Bohnen,<br />

Mandioka, Mais, Dõrrfleisch, Hühner. Wie allenthalben im spanischen oder portugiesischen<br />

Amerika wird der Eintretende zu dem Mahl eingeladen, das gerade<br />

eingenommen wird. Allein der ãrmere Cuyabaner, erzáhlte man mir, ass deshalb<br />

gern aus der Schublade statt von der Platte des Tisches: ertõnte das Hàndeklatschen<br />

vor der Thüre, das einen Besuch anzeigte, so verschwanden gleichzeitig<br />

mit seinem freundlichen »Herein« die Teller im Innern des Tisches. Unleugbar<br />

praktisch.<br />

Mit der Cachaça, dem Branntwein, hatten wir es in Cuyabasinho schlecht<br />

getroffen: drei Tage vorher war aller Vorrath an einem Fest zu Ehren des<br />

heiligen Antônio ausgetrunken worden. Vorsorglich werden stets die Frauen<br />

auf der Fazenda dem Fremden ferngehalten, wenn sie nicht schon mehr oder<br />

minder Grossrnütter sind, und in diesem Misstrauen, wie in der grossen Jãgergeschicklichkeit<br />

und in der Freude an allen Abenteuern mit dem Getier des<br />

Waldes, dem sie mit ihren ausgehungerten halbwilden Hunden zu Leibe rücken,<br />

meint man die indianische Abstammung der Moradores noch durchbrechen zu sehen.<br />

Geradezu armselig waren die Hütten von Tacoarasinha, deren Bewohner<br />

von den Schingú-Indianern in Hinsicht auf behagliche tüchtige Einrichtung und<br />

fleissige Lebensfürsorge unendlich viel zu lernen hatten. Diese kleineren Moradores,<br />

fern von aliem Verkehr und ohne jede Erziehung aufgewachsen, auf den engsten<br />

geistigen Horizont beschrànkt, sind durch und durch »gente atrasada«, zurückgebliebene<br />

Leute; sie leben bedürfnislos, mit ein paar Pakú-Fischen zufrieden,<br />

von der Hand in den Mund, und ihre guten Anlagen verkümmern im Nichtgebrauch.<br />

Es gab in dem elenden Nest am Rio Manso kein Pulver und Schrot,<br />

keinen Kaffee, keine Rapadura. Von uns wollten sie Mais und Farinha kaufen!<br />

Sie hatten nur zwei Kanus und waren doch bei ihrer Trágheit in erster Linie<br />

auf den Fischfang angewiesen.

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