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• M B - Brasiliana USP

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— 354 -<br />

Wir verstehen, dass der Indianer insofern Tiere wie Personen auftreten<br />

lásst, ais er von ihren Unterhaltungen berichtet, denn man weiss, dass sich die<br />

Tiere °-eo-enseitig rufen und in liebenden oder drohenden Tõnen verstándigen,<br />

allein die Ausstattung der Tiere mit Kulturerzeugnissen und Geràten scheint<br />

uns doch das Maass des Erlaubten zu übersteigen. Ja, der Mensch soll gemáss<br />

den indianischen Ahnensagen alies mõgliche Gute, das er besitzt, von den Tieren<br />

erworben haben. Da sind die mannigfaltigsten Tiere »Herren« oder »Besitzer«<br />

davon gewesen und ihnen hat es der Kulturheros genommen. Herr des medizinischen<br />

Tabaks und der Baumwolle war der Wickelbàr, Cercoleptes caudicoloulus,<br />

Herr des gewõhnlichen Rauchtabaks der Zitteraal, Herr der Mandioka der Bagadúfisch<br />

Phractocephalus, Herr des Schlafes und der Buritíhángematte die Eidechse,<br />

Herr der mit Wasser gefüllten Tõpfe, nach deren Zerschlagen der Ronuro und<br />

der Paranatinga flossen, die Ochobi-Flussschlange, Herr der Sonne der Kõnigsgeier,<br />

Sarcoratnphus papa, und mehr dergleichen. Wie ist ein solcher Unsinn<br />

mõglich? Das Alies ist natürlich symbolisch gemeint, erklãrt der Tráger der<br />

Kulturbrille und hált die Frage für erledigt. Ich kann nur herzlich lachen, wenn<br />

ich mir die indianischen, an der Anschauung klebenden Jáger und Fischer mit<br />

symbolischen Tieren hantierend denke wie die Dichter, Maler und, um auch<br />

der niederen Geister nicht zu vergessen, die ihre Trade-mark erfindenden Patentinhaber<br />

unserer zivilisierten Weit — die allerdings sámtlich zu den Originalen ihrer<br />

Symboltiere nicht in dem Verháltnis naher persõnlicher Bekanntschaft zu stehen<br />

pflegen.<br />

Nein, Antônio und seine Stammesgenossen hatten unsere Art Symbole<br />

nicht begriffen, geschweige selbst welche erfunden. Ich leugne es nicht, mir hat<br />

wáhrend unserer Unterhaltung zuweilen der Verstand stillgestanden, wenn mir<br />

der treuherzige Glaube an die Wirklicíikeit der »Màrchen«-Tiere und ihres Kttlturbesitzes<br />

in seiner ganzen Urwüchsigkeit entgegentrat, allein ich habe mich von<br />

seiner Echtheit auch so genau überzeugt, dass ich mich für verpflichtet halte,<br />

jede Erklárung, die ihn nicht voll anerkennt, zurückzuweisen. Ich meine auch,<br />

die Sache sei einfach genug zu verstehen. Der Indianer hat ja in Wahrheit<br />

die wichtigsten Teile seiner Kultur von den Personen erhalten, die<br />

wir Tiere nennen, und ihnen muss er sie noch heute wegnehmen. Záhne,<br />

Knochen, Klauen, Muscheln sind seine Werkzeuge, ohne die er weder Waffe noch<br />

Haus noch Gerát herstellen konnte. Er verdankt, was er leisten kann der Piranya,<br />

dem Hundsfisch, dem Affen, dem Kapivara, dem Agutí, dem Riesengürteltier,<br />

den Mollusken, und von allen ihnen berichtet die Legende Nichts, weil jedes<br />

Kind weiss, dass diese Tiere, deren Jagd die wichtigste Vorbedingung für jene<br />

Leistungen bildet, noch heute die unentbehrlichsten Dinge liefern. Was ist natürlicher<br />

ais dass er auch die schõnen und guten Dinge, von deren Herkunft er Nichts oder<br />

wie von den Kulturpflanzen, nur Unbestimmtes weiss, ebenfalls von Tieren herleitet,<br />

sobald er darüber nachdenkt? Was ist natürlicher, ais dass die Eidechse<br />

die mehrere Monate verschláft, den Siilaf (er wurde ihr aus den Augen gezogen)

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