10.10.2013 Aufrufe

• M B - Brasiliana USP

• M B - Brasiliana USP

• M B - Brasiliana USP

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

— 201 —<br />

wciden sollte, zu grõsseren Streifereicn genõtigt. Wir sahen dies spáter bei den<br />

Bororó, die auch an einem fischreichen Flu-s wohnten, bei denen aber umgekehrt<br />

die Jagd auf Saugetiere im Yordcrgrunde stand; sie waren wochenlang von Hause<br />

abwcsend und kehrtcn mit grossen Mengen gebratenen Fleisches zurück: sie betrieben<br />

noch keinen Feldbau.<br />

Gei-tig — und da- i-t em Punkt von hoher Bedeutung — lebtcn die<br />

Schingúindianer trotz eines inten-iven Feldbau- noch im vollen, echtcn Jagcrstaditim.<br />

Wenigstens von den Bakairí kann ich diesen Satz in seinem ganzen<br />

Umfang be-tátigen. Ich habe geschildert, mit welcher Aufmcrksamkeit -ie selbst<br />

im Dorf jeden Laut, der aus dem Walde drang, jeden Yorgang au- dem Tierlcben,<br />

den ihnen der Zufall vor Augen führte, beobachteten. Draussen auf dem<br />

Kamp- oder Waldpfad, im Kanu, im Nachtlager fühlte sich der Indianer stets<br />

auf der Jagd. Er wusste sich nicht durch eine Kluft von der Tierwclt geschieden,<br />

er sah nur, dass sich alie Geschõpfe im Wesentlichcn benahmen wie er -elbst,<br />

dass sie ihr Familicnleben hatten, sich durch Laute miteinander vei-tandigtcn,<br />

Wohnungen besassen, sich zum Teil bcfehdcten und von der Jagdbeute oder von<br />

Früchten ernáhrten, kurz cr fühlte sich ais primus inter pares, nicht über ihnen; er<br />

wusste nichts von ali den guten Dingen, dass es ein Anderes ist, ob man in Situationsbildem<br />

oder in Bcgriffen Schlussfolgerungen zieht, und ob man nach Assoziationen,<br />

die sich fertig innerhalb der Art forterben, oder nach der Tradition, die von den<br />

Eltern durch die Sprache übermittelt wird, zweckgemass handclt. Seine Sagen<br />

und Legenden, die uns ais reine Marchen und Tierfabeln erscheinen, und die er<br />

genau so ernst nimmt wie wir die heiligen Bücher und ihre Lehren, in denen er<br />

sich auch Menschen und Tiere vermischcn lás-t, mus-ton ihm selbst nur scherzhafte<br />

Spielcreien sein, wenn er seine Person aus anderm Stoff geformt wu-ste ais<br />

die übrigen Geschõpfe. Wir kõnnen diese Menschen nur verstehen, wenn wir sie<br />

ais das ICrzeugnis des Jagertums betrachten. Den I lauptstock ihrer Erfahrungen<br />

sammelten sie an Tieren, und mit diesen lírfahrungen, weil man nur durch<br />

das Alte ein Neues zu verstehen vermag, erklárten sie sich vorwiegend die<br />

Xatur, bildeten sie sich ihre Weltanschauung. Dementsprechend sind ihre künstlerischen<br />

Motive, wie wir sehen werden, mit einer verblüffenden Einseitigkeit dem<br />

Tierreich entlehnt, ja ihre ganze überraschend reiche Kunst wurzelt in dem Jágerleben<br />

und ist nur erblüht, ais ein ruhigeres Dasein den Knospen Schutz gewàhrte.<br />

Ich kann nicht genug von Anfang an auf diese Yerháltnisse hinweisen, weil wir<br />

sonst die materielle Kultur der Eingeborenen nicht richtig würdigen und ihre<br />

geistige überhaupt nicht begreifen wurden.<br />

Auf der andern Seite ist es Thatsache, dass die Erzeugnisse des Feldbaus<br />

— ausgenommen bei den Trumaí — seit undenklichen Zeiten im Besitz unserer<br />

Indianer sind. Dafür liefert die Vergleichung der Sprachen unwiderlegliche Bewcise.<br />

Sie lehrt uns zunáchst, dass die Stámme des Schingú verschiedenen Sprachfamilien<br />

angehõren. Sie lehrt uns weiter, dass für jeden einzelnen die Abzweigung<br />

von dem entsprechenden Grundvolk in entlegenen lípochen stattgefunden hat;

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!