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• M B - Brasiliana USP

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fahrung gewiss leicht erkennen lásst, wird wiederum vollstãndig verwischt, weil das<br />

in unsern anatomischen Kenntnissen begründete Hindernis wegfállt. Man bedenke<br />

einen Augenblick, was unser Volksglaube, das Versehen betreffend, in dieser Beziehung<br />

leistet; da bekommt man auch ein wirkliches Mausefell, einen wirklichen<br />

Hundefuss u. s. w. Wenn der Indianer durch die Vermischung von verschiedenen<br />

Tierarten untereinander oder durch die von Tier und Mensch irgend etwas erkláren<br />

kann, so hindert ihn nichts, sie zu behaupten, so sieht er sie im<br />

Ges-enteil bewiesen und schliesst hõchstens, dergleichen geschieht jetzt nicht<br />

mehr, wo es nicht mehr nõtig ist. Heute, sagen unsere Gelehrten, giebt es keine<br />

generatio aequivoca mehr, aber einst hat es sie sicherlich gegeben. Der Unterschied<br />

ist um so mehr verwischt, ais der Eingeborene das bequeme Erklárungsprinzip<br />

der Verwandlungen im grõssten Umfang benutzen muss. Es kommt<br />

endlich hinzu, dass er sich mit der Fortpfianzung innerhalb der Art, da das Kind<br />

nichts anderes ist ais der Vater, nicht weiter bescháftigt: die Art oder der Stamm<br />

ist wie ein einziges Individuum, das immer unter demselben Namen erscheint;<br />

verschiedene Unterarten, z. B. die Jaguarkatzen, grosse und kleine und der Farbe<br />

nach verschiedene, sind Bruder. Aber jeder dieser »Jaguare« nach seinem Namen,<br />

»Kampfuchs«, »Reh«, »Ameisenbãr« — sie erscheinen in beliebigen Geschichten<br />

und Niemand fragt, ob es etwa Kampfuchs »V« oder Kampfuchs »XXIII« war.<br />

Das ist auch genau dasselbe für die menschlichen Stammvater der<br />

Ahnensage; man setzt meist die Frauen und immer die Stammgenossen, die<br />

jene begleiten, ais gegeben voraus.<br />

Ich wiederhole, der Ausdruck »anthropomorphisieren« ist nur ais Schema<br />

für uns berechtigt, und er wird falsch, wenn man ihn so fassen wollte, ais ob<br />

der Indianer sagte »ich bin ein Mensch und lasse auch die Tiere wie Menschen<br />

handeln.« Das Umgekehrte, dass Menschen Tiere sind, kommt ebenso vor,<br />

und zwar im guten und im schlechten Sinn. Die Trumaí sind Wassertiere, weil<br />

sie auf dem Grund des Flusses schlafen. So sagen die Bakairí in aliem Ernst.<br />

Wir begegnen dem gleichen Glauben an Menschen, die im Wasser leben, auch<br />

bei andern Stámmen. Die Bororó behaupten, man kõnne Stunden lang, wenn<br />

man gewisse Blatter kaut, unter der Oberfláche des Wassers verweilen und Fische<br />

fangen. Ich habe nichts Besonderes von dem »Wasserleben« der Trumaí mehr<br />

erfahren kõnnen, ais dass sie mit Vorliebe andere Stámme auf dem Fluss angreifen<br />

und die Gefangenen mit gefesselten Armen in das Wasser werfen sollen.<br />

Ich weiss nicht, ob sie früher wie die Guató Flussnomaden gewesen sind; den<br />

Feldbau haben sie jedenfalls von den Nachbarn erst erlernt. Was auch den Glauben<br />

der Bakairí über sie angeregt habe, er wird nicht etwa durch die Schlussfolgerung<br />

entkráftet, die wir auf Grund unserer Naturgesetze aufstellen: »aber die Trumaí<br />

sind doch keine Tiere, keine Fische«, sondem der Bakairí schliesst, weil die<br />

Trumaí im Flusse schlafen, sind sie Wassertiere und verspottet und verachtet<br />

sie, wie jedem Stamm mit fremdartigen Sitten geschieht. Die Bororó rühmen<br />

sich selbst, dass sie rote Araras seien. Sie gehen nicht nur nach dem Tode

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