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• M B - Brasiliana USP

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— 270 —<br />

Figuren sich regelmássig wiederholen, wo cs sich gar um Muster handclt, da dart<br />

man sicher sein, dass die ersten Leute, die sie zeichneten, auch ein bestimmtes<br />

Vorbild vor Augen hatten, dessen Sinn aber die Nachkommen vernachlássigt<br />

und unter dem Einfluss sprachlicher Differenzierung der nunmehr technischen<br />

\\ r õrter auch ganz vergessen haben mõgen.<br />

Der Kulturmensch beginnt heute schon seine ersten Stümpereien in der<br />

Zeichenkunst mit Dreiecken, Vierecken, Kreisen, unsere Vorfahren haben an diesen<br />

und ãhnlichen Figuren die Wissenschaft, die ais die hõchste gilt, entwickelt, er<br />

erblickt auch nirgendwo in der umgebenden Natur Linien und geometrische Figuren<br />

— folglich, schliesst er, sind diese fundamentalen Begriffe seinem eigenen reichen<br />

Innern entsprungen. Dass sie aus den Vorlagen von Schamschürzen, Fledermãusen,<br />

Fischen entstanden sein konnten, scheint ihm nicht nur unwürdig, sondem<br />

auch ein lácherlicher Umweg. Denn was ist leichter ais ein Dreieck zu zeichnen?<br />

Was ist leichter, erwidere ich, ais bis fünf zu zahlen? Der Bakairí erklárt noch<br />

jetzt jedes Dreieck, das ich ihm zeichne, für eine Abbildung des Uluri, er kann<br />

die Dinge noch nicht zahlen, ohne seine Finger zu Hülfe zu nehmen. Das Zahlwort<br />

»5« — Hand, das sich noch bei vielen Naturvõlkern findet, entspricht genau<br />

dem Uluri Dreieck, in beiden Fàllen ist die innere Anschauung des Schemas<br />

oder die Abstraktion erst von dem Objekt gewonnen worden, in beiden hat das<br />

konkrete Vorbild noch lange Zeit sein Recht behauptet. Weder unsere Leichtigkeit,<br />

mit diesen Begriffen umzuspringen, noch die Thatsache, dass der Sinn unserer<br />

Zahlwõrter aller spürenden Philologie entzogen bleibt, beweist, dass unsere Vorfahren<br />

einen andern Gang gegangen sind ais die Naturvõlker.<br />

Der Lehrer der Geometrie braucht heute gewiss nicht mehr an einem Uluri<br />

besonderes Vergnügen zu haben, damit er ein Dreieck konzipieren kõnne. Das<br />

Uluri ist so eine Art Archaeopteryx der Mathematik. Wie sollte der fliegende<br />

Yogel anerkennen wollen, dass er von den kriechenden, bestenfalls flatternden<br />

Reptilien abstamme? Dennoch beweist die Unfáhigkeit des Vogels, diesen<br />

Ursprung zu verstehen, nicht das Allergeringste dagegen. So beweist es auch<br />

nichts, wenn wir ausgezeichneten Flieger in den Hohen der Mathematik uns<br />

kaum vorzustellen vermõgen, dass frühere Menschen sich noch nicht zu der<br />

kleinen Leistung aufschwingen konnten, ein simples Dreieck aus sich selbst hervorzuholen.<br />

Verwendung der Ornamente. An den Gebrauchswaffen — es gab ja<br />

nur Bogen und Pfeile — waren gemalte Muster kaum anzubringen. Auch das<br />

Wurfholz wurde nur durch Umflechtung verziert; ein Korkkegel, der einem Pfeilschaft<br />

ais Spitze aufsass, zeigte den Schmuck des Mereschumusters, vgl. die Abbildung<br />

Seite 109. Sonst darf man behaupten, dass aller Festputz, soweit er<br />

geeignete Flàchen darbot, ausnahmslos mit Mustern bemalt war. Am meisten<br />

bemerkbar ist dieses an den Masken, für die sámtliche Stámme das Mereschu<br />

mit grosser Yorliebe verwendeten, wie sich bei Beschreibung der Masken des<br />

Xaheren ergeben wird.

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