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• M B - Brasiliana USP

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— 86 —<br />

zu beobachten, wie eine Empfangszene, da die Kanus in zeitlichen Abstánden<br />

eintrafen, der andern folgte; neue Gaste, immer wieder neue Aufregung und<br />

neues Hervorstürzen aus dem Flõtenhaus, wo wir unter Beijús und Kalabassen<br />

sassen. Man hatte sich zum Teil festlich mit Farbenmustern geschmückt. Kulekule<br />

hatte Gesicht und Oberkõrper mit orangeroten Strichen und Tupfen verziert,<br />

die Zukünftige hatte rote Schlangenlinien auf den Oberschenkeln, die Egypterin<br />

eine rote Stirn und Nase, Tumayaua's kleine Enkel waren schwarz betupft und<br />

beklext, ihre Mutter Eva erschien, Haar und Haut weiss bepudert von der Beijúarbeit.<br />

Der gemütliche Awiá trug sonderbarer Weise eine Kuchenschaufel, d. h.<br />

einen Beijúwender im Haar.<br />

Es war auch Fremdenbesuch aus Dorf II und III vorhanden, wir zàhlten in<br />

Paleko's Haus 18 und in Tumayaua's Haus 13 Hàngematten. Ehrenreich photographirte.<br />

Jede Aufnahme wurde den Modellen durch einige Perlen vergütet.<br />

Sie hatten einige Angst, allein die Perlen siegten über die Furcht vor der Gefahr.<br />

Nur unter Schwierigkeiten kam die Frauengruppe Tafel 5 zu Stande. Die Frauen<br />

hatten sich aufstellen und zurechtrücken lassen, Ehrenreich war im Begriff, die Platte<br />

zu belichten, da entdeckten sie plõtzlich ihr Spiegelbild in dem Objektiv und stürzten<br />

erstaunt auf den Apparat zu, es genauer zu betrachten. Der Photograph in<br />

tausend Nõten! Tumayaua war in den Besitz einer unbrauchbaren Glasplatte gelangt<br />

— «paru* Wasser — und richtete sich nach Vogefs Anweisung mit ihr in<br />

der Strohkuppel seines Hauses das erste Fenster ein.<br />

An diesem schõnen Tage wollte ich meinen Gastfreunden ein Ehrengeschenk<br />

stiften. Zwei junge Berliner Damen hatten mir eine hübsche blonde Puppe mitgegeben,<br />

die sie mit buntem Kleidchen eigenhàndig ausstaffiert hatten und die ais<br />

beste Nummer unseres Waarenlagers «der Würdigsten« zugedacht war. Ich konnte<br />

nicht schwanken, dass sie der Zukünftigen, der Erbtochter des Dorfes und Flerrin<br />

über alies mir gespendete Mehl, gebühre. Die neugierige Frage, ob auch die<br />

Frauen der Karaiben Kleider hatten, sollte nun ihre Erledigung finden. Ich rief<br />

die ganze Gesellschaft auf den Platz zusammen und erregte hellen Jubel, ais ich<br />

das blauáugige rotwangige Porzellankõpfchen vorzeigte, das echte Blondhaar sehen<br />

und anfühlen Hess und die schõnen Kleider des «kxaráiba pekóto« der Reihe nach<br />

erklàrte. Und das Entzücken steigerte sich noch, da ich nun auf die Zukünftige<br />

zuschritt und »áma zóto« »Du besitzest es« sagte. Die kleine Gelbhaut errõtete<br />

vor Freude und zu meinem Erstaunen ergriff die sonst schweigsame Mutter mit<br />

lauter Stimme das Wort und sprach und sprach, Mancherlei betheuernd, was ich<br />

nicht verstand, was aber, wenn die Indianer auch kein Wort für »danke« haben,<br />

doch eine Dankesrede war. Wem meine Zukünftige von damals inzwischen Herz<br />

und Hand und zur Mitgift die kostbare Karaibenfrau bescheert haben mag, ich<br />

weiss es nicht — in einer der seltsamen Verschlingungen aber, zu der sich zuweilen<br />

die Glieder der Schicksalskette zusammenschliessen, hat es sich gefügt,<br />

dass die eine der beiden Berliner Damen mittlerweile die Gattin des Verlegers,<br />

die andere die Gattin des Verfassers dieses Buches geworden ist.

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