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• M B - Brasiliana USP

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— 463 —<br />

(lie Kenntnis der Pronominalpraefixe für die Kõrperteile, die für jede Person ver<br />

schieden lauten, und bald war es ihr Lieblíngs-port, in ihrer Sprache zu deklamieren<br />

-meine Nase, deine Na-e, seine Nase, unsere Nase, eure Na-e, ihre Na-e<br />

in allen mõglichen Variationcn. Besonders intelligent war die kleine Range in<br />

der Mitte auf Abbildung 12S. Auch aus unserm Deut-ch hõrte er immer Bororó<br />

heraus. Fs wurde der Au-druck 4>apagcienma--ig« gebraucht; sogleich ertciitc<br />

tier Ausruf: „papagaíma" »wir badeiv Ab Ehrenreich eines Abends den Mond<br />

mit den Worten des Doktor Faiist anredete und zu der Stelle kam: tin Deinem<br />

Thau gesund mich baden«, fiel der Bengel sofort ein ,,itáu! akau, áu" = mein<br />

Haar, dein Haar, sein llaar Dieses Spiel war um so origineller, ais der Kadett<br />

Caldas, ihr Magister, der auch die Bororósprachc bcarbeiten sollte, die amerikanischcn<br />

Pronominalpraefixe, die ich suchte, fur citei Schwindel und fur eine Erfindung<br />

der Jungen nach Art der Hühnersprachc erklàrte. Er blieb auch dabei,<br />

weil er in seinen Ansichten sehr záhe war. Urteilte er doch auch hõchst abfallig<br />

über unsere Meinung, dass das Lateinische eine tote Sprache sei, denn es werde<br />

in Egypten gesprochen. Was aber viel schlimmer war, er behauptete, da-s<br />

Müller* — der Himmel weiss, wo er die Kenntnis seines einzigen deutschen<br />

Wortcs gewonnen hatte — ein franzõsisches Wort sei, und bcstand darauf, trotz<br />

tier komischen Verzwcíflung Ehrenreich's, der ab geborener Spreeathener gegenüber<br />

solch unerhõrtcm Angriff auf das Berliner Adressbuch die Grundlage seines<br />

Dcnkens und Empfindens erschüttcrt fühlte.<br />

Wenn Caldas, der fur den Unterricht der Bororóknaben eine besonderc<br />

Xulage empfing, von seinen Schülern wenig lernte, so lernten diese doch wohl noch<br />

weniger von ihm. Fs ist wahr, die Schlingel kamen nur ungem; sie kamen im<br />

Anfang sogar überhaupt nicht und wurden erst dadurch bezwungen, dass sich ein<br />

paar neugierige Vàter mit in die Schule setzten. Die Art, wie die Widerstrebenden<br />

Morgens versammelt wurden, erinnerte lcbhaft an das Spiel »Schweinchen in den<br />

Stall bringen*. Dann waren sie auch áusserst unaufmerksam. Doch muss ich<br />

gestehen, die Methodc hàtte nicht seltsamer sein kõnnen. Ich dachte, die Kinder<br />

lernten zunáchst einmal die portugiesischen Namen für die bekanntesten Dinge,<br />

Nutzpflanzeii, Tiere, Geràte, an denen sie gewiss ihre Freude gehabt hatten,<br />

da sie mich aus freien Stücken danach fragten. Ich dachte ferner, wenn sie<br />

durchaus lesen lernen sollten — aber es ist wirklich ganz gleichgiltig, was ich<br />

dachte, und besser, sich auf den Bericht zu beschrànken.<br />

Die Jungen hatten jeder einen von Caldas beschriebenen Bogen in der Hand.<br />

Darauf lasen wir — natürlich nicht sie — ai, ei, il, oi, ul, bal, bei, bil, boi, bul,<br />

dal, dei, dil, dol, dul 11. s. w. über die ganze Seite. Der Lehrer sagte ihnen eine<br />

Zeile nach der andern vor, die Jungen mussten es nachsprechen. Stundenlang<br />

übten sie, ihr Papier lustig schwenkend, ,,bal, bei, bil, boi, bul, dal, dei, dil, dol, dul".<br />

Weiter waren sie in mehreren Monaten allerdings noch nicht gekommen. Caldas<br />

selbst schien ungeduldig und fragte wáhrend der kurzen Zeit, die wir in der Vorstellung<br />

aushielten, dreimal, wie viel Uhr es sei. Zwei Bororóvàter sassen in der

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