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• M B - Brasiliana USP

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... 35i -<br />

Dass man jcdoch alie ^ungcwõhnlichcn Dinge cinfach durch Zauberei erkláren<br />

kann, liegt eben daran, da-s der Begriff der Gesctzmassigkeit fehlt. Man i-t noch<br />

nicht in der Lage, scharf zu sehen Ja, je ungewóhnlicher der Vorgang ist. desto<br />

lieber hõrt man von ihm erzáhlen und desto fe-ter wird er deshalb geglaubt.<br />

Bei Weitem der wichtigste I ali von dem Mangel begrifflicher Scheidewande,<br />

der unserm Empfinden und Dcnken gleichzeitig am sehwerstcn zugánglich i t.<br />

betriflt das Verháltnis des Menschen zu den Tieren und der einzelnen<br />

Tiergattungen zu einander. Wir sagen, der Eingeborene anthropomorphisieit<br />

in seinen «Marchou, er lasst die 'Tiere reden und handeln wie Menschen. I)aist<br />

von unserm Standpunkt aus richtig, aber wenn wir glauben wollten, er statte<br />

die Tiere nur zu dem Zweck, eine hübsche Geschichte zu ei zahlen, mit menschlichen<br />

Eigenschaftcn aus, so wárc das ein gewaltiges Missvcrstchen, e- hiesse<br />

nicht mehr und nicht weniger, ais ihm ali sein Glauben und Wissen wcgdisputieren.<br />

Sein Glauben: denn in die wunderbarcn Geschichten, die er von den Tieren berichtet,<br />

setzt er dasselbe Vertrauen, wie jeder überzeugte Chri-t in die Wunder<br />

tier Bibcl; sein Wissen: denn er konnte die ihn umgebende Weit ohne -eine<br />

Márchcnticre ebenso wenig begreifen ab der Phy-iker die Kraftzcntren ohne Stoffatome<br />

— si parva licet componere magnis.<br />

Wir mussen uns die Grcnzen zwischen Mensch und Tier vollstándig<br />

wegdenken. Ein beliebiges Tier kann klüger oder dümmer, stàrker<br />

oder schwácher sein ais der Indianer, cs kann ganz andere Lebensgewohnhciten<br />

haben, allein es ist in seinen Augen eine Person genau so wie er selbst, die<br />

Tiere sind wie die Menschen zu Familien und Stámmen vereinigt, sie haben verschiedene<br />

Sprachen wie die menschlichcn Stámme, allein Mensch, Jaguar, Reh,<br />

Yogel, Fisch, es sind alies nur Personen verschiedenen Aussehcns und vcrschiedener<br />

Figensehaften. Man braucht nur ein Medizinmann, der Alies kann, zu sein, so kann<br />

man sich von einer Person in die andere verwandeln, so versteht man auch alie<br />

Sprachen, die im Wald oder in der Luft oder im Wasser gesprochen werden. Der<br />

tieferc Grund für diese Anschauung liegt darin, dass es noch keine ethische<br />

Menschlichkeit giebt; es giebt ein Schlechtsein und Gutsein nur in dem groben<br />

Sinn, dass man Andern Unangenehmes oder Angenehmes zufügt, aber die sittíiche<br />

Erkennmis und das ideale, weder durch Aussicht auf Lohn, noch durch Furcht vor<br />

Strafe geleitete Wollen fehlt ganz und gar. Wie sollte da eine unübersteigliche Kluft<br />

zwischen Mensch und Tier angenommen werden? Die áusserliche Betrachtung<br />

der Lebensgewohnheiten, auf die sich der Indianer beschrãnkt, kann dem Menschen<br />

hõchstens die Stellung des primus inter pares zuweisen. Das Tier hat freilich<br />

nicht Pfeil und Bogen und Maisstampfer, aber das ist auch der Hauptunterschied<br />

in den Augen des Indianers, und deshalb entstehen die Mánner aus Pfeilen, die<br />

Frauen aus Maisstampfern, doch hat es z. B. auch ebenso wie der Mensch wichtige<br />

Werkzeuge wie Záhne und Klauen, die er ihm ja erst wegnimmt.<br />

Es fehlt dem Indianer ferner unsere Abgrenzung der Arten gegeneinander, insofern<br />

sich die eine nicht mit der andern vermischt. Dieser Unterschied, den die Er-

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