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• M B - Brasiliana USP

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- 357 -<br />

In einem am Amazona- -ehr verbreiteten Marchen*) macht der Urubú-<br />

(jeier mit der Jabutí-Schildkrõte eine Wette, wer rascher nach dem Himmel, wo<br />

gerade ein Fest gefeiert wurde, gelangen kõnne. Die Scliildkrote schmuggelt<br />

sich in den Troviantkorb des Gciers ein, kommt glücklich an und empfangt den<br />

Geier, ais die-er von einem Spaziergang durch das festliche Treiben zuruckkehrt,<br />

mit der Behauptung, dass sie bereits seit langer Zeit oben -ei und auf ihn warte.<br />

Die Wette ist unentschiedcn, man erneuert -ie fui die Rückrei-c, wer zuerst auf<br />

der Ertle ankomme. Der Geier fliegt hinunter, aber die Schildkrõte lá--t sich<br />

fallen und gewinnt. Im Fali hat -ie sich abgeplattet und ihre Schale ist geplatzt,<br />

wie man noch heute sieht.<br />

Wie hat man sich diese Erfindung zu denken? Sie ist die Antwort auf die<br />

Frage: »wie kommt die Schildkroten-chale zu der Spalte, aus der wir das Fleisch<br />

niuhsam hervorholen?* Heute haben alie Schildkrõten diese Spalte, es muss<br />

lange her sein, dass sie entstanden ist. Damals muss der Stammvater der Schildkrõten<br />

einen schweren Fali gethan haben; die Schale ist ja auch davon unten<br />

ganz abgeplattet. Dann ist die Schildkrõte aber, meint Einer bedenklich, mindestens<br />

vom Himmel heruntergefallen. Ja, aber wie ist sie da hingekommcn? Nun, der<br />

Geier hat sie mitgenommen. Aber wie? Man hat die Schildkrõte in eine<br />

Situation gebracht, die von allen Erfahrungen aus dem Leben der Schildkrõten<br />

abweicht, aber die dahin führenden Schlüsse sind zwingend und jetzt erst beginnt<br />

die Erfindung, der wiederum aus dem entgegengesetzten Wesen der beiden in<br />

eine gemeinsame Situation gebrachten Tiere, des schnellen Yogel- und des langsamen<br />

Reptils, ein deutlicher Weg zu dem bcliebten Auskunftsmittel der Wette<br />

gewiesen ist. Wenn der Indianer nun obendrein einen Wesensunterschied zwischen<br />

Tier und Mensch nicht kennt, so stõsst die Eosung des Problcms mit Hülfe des<br />

menschlichen Wettens und des menschlichen Troviantkorbs nicht auf die geringste<br />

Schwierigkeit, zumal die Geschichte in der berühmten alten Zeit spielt, wo es<br />

andeis war ais heute. Der Proviantkorb des Indianers, der die Schildkrõte zum<br />

Himmel bringt, ist gerade so berechtigt, wie unser Aether, in dessen Wellen -ich<br />

tias Himmelslicht fortpflanzt. Wenn wir durchaus unser Kausalbedürfnis befriedigen<br />

wollen, so müssen wir in den beiden Fállen, Jeder auf seiner Stufe, uns ein<br />

Transportmittel schaffen, dessen Eigenschaften der Erklárung angepasst werden.<br />

Gestirne. Der Indianer betrachtet die Figuren am Himmel und sieht in<br />

ihnen Dinge, die er kennt. Der »früher so nahe« Himmel ist jetzt sehr, sehr<br />

hoch. Nur Võgel, die lange fliegen, kõnnen vielleicht dorthin gelangen; der<br />

Medizinmann ist dort im Augenblick, für ihn ist er »nicht hõher ais ein Haus*.<br />

Die Eigenschaften des Feuers werden himmlischen Kõrpern nicht zuerkannt. Die<br />

Sonne ist ein grosser Bali von Federn des roten Arara und des Tukan, dessen<br />

Gefieder ebenfalls práchtiges Orange und Rot aufweist, der Mond ein Bali von<br />

den gelben Schwanzfedern des Webervogels i^Cassicus, Japú), die der Bakairí im<br />

*) Barbosa Rodriguez, 1'ornnduba Amazonense. Annaes da Bibliotheca Nacional, Bd. XIV, 2.<br />

Seite III. Rio de Janeiro, 1S00.

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