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• M B - Brasiliana USP

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— 246 —<br />

Aufsatz über Das Zeichnen bei den Xaturvõlkeriu *) hervor, dass die Pflanzc<br />

nur selten eine Rolle spielt und fügt hinzu: »Um zum Vcrstándnis dieser Erscheinung<br />

zu gelangen, brauchen wir uns blos daran zu erinnern, dass auch bei<br />

unsern Kindern, wenn sie die ersten selbstándigen Versuche zum Zeichnen auf<br />

der Schiefertafel machen, zunáchst Tiere und Menschen in rohen Puormen dargestellt<br />

werden; das lebendige bewegliche Tier fesselt eher ihre Aufmerksamkeit,<br />

ist in seiner ganzen Figur auch schneller zu erfassen ais die aus zahlreichen<br />

Bláttern und Bluten bestehende Pflanze.«<br />

Diese zutreffende Bemerkung steht im besten Einklang zu dem Zusammenhang<br />

von Geberde und Zeichnen, den ich behaupte. Durch Geberden ahme ich<br />

ein Tier nach, keinen Baum, und nicht nur deshalb, weil dieser sich nicht aktiv<br />

bewegt. Denn durch Geberden Teile des Tierkõrpers zu umschreiben, wird mir<br />

leicht, weil ich dabei, von meinem eignen Kõrper ausgehend, wenn ich z. B. ein<br />

paar Eselsohren oder ein Geweih zeichnen wollte, sofort den Platz und die Art<br />

des Organs angebe, dagegen vermag ich Pflanzenteile durch Geberden nicht auszudrücken,<br />

es sei denn, dass ich Worte zu Hülfe nehme. Indessen ist bei unsern<br />

Indianern das Zeichnen nur ein Spezialfall, das Tiermotiv beherrscht seine ganze<br />

Gedankenwelt in jeder Kunst und Wissenschaft, wie sie auch heisse, und dafür<br />

kann es keinen andern Grund geben ais sein Jágertum.<br />

Dem formellen oder ásthetischen Interesse am Tier geht das materielle<br />

voraus. Die Blume steht in der Kunst genau so in zweiter Linie, wie sie es<br />

beim Schmuck thut: erst die F"eder im Ohr und dann das Stráusschen am Hute.<br />

In der »Bilderschrift« des Virador in Rio Grande do Sul sah ich Araukarien dargestellt.<br />

Eine Palme wãre gerade so leicht zu zeichnen ais eine Fichte, aber<br />

keine Palme liefert im Norden eine so unentbehrliche Nahrung wie die Araukarie<br />

früher dem »Bugrec jener Südprovinz. Ehe die Kunst, wenn ich den Sinn des<br />

Satzes ein wenig variieren darf, nach Brod ging, ist sie nach Fleisch und Fisch<br />

gegangen. Ich werde auf dieses Thema namentlich bei den keramischen Kunsterzeugnissen<br />

zurückzukommen haben.<br />

Sandzeichnungen. Sie sind wie Worte zunáchst eine Form der Mitteilung.<br />

Wie die beschreibende Geberde sich gern und leicht zum Bild vervollstándigte,<br />

habe ich berichtet. Am hàufigsten war Kartenzeichnen. Unsere zweite Reise<br />

ist durch die Sandzeichnung der oberen Schingúverteilung, mit der der Suyageograph<br />

seine Angaben erláuterte, entstanden; vgl. S. 153. »Er záhlte alie die<br />

Stámme auf, welche an dem obern Schingú sesshaft sind, er zeichnete, um recht<br />

deutlich zu sein, mit dem Finger den Flusslauf in den Sand. Zu unserer grõssten<br />

Ueberraschung malte er den Batovy, den einzigen, den er so und zwar ganz aus<br />

eigener Initiative so darstellte, mit korkzieherartig gewundenem Lauf.« (»Durch<br />

Centralbrasilien«, S. 213). Der Batovy war, wie wir zu unserm Leidwesen erfahren<br />

hatten, ein wahrer Máander.<br />

*) Ethnographische Parallelen und Vergleiche, Neue Folge, Leipzig 1889, p. 59.

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