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• M B - Brasiliana USP

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— 35^ —<br />

Der Wickelbár interessierte die Bakairí mehr ais der verschollenc Nachbarstamm,<br />

und er blieb durch die Jahrhunderte hindurch derselbe, er war<br />

der Herr des nõrdlichen Gebietes, und was dorther kam, ob Tabak oder Baumwolle,<br />

stammte von ihm; Jáger, die einen Streifzug über die gewõhnlichen Grenzen<br />

hinaus nach Norden ausdehnten, fanden ihn dort oder er selbst machte gelegentliche<br />

Besuche im Süden bei den Bakairí. Die Geschichte der Herkunft von<br />

medizinischem Tabak und Baumwolle wurde nach dem üblichen und natürlichen<br />

Schema, dass das charakteristische Tier ais ursprünglicher Besitzer galt, behandelt:<br />

setzen wir, um den obigen Vergleich mit unserm ãhnlichen Verfahren durchzuführen,<br />

Baumwolle und Tabak gleieh zwei Krankheiten, so war der Bacillus legendarius der<br />

Wickelbár. Die von ihm erzáhlte Geschichte ist nur die Antwort auf die Frage:<br />

»wie kommt es, dass wir früher keinen Tabak hatten ?« Zuerst hat man noch gewusst,<br />

»der und der bestimmte Stamm hat ihn uns gegeben«, dann vergass man im Lauf<br />

der Zeit Namen und náhere Umstãnde und eine spátere Generation hõrte noch<br />

vielleicht, »wir haben ihn von irgend Jemanden dort, wo der Wickelbár lebt, bekommen«,<br />

allein eine solche Auskunft musste dem üblichen Schema schon in dem<br />

Augenblick verfallen, wenn die liebe Neugier weiter fragte: »woher hatten denn<br />

jene Leute selbst den Tabak?« Da gab es, die Grundanschauung vorausgesetzt,<br />

keine bessere Antwort ais »eben vom Wickelbár* und man war sehr zufrieden.<br />

Ebenso wird, wie wir sehen werden, die Herkunft des gewõhnlichen Rauchtabaks<br />

auf einen Fisch, der im Paranatinga nicht vorkommt, sondem im »Tabakfluss«<br />

lebt, und die Herkunft der Mandioka auf einen ebenfalls im Paranatinga<br />

nicht vorkommenden Fisch, der den »Beijúfluss« bewohnte, zurückgeführt. Ich<br />

habe Antônio zuweilen — nicht oft, denn er wurde wie jeder Gláubige durch<br />

Zweifel, deren richtigen Kern er selbst nicht verkennen konnte, empfindlich berührt<br />

— meinen skeptischen Einwurf nicht vorenthalten. Dann schwieg er entweder<br />

verletzt, oder er erklárte den gegenwártigen Zustand durch Verzauberung<br />

oder — und zwar in der Mehrzahl der Fãlle — er sagte einfach: »jetzt ist es<br />

nicht mehr so, aber es war früher so«.<br />

»Es war einmal,* (das stets wiederkehrende paá der Tupílegenden) ist auch<br />

die Signatur der Indianer- »Márchen«. Der weitaus grõsste Teil der Legenden<br />

will die Entstehung von irgend etwas erkláren, es handelt sich also stets um Vorgãnge<br />

in alter Zeit, und da sie nun immer nur dadurch zu erkláren sind, dass<br />

etwas Besonderes geschehen ist, so musste sich aus alledem die Anschauung festsetzen,<br />

dass es einmal eine Zeit gegeben hat, wo das Aussergewõhnliche Regei<br />

war. Man gelangte mit der schõnsten Logik der Weit zu Situationen, aus denen<br />

man immer nur durch menschliche Handlungen der Tiere den Ausweg fand, dann<br />

aber auch vortrefflich fand. Es ist sehr leicht, die Entstehung der háufig mit<br />

vielem Humor gewürzten Geschichten zu verstehen, wenn man nur die Pointe, die<br />

bewiesen wird, zum Ausgangspunkt nimmt; es ist ja klar, dass die zu erklárende<br />

Thatsache nicht zu der Geschichte gekommen sein kann, sondem nur die Geschichte<br />

zu der Thatsache.

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