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• M B - Brasiliana USP

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— 252 —<br />

trennt, bleibt der Kinnbart ganz innerhalb des Gesichtes. Dieser Kopf ist genau<br />

meine Karte von Afrika mit den gleichmütig nõrdlich oder südlich von den<br />

Kongo- und Nilquellen eingetragenen Seeen, ohne jedes Verháltnis erscheinen wie<br />

meine Landenge von Suez der fürchterliche Halsstrich, wie meine Sansibarinsel<br />

die ungeheuern Ohrwatscheln. Und nachdem ich von einem hochgestellten<br />

deutschen Beamten gehõrt habe, dass Brasilien und Rio de Janeiro auf der Westseite<br />

des Kontinents am Stillen Ozean liegen, gebe ich mich auch damit zufrieden,<br />

dass die Bakairí, vgl. Kulisehu-Tafel I, den Herren Ehrerfreich und Perrot<br />

den Schnurrbart gar oben auf dem Kopf aufsitzen lassen. In diesen beiden<br />

Fãllen war der Schnurrbart nachgetragen worden. Die Indianer selbst rupfen<br />

alies Barthaar aus und gleichgültig, wo das Barthaar sitzt, unterscheiden sie nach<br />

ihrem ersten Eindruck, ohne sich genauere Rechenschaft zu geben, ein hángendes<br />

und ein quer liegendes Barthaar, sie geben jenes, wenn sie nicht (vgl. Bororó I<br />

und die Nahuquá-Zeichnung Kulisehu II) die Haare in grõsserer Anzahl einzeln<br />

zeichnen, durch eine nach oben offene, dieses durch eine nach unten offene Bogenlinie<br />

wieder. Das Wo kümmert sie nur für die grõbste Topographie, der<br />

Bart bleibt ja bei Kopf und Gesicht, und, worauf es ihnen ankommt, ist nur,<br />

dass sie das Merkmal überhaupt bringen. Wenn es ihnen einfállt, den After<br />

zu zeichnen, so setzen sie ihn auch in die Vorderansicht, obwohl sie hier doch<br />

die Erfahrung, die ihnen beim Bart mangelt, dass er an eine andere Stelle gehõrt,<br />

haben müssen.<br />

Was fehlt, was da ist, es hángt vom Interesse ab. Der Kopf, der Bart,<br />

die Sexualia werden mit Lust und Liebe gezeichnet — mag das Uebrige sehen,<br />

wo es unterkommt, oder wegbleiben. Wirft man nicht dem grõssten Meister des<br />

Bildnisses und genialsten Charakteristiker der Physiognomie vor, dass er die<br />

Hánde vernachlássigt? Die Gegensátze berühren sich, Franz Lenbach und die<br />

Kulisehu-Indianer sind Zeitgenossen. Nehmen diese oder die Bororó den Bleistift<br />

zur Hand, so machen sie ihre mehr oder minder vollstãndigen Angaben, ihre<br />

Aufzáhlung der Kõrperteile, und was sie interessiert, wird betont, was sie in dem<br />

Augenblick gleichgültig lásst, wird salopp behandelt oder ausgelassen. Bei den<br />

Tieren sind die Umrisse wichtig, Augen hat nicht eines von allen uns überhaupt<br />

gezeichneten mit Ausnahme der in den Sand gezeichneten Fische, vgl. Abbildung<br />

34 und 35; bei diesen kommt man wol eher dazu, weil der Kopf, nur<br />

durch den Kiemenbogen abgesetzt, zu wenig charakterisiert erscheint. Der<br />

Nahuquá, Kulisehu I, giebt dem Jaguar eine lauernde Stellung mit máchtigem<br />

Katzenbuckel und dem langen Schweif, die Extremitáten bilden eine Wellenlinie:<br />

das Bild wurde von Andern stets mühelos ais Jaguar erkannt. Wenn bei allen<br />

Bororótieren die Gesichter einfach schwarz ausgefüllt sind, so kann man dies der<br />

malenden Manier der Zeichner zur Last legen und darauf hinweisen, dass der<br />

ganze übrige Kõrper ebenso behandelt ist, aber auch der Bakairí auf der Kulisehu-Tafel<br />

I verkritzelt das Gesicht seines Jaguars. Die Indianerin, Bororó II, die<br />

von sámtlichen Figuren die besten Proportionen zeigt, hat einen ganz verkritzelten

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