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• M B - Brasiliana USP

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man rauchte Zigarren oder richtigcr Zigaretten, allerdings 25 cm lang. Das Wickelblatt<br />

war noch grün und wurde nur einige Augenblicke über dem Feuer gehalten,<br />

es verbreitete einen balsamischen Geruch. Die Zigarre ging hàufig aus, man hielt sie<br />

an die Kohle, um sie w ieder anzuzünden. Gelegentlich Hess man sich auch Feuer von<br />

der Zigarre des Nachbars geben, überreichte ihm dann aber die eigene, die jener in<br />

den Mund nahm und anzündete. Der Rauch wurde ge-chlu. kt. Auch meinen<br />

schweren schwarzen Tabak rauchten sie auf dieselbe Weise und in demsclben Format<br />

und vertrugen ihn, obwohl der ihrige leicht wie Stroh war, ohne Schwierigkeit.<br />

Aus den Háusern drang kein I.aut hervor, das Geflecht an dem Fangaug<br />

war vorgeschobcn. Ob die Frauen nicht wach in der Hãngematte lagen? Die<br />

beiden Araras, die von den Dachstangen tagsüber zu kráchzen pflegten, schliefen<br />

auf einer halbvcrdorrtcn Palme. Keine Insekten belàstigten uns. Zwei, drei<br />

Stunden lang sassen wir unter dem sternfunkelnden Himmel-gewòlbe, ring- von<br />

der dunkeln Waldmasse umgeben. Das kleinstc Wolkchen, das irgcndwo aufstieg,<br />

wurde bemerkt und einer Frõrterung über Woher und Wohin unterworfen.<br />

Sobald ein Tierlaut im Walde hõrbar wurde, verstummte Alies einen Augenblick,<br />

wartete, ob er sich wiederholc, und man flüsterte sich zu «ein Tapir*, «ein<br />

Riesengürtcltior' oder dergleichen, wáhrend Einer halb mechanisch den Tierruf<br />

nachpfiff. Auch an unwillkiirlichen Lauten fehlte os nicht. Speichelschlürfen,<br />

Aufstossen, Bláhungen erfuhren keine Hemmung. Bakairí sum, nihil humani a me<br />

alienum puto. Aber in dem Augenblick, wenn einer sich gar zu schlecht aufführte,<br />

erfolgte sofort ais unmittelbare Reflexbewegung aller Kollegcn ein kurzes<br />

heftiges Ausspucken nach der Seitc, ohne dass die Unterhaltung stockte. Im<br />

Wiederholungsfall freilich brummte Tumayaua oder Paleko etwas, was zu heissen<br />

schien: «Donnerwetter, wir haben doch einen Gast«, und der Uebelthàter verlor<br />

sich auf sechs Schritt weg im Schatten. lis war sehr patriarchalisch.<br />

Das für mich wichtigste Thema, die Geographie des Kulisehu, nahmen wir<br />

ausfúhrlich durch. Der Fluss wurde in den Sand gezeichnet, die Stámme wurden<br />

aufgezáhlt und mit Maiskõrnern bezeichnet. Allmàhlich lernte ich so das richtige<br />

Yerhàltnis von Kulisehu und Kuluene verstehen und erfuhr, dass die Hauptmasse<br />

der Nahuquástàmme, deren jeder mit einem besondern Namen bezeichnet wurde,<br />

am Kuluene sass. Alie Leute waren entweder gut »kúra« oder schlecht «kurápa».<br />

Hauptsàchlich richtete sich die L T nterscheidung, wie ich zu meinem Erstaunen<br />

merkte, nach dem Umfang der Gastfreundschaft, die sie ausübten; «kúra* sein<br />

hiess, es beim Empfang an Beijús und Püserego, den Fladen und dem besten<br />

Kleistertrank aus Mandioka, nicht fehlen lassen. Es war zum Teil, was die<br />

Nahuquá und etwa noch die Mehinakú betraf, nach eigenen Erfahrungen, zum<br />

Teil nach Hõrsnsagen dieselbe Information, die bei unsern Herbstreisen ais die<br />

wichtigste gilt: gute und schlechte Hotels.<br />

Aber welcher Unterschied zwischen einem gedruckten Baedeker und dieser<br />

Gestikulation, dieser Tonmalerei, dieser sich von Etappe zu Etappe mitleidlos<br />

weiterschleichendcn Aufzàhlung der Stationen! Von uns bis zum zweiten Bakairí-

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