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• M B - Brasiliana USP

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laut lármenden nackten Stammesgenossen. Vier Frauen namentlich wehklagten<br />

zum Erbarmen, das Gesicht in Thrànen gebadet und berichteten über die Geschehnisse<br />

seit der Trennung; die Aufgeregteste zerschnitt sich die Haut auf Brust,<br />

Armen und Beinen und wand sich in wüstem Jammer mit dem nassen, lehmgelben,<br />

blutüberstrõmten Leib vor dem in seinem Theaterkostüm steif auf der<br />

Bank sitzenden Gatten.<br />

Am 12. April folgten dem Gebieter der Kolonie auch zwei màchtige<br />

mit Waaren beladene Karren, deren jeder von einem Dutzend Ochsen gezogen<br />

wurde. Für die Soldaten trat eine Verànderung ein, indem im Abendbefehl<br />

bekannt gegeben wurde, dass der Verkauf von Branntwein, sintemal beim<br />

Eintreffen des Lieutenants Viele betrunken gewesen seien, von jetzt ab aufgehoben<br />

werde.<br />

Nachdem dergleichen Geschàfte erledigt waren, wurde Duarte am nãchsten<br />

Tage erst eigentlich von seinen Untergebenen bewillkommnet. Zunáchst beim<br />

Frühstück mit gutem Portwein. Zwei Kadetten tranken zwar aus einem Glase,<br />

doch an Stoff war kein Mangel. Duarte selbst war sehr màssig mit Rücksicht<br />

auf seine Leber. Dem Wein folgte eine Kollektion von Flaschen heilen Exportbiers,<br />

deren Schild uns heimatlich ansprach: die Brauerei war in Hannover.<br />

Sechs Toaste feierten Duarte, ais Paraguaysoldaten, ais Familienvater u. s. w.;<br />

immer wieder bot man ihm eine neue Fülle von Lobsprüchen an, die er alie mit<br />

freundlichem ,,Obrigado" »danke sehr« beantwortete.<br />

Doch war diese Sitzung nur das Vorspiel zu der »Serenade« am Abend:<br />

Caldas Violine, Duarte Guitarre, Idelfonso Coxó-Geige. Es wurde ein hübscher,<br />

lustiger Abend, und er erfüllte uns mit hõchstem Respekt vor der brasilischen Trinkfestigkeit;<br />

niemals hàtte ich geglaubt, dass im Sertão so wacker gezecht werden<br />

kõnne. Zwei umfangreiche Bierkisten wurden bis auf den letzten Tropfen, ehe<br />

der Branntwein kam, ihres Inhalts entledigt. Endloser noch aber strõmte der<br />

Redefluss. Ich widmete mein Hoch dem Begründer der Bororó-Katechese, dem<br />

Prãsidenten Galdino Pimentel, dessen Schuld es nicht ist, wenn spãter falsche<br />

Wege eingeschlagen wurden, und vermied auf diese Weise das Dilemma, zu lügen<br />

oder nutzlos zu kranken. Duarte nahm nun auch das Wort und sprach recht<br />

gut. Mit der Regierung war er unzufrieden, es kam auf Rechnung des »Governo<br />

ingrato«, was an der Vollkommenheit der Zustànde noch fehlte. Es sei auch<br />

unrecht, dass Eliseo noch nicht avanziert sei, allein er selbst habe abraten müssen,<br />

dass sein junger Freund, wie vorgeschlagen, die andere Kolonie Izabel übernehme,<br />

weil er sich durch einen Fehler die ganze Karrière verderben kõnne! Es war in<br />

der That für den Unbeteiligten merkwürdig, zu sehen, wie sehr die Kadetten<br />

seiner vãterlichen Fürsorge, die nur ihm selbst zu Gute kam, vertrauten und ihm<br />

wahrhaft ergeben schienen. Ich schãtze die Toaste des Abends auf die Zahl von<br />

30—35 und rechne deren über 20 auf Duarte's Wohlergehen. Ganz kõstlich war<br />

der gutmütige Eliseo. Er beauftragte zuerst den redegewandten Ildefonso, für ihn<br />

zu sprechen, erhob sich nach einiger Zeit aber auch selbst, indem er entschlossen

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