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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 141<br />

34. DIE ITALIENER<br />

Einer der interessanten und regelrecht pittoresken Aspekte des Skits und<br />

auch Orankis bestand in der Anwesenheit der Italiener. Jene, die wir im kleinen<br />

Kloster vorfanden, hatte das Schicksal aus Oranki noch vor dem Ausbruch der<br />

Epidemie hierher verschlagen. Die g<strong>ro</strong>ße Mehrheit derer jedoch, die in Oranki<br />

zurückblieben, hatte ein tragisches Los. Aber dieses war ja für die unter der<br />

mediterranen Sonne aufgewachsenen Italiener Angesicht in Angesicht mit dem<br />

russischen Winter ganz allgemein ein tragisches. F<strong>ro</strong>st und Hunger, die<br />

erschöpfenden Gewaltmärsche, die Transporthölle in den Todeswaggons und<br />

nunmehr der Typhus hatte die arme Masse der Italiener, die im Moment der<br />

Kapitulation am Donbogen noch am Leben waren, dezimiert.<br />

Von allen Teilnehmernationen dieser unglücklichen Kampagne haben die<br />

Italiener den höchsten Obolus an Gevatter Tod entrichtet, obwohl ihre<br />

pelzgefütterte Kleidung, wofür wir Rumänen sie beneideten, wärmer als jene der<br />

anderen war.<br />

Bevor wir sie im Lager trafen, waren wir bereits in zwei Fällen Italienern<br />

begegnet. Einmal bei der Überquerung des Dnjeprs, die mit g<strong>ro</strong>ßen<br />

Unterbrechungen über eine Pontonbrücke stattfand. Beidseitig der Landstraße,<br />

die zur Brücke führte, reihten sich unsere Artilleriekolonne sowie eine<br />

italienische, während die Mitte für eine deutsche Kolonne freigehalten wurde, die<br />

als erste über den Fluss sollte. Die Italiener, die vor uns angekommen waren,<br />

saßen in Gruppen am Rande der Landstraße, einige von ihnen führten feurige<br />

Diskussionen, andere sangen in Gitarren- oder Mandolinenbegleitung. Bis die<br />

Deutschen kamen, tauschten wir mit unseren Sippenbrüdern ein paar<br />

unschuldige F<strong>ro</strong>tzeleien aus, wir nannten sie Makka<strong>ro</strong>ni- und F<strong>ro</strong>schfresser, sie<br />

uns Polentafresser. Schließlich kam auch die deutsche, eine<br />

Vorratswagenkolonne an und trennte Mussolinis Zigeuner (wie wir die Italiener<br />

nannten) von Antonescus Zigeunern (wie diese uns nannten). Nach einem fünf-<br />

bis zehnminütigen Halt, währenddessen die deutschen Verbündeten auf die<br />

verschiedenen Fragen der Soldaten beider Nationen angewidert und einsilbig<br />

antworteten, fuhr die deutsche Kolonne über die Brücke, und hinter ihr traten die<br />

Rumänen und die Italiener auf die Landstraße, um zu fraternisieren und sich mit<br />

den von den deutschen Deppen geklauten Objekten aufzuspielen – mit einer<br />

Wolldecke, einer Zeltplane oder einem Gebirgsjägerrucksack mit rötlichem<br />

Rehkitzfell und vielen anderen Wunderdingen von der Sorte. Es war geradezu<br />

herzerquickend, ihnen zuzusehen, wie sie da lachten und sich für ihre Streiche<br />

beglückwünschten und gar von den Waren tauschten. Die Affinität der<br />

„lateinischen Sippe“…(„Königin unter den g<strong>ro</strong>ßen Sippen der Welt“ 69 ) bestätigt<br />

sich auch in diesem Fall von… „flinken Händen“.<br />

69 Zitat aus dem Gedicht „Cîntecul gintei latine“(Lied der lateinischen Sippe) von Vasile Alecsandri (1818-<br />

1890).

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