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• M B - Brasiliana USP

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— 5io —<br />

Um 5 Vi Uhr war man fertig; man sang noch eine kleine Weile, allein es<br />

war in der letzten Stunde unheimlich leer geworden und ohne jeden feierlichen<br />

Abschluss ging die Handlung zu Ende: man hõrte einfach auf. Moguyokuri<br />

bat sich meine Pfeife aus und schwatzte behaglich. Die Zeremonie war schon<br />

vergessen. Ein altes Weib nahm den Knochenkorb auf den Rücken, ein junger<br />

Bursche schritt ihr voraus, die grosse' Totenflõte melancholisch blasend. Niemand<br />

beachtete sie. So gingen die beiden dahin in der beginnenden Dàmmerung,<br />

die Jugend und das Alter — ein stimmungsvolles Abendbildchen wie aus einem<br />

Zaubermàrchen. Sie gaben mit ein paar klagenden Lauten den Korb bei Coqueiro<br />

ab, der in seiner ausgeràumten Hütte sass, und kehrten eiligst zu den<br />

Uebrigen zurück. Und zwei Stunden spáter an diesem Ostersonntag brach der<br />

Kayapólàrm los.<br />

Coqueiro hatte Nichts behalten. Seine Freunde machten Bogen und Pfeile<br />

und schenkten sie ihm. Am dritten Morgen nach der Feier brachte er den<br />

Knochenkorb fort und eine Frau mit gleicher Bürde beladen, schritt hinter ihm.<br />

Denn es ist Sitte, dass ein Toter auf den nàchsten wartet und die beiden zusammen<br />

das Dorf verlassen. Wieder schien sich Niemand um sie zu kümmern,<br />

und man hátte glauben kõnnen, es wurden zwei Kõrbe mit Mandioka weggetragen.<br />

Doch kamen bald vier junge Leute ziemlich eilig daher und folgten<br />

jenen in den Wald, der erste schwang ein Schwirrholz, der zweite und dritte<br />

stiessen laute Schreckenstõne aus, der vierte schleifte hinter sich eine breite<br />

Strasse mit einem Palmblatt, um die Fussspuren zu verwischen und den Toten<br />

den Rückzug zu erschweren. Keine Frau liess sich sehen. Einer trug auch<br />

eine Hacke. Die Kõrbe wurden beerdigt; man glaubte, auf einer kleinen flussaufwàrts<br />

gelegenen Insel.<br />

Seele und Fortdauer nach dem Tode. Bei dem Wachenden giebt<br />

es eine Wirkung in die Ferne, die an unserm Glauben vom Ohrenklingen<br />

erinnert. Am Kulisehu sagte mir Tumayaua, ais ich einmal nieste, meine<br />

Frau rufe mich, die traurig sei, weil ich noch nicht zurückkehre. Bei gleicher<br />

Gelegenheit wurde von den Bororó genau dasselbe behauptet; ein andermal,<br />

da ich neben einer Indianerin stand und nieste, stellte sie sofort Fragen nach<br />

den Namen meiner Verwandten: »Wie heisst Deine Mutter? Dein Bruder?<br />

Dein Schwager?«<br />

Die »Seele« heisst búpe. Im Traum verlàsst sie den Kõrper. Die Furcht,<br />

Schlafende zu wecken, war deutlich ausgesprochen. Auch Clemente glaubte,<br />

dass es sehr schádlich sei. Doch hat es auch sein Nützliches, wie wir einst<br />

im Ranchão sahen. Wilhelm wollte einen Schlafenden abzeichnen. Nun schien<br />

dies das grõssere Uebel zu sein, offenbar, weil man mit dem Bild Hexenkünste<br />

treiben konnte; die Bororó stràubten sich meist gegen die Bemühungen Wilhelm's<br />

und andrerseits freuten sie sich spáter, wenn er ihnen heimlich gemachte Portrãts<br />

vorzeigte. Das Abzeichnen jenes Schlafenden jedenfalls erschien ihnen bedenklich.<br />

Sie wollten ihn wecken und, ais ich sie daran verhinderte und sie tadelte,

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