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• M B - Brasiliana USP

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macht, also Kame die mit den Paressí nordwestlich wohnenden Arinosleute und<br />

Keri die mit den Bakairí südlich und õstlich wohnenden Stámme. Von einer<br />

bewussten primáren Unterscheidung auf Grund der Himmelsrichtung aber ist<br />

keine Rede; diese Unterscheidung konnte nur sekundár auf dem Umweg entstanden<br />

sein, dass Keri schon zur Hauptperson und dem Besitzer der Sonne<br />

eeworden war; denn die Kinder konnten nicht ohne Weiteres Osten und Sonne<br />

o *<br />

nennen, was die Mutter Westen und Mond nannten, und nicht ein unbegreifliches<br />

Missverstándnis ist es (wie ich anfangs selbst geglaubt habe), das den Umtausch<br />

der Namen hervorgebracht hat, sondem der sehr verstándliche Anspruch auf<br />

beiden Seiten, dem bedeutenderen der beiden brüderlichen Vorfahren zu entstammen.<br />

Ich glaube, der Stoff der astronomischen Beobachtungen und der der geschichtlichen<br />

Erinnerungen sind auf genau dieselbe Weise verarbeitet worden: in<br />

beiden Fállen sind die Tráger der Handlung hinzugedichtet worden, wie<br />

die Mãnner zu den Pfeilen und die Frauen zu den Maisstampfern. Die Handlung<br />

ist geschichtlich, die Personen sind es nur insofern, ais sie die Hàuptlinge, Medizinmánner<br />

oder Stammvater sind, die man für den Anfang voraussetzen muss.<br />

Betrachten wir einige wichtige Einzelheiten der Sage: Keri und Kame sind<br />

Zwillinge. Ihre Mutter ist mit dem Jaguar »verheiratet«, aber es wird besonders<br />

hervorgehoben, dass sie nur seine Pflegesõhne sind und dass die Mutter, wenn<br />

sie also auch nicht Jungfrau zu sein braucht, sie dennoch nicht von ihrem Gatten<br />

empfangen hat; sie verschluckte zwei Fingerknochen von Bakairí, die der Jaguar<br />

ais Pfeilspitzen im Hause aufbewahrt, und wurde davon schwanger. Gleichen<br />

Zügen begegnen wir in vielen amerikanischen Sagen. Es werden erstens mehrere<br />

Bruder ais Urváter geboren, und zweitens ist die Mutter dann oft jungfráulich.<br />

Es fehlt nicht an tiefsinnigen Deutungen. Bei den Paressí sind es zehn Bruder,<br />

bei andern Stámmen vier; die Zahl richtet sich entweder nach dem Bedarf, wie<br />

viel selbstándige Stammbáume nõtig waren für die Stámme, die nebeneinander<br />

lebten und sich im letzten Grunde verwandt und verschwágert fühlten, oder sie<br />

wird auf die eine oder andere Weise nach den Himmelsrichtungen reguliert.<br />

Dass die Mutter jungfrãulich ist, versteht sich bei der Auffassung des Indianers<br />

von der Vaterschaft ziemlich von selbst. Der Sohn ist immer der kleine Vater;<br />

der erste der Reihe darf, wenn er wirklich der erste sein soll, natürlich keinen<br />

Vater haben. Eine Mutter kann vorhanden sein, das Problem ist nur, wie sie<br />

schwanger wird. In unserm Fali ist es sehr glücklich gelõst; Keri und Kame entstehen<br />

jeder aus einem Knochen, der in den Leib der Mutter gerát, aber diese<br />

Knochen sind Pfeilspitzen und somit bleibt die gewõhnliche Entstehung des<br />

Mannes aus dem Pfeil auch hier gewahrt. Dass die Knochen Bakairíknochen<br />

sind, ist eine Inkonsequenz, die wohl für die Verschmelzung verschiedener Sagen<br />

spricht. »Bakairí waren immer da«, auch Ewaki, Keri's und Kame's Tante,<br />

gehõrt schon zur »Verwandtschaft der Bakairí*, und Keri macht nur Bakairí,<br />

wenn Mangel eintritt. Keri bleibt aber immer der >;Grossvater der Bakairí*.

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