10.10.2013 Aufrufe

• M B - Brasiliana USP

• M B - Brasiliana USP

• M B - Brasiliana USP

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

- 2$Q -<br />

kõnnen am Kopf, am Hals und gar an den Hüften sitzen, wenn sie nur da sind,<br />

die Proportionen sind ihnen im hõchsten Grade gleichgültig. Dagegen legen sie<br />

den grõssten Wert auf Attribute, die sie interessieren, und so ist tias Ideal des<br />

Knaben stets der Herr mit Pfeife oder Zilinderhut oder Flinte und Sábel, das<br />

Ideal des Mádchens die Dame mit dem Blumenstrauss oder dem Sonnenschirm,<br />

unerbittlich nach der neuesten Mode gekleidet.<br />

Auch die Indianer beschreiben. Ich kann mich auf ihren Standpunkt<br />

sofort versetzen, wenn ich mir die Aufgabe vorlege, aus dem Kopf und ohne<br />

besonderes Nachsinnen eine Karte von Afrika zu zeichnen. Dann bringe ich ein<br />

schief birnenfõrmiges Ding zu Papier, ziehe im dieken Teil rechts eine senkrecht<br />

von oben nach unten und links eine quer verlaufende Schlangenlinie, sowie etwas<br />

tiefer eine Bogenlinie: Nil, Niger und Kongo, flicke endlich einen Stiel hoch oben<br />

rechts an, die in der Luft schwebende Landbrücke nach Arabien hinüber. So<br />

würde ich einem Indianer Afrika zeichnen, meine Kollegen wurden es auch erkennen.<br />

Und verlangt man Vervollstándigung, so punktiere und tüpfele ich das<br />

Oberteil aus, um die Sahara darzustellen, erinnere mich auch der neueren Forschung<br />

und setze neben den Winkel von Nil und Kongo ein paar teils schmale, teils<br />

rundliche Kringel ein, die Seen des dunklen Erdteils; dabei fállt mir noch das<br />

Schmerzenskind der Kolonialpolitik ein und ein langes Inseloval erscheint, an<br />

Grosse mindestens Madagaskar ebenbürtig, wãhrend ich Madagaskar selbst ganz<br />

vergesse. In diesem uns gewiss leicht verstándlichen Beispiel steckt die ganze<br />

Psychologie der indianischen Bleistiftzeichnungen. Wenn ein Afrikareisender Widerspruch<br />

erhebt, so bitte ich ihn verbindlichst, dafür ein Bild von Südamerika zu<br />

entwerfen. Wenden wir uns dann endlich mit diesen Erzeugnissen vertrauensvoll<br />

an Herm Dr. Bruno Hassenstein in Gotha, so wird dieser, so liebenswürdig er<br />

sonst ist, dasselbe grausam mitleidige Lácheln kaum unterdrücken kõnnen, das<br />

uns die Portraits der Eingeborenen entlockten.<br />

Auf Tafel I vom Kulisehu stehen vier Expeditionsmitglieder nebeneinander,<br />

eine Aufnahme aus dem dritten Bakairídorf. Dort bin ich erkennbar ais der<br />

grõsste und mit dem lángsten Bart, der zweite, mein Vetter, ist durch die verwogene<br />

kleine Mütze gekennzeichnet, der dritte ist Ehrenreich mit kürzerem Vollbart<br />

und mir an Kõrpergrõsse am nãchsten, der vierte, ganz klein und niedlich,<br />

ist Leutnant Perrot, dem man einen geringeren Rang zuschrieb, weil er bei den<br />

Untersuchungen zitrückstand. Ich habe hier wie an den meisten Zeichnungen<br />

die Probe gemacht und sie andern Indianern nachher vorgelegt, mit der Frage,<br />

wer das sei? Sie bestimmten die Personen richtig, hoffentlich nicht nach der<br />

Aehnlichkeit, sondem nach den ais auffállig gegebenen Merkmalen. Wirklich ganz<br />

befriedigend auch für unsere Ansprüche, sind (Bororó II) die Schildkrõten und<br />

der Tapir der Bororó, wãhrend der verfolgende Hund wohl nur erkannt werden<br />

konnte, weil er ein hinter dem Tapir herlaufender Vierfüssler war, der wegen des<br />

Schwanzes und des mangelnden Rüssels ein zweiter Tapir nicht sein konnte.<br />

Der Schluss per exclusionem muss oft mithelfen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!