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• M B - Brasiliana USP

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Pfeile und Steinbeile; der Bráutigam muss auch mit in der Rodung arbeiten, »um<br />

zu zeigen, dass er es versteht«, er hángt seine Hãngematte über der des Mádchens<br />

auf und Alies ist in Ordnung. Dass altere Mãnner junge Frauen, jüngere Mánner<br />

altere Frauen haben, war nur am Paranatinga deutlich ausgesprochen, am Kulisehu<br />

dagegen nicht; (dieses Vorrecht der Alten tritt hier also erst bei dem Verfall<br />

des Stammes auf). Wenigstens waren die paar Ehegemeinschaften, die ich in<br />

Maigéri genauer kennen lernte, gleichartig zusammengefügt. Die Scheidung erfolge<br />

bei den Bakairí ohne Umstánde, auch wenn der Mann nicht damit einverstanden<br />

sei. »Die Frau geht fort, vielleicht erwischt er sie wieder.«<br />

Ueber die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern habe ich bereits früher<br />

gesprochen, vgl. S. 214 ff. Die Frau nahm keine unwürdige Stellung ein. Der<br />

Mann liess sie mehr Last tragen, ais er selbst trug, er hielt sie fern von dem<br />

Flõtenhaus, wo die Mánner berieten, rauchten, Feste begingen, und wo die<br />

Fremden beherbergt wurden, er war ihr Herr und Gebieter — und that, was sie<br />

wollte. Wenn Martius sagt, dass die Frau »trotz sklavischer Unterordnung in<br />

Folge der heitern Geschãftigkeit« keine niedere Stellung einnehme, so trifft<br />

das für unsere Indianer vollkommen mit der Massgabe zu, dass die sklavische<br />

Unterordnung stark zurücktrat. Die Frau bedurfte des Schutzes einmal, weil sie<br />

schwach war und bei jeder Gefahr »weinte«, dann, weil sie vor fremden Gelüsten<br />

bewahrt werden musste. Sie ging bei der Heimkehr von der Pflanzung nach<br />

Hause vor dem Manne, da sie schwer bepackt rasch vorwárts eilte und Alies<br />

sicher war, im Walde ging sie hinter ihm, damit er einer etwaigen Gefahr zuerst<br />

begegne. Vor fremden Gásten wurde sie behütet, und wenn sie zweifelhafter<br />

Natur waren wie wir, so liefen die Weiber und Kinder in den Wald.<br />

Was bei Ehebruchsdramen geschieht, weiss ich nicht. Wir haben überhaupt<br />

keine Gelegenheit gehabt, etwas zu beobachten, was in das Gebiet der Justizpflege<br />

gehõrte. Wenn ich mich bei Antônio nach Verbrechen irgendwelcher Art<br />

erkundigte, so antwortete er immer, dergleichen sei früher wohl geschehen, komme<br />

aber jetzt nicht mehr vor.<br />

Diebstahl war jedenfalls uns gegenüber sehr háufig, ausgenommen bei den<br />

Bakairí, wo indess Freund Luchu zur Zeit, da er uns in der Independência bc<br />

suchte, nicht mehr recht sicher war. Ais die Verwirrung im Trumaüager entstand,<br />

weil ich ein Glas mir gestohlener Arsenikpillen zurückverlangen musste,<br />

sahen wir, dass die mit uns gekommenen Yaulapiti Steinbeile der Trumaí zu erwischen<br />

suchten. Immer und ganz ohne Ausnahme sollte es ein Fremder ge.<br />

wesen sein, der gestohlen hatte. Die gemeinsam wohnenden Leute haben<br />

auch wenig, was sie sich untereinander wegzunehmen brauchten, und der<br />

Dieb konnte dessen kaum froh werden, ohne dass man ihn entdeckte. Nichts<br />

ist also natürhcher, ais dass sich der Begriff von Moral auf das Genaueste<br />

an die Stammeszugehõrigkeit anlehnt. Bei den Bakairí heisst kurá »wir«, »wir<br />

alies »unser« und gleichzeitig »gut« (.unsere Leut«), kurápa »nicht wir«,<br />

»nicht unser, und gleichzeitig .schlecht, geizig, ungesund«. Alies Uebel kommt

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