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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 23<br />

Sie waren allesamt schlecht und führten logischerweise zu dem Schluss,<br />

dass ein baldiger und vor allem totaler Angriff der Sowjets bevorstand. Wie sollte<br />

unsere Armee, die so ausgedünnt an der immensen feindlichen F<strong>ro</strong>nt entlang<br />

aufgestellt war, diesem standhalten, gab es doch derart breite Räume zwischen<br />

den Einheiten, durch die ihre Panzertruppen mit Leichtigkeit vordringen konnten,<br />

um uns in den Rücken zu fallen? Wie hätten wir denn diese potentiellen<br />

Breschen schließen können, wo uns die nötigen Panzertruppen fehlten und<br />

unsere Munition so knapp geworden war? Lauter Fragen, deren Beantwortung<br />

zu dem unausweichlichen und unbarmherzigen Schluss führte, dass uns eine<br />

schreckliche militärische Katast<strong>ro</strong>phe erwartete, aus der Gott allein weiß, wer<br />

denn und auf welche Weise davonkommen würde.<br />

«Ich einer hab’ schwarze Vorahnungen», schloss Sandu sein Exposé und<br />

betrachtete verlorenen Blickes seine pedantisch gewichsten Bürgerstiefel. «Jetzt<br />

oder ein andermal, ich glaube nicht, dass ich bis zum Schluss lebend aus dieser<br />

höllischen, Menschenleben zermalmenden Knetmaschine entkomme... Was<br />

soll’s!... Nutzlos, noch viel herumzujammern... Es ist spät... Komm, lass uns<br />

schlafen gehen!» schloss er und blies die Lampe aus.<br />

«Ich glaube, du bist viel zu pessimistisch», erwiderte ich, unter die Decke<br />

kriechend. «Der Teufel kann doch nicht so schwarz sein. Dann hast du<br />

vergessen, unsere Verbündeten in die Rechnung aufzunehmen, mit ihren<br />

Panzertruppen und vor allem ihrer Luftwaffe!»<br />

«Gebe Gott, dass es so ist, wie du sagst, und nicht, wie ich glaube!»,<br />

antwortete er und zog die Decke über seinen Kopf. «Gute Nacht!»<br />

Jene Nacht aber, von Schlaflosigkeit und schwarzen Gedanken<br />

aufgewühlt, konnte alles andere als gut sein.<br />

Im Morgengrauen erwachten wir unter schwerem und ununterb<strong>ro</strong>chenem<br />

Donner von der F<strong>ro</strong>nt her. Es war ein nebliger Morgen (19. Nov.), dass man nicht<br />

mehr als hundert Meter weit blicken konnte. S=mbotin griff nach dem Telefon<br />

und rief die Spitze an. Tot… Die Verbindung war wohl durch das Bombardement<br />

zerstört worden. Was mochte jetzt mit Furtun\ und seinen Leuten passiert sein?<br />

Sollten sie Zeit zum Rückzug gehabt haben oder waren sie niedergemetzelt<br />

worden? Ich erschauerte bei dem Gedanken, dass ich an seiner Statt dort hätte<br />

sein können. Aber die Gelegenheit war ja nicht verloren. Wir waren drauf und<br />

dran, die Telefonistenmannschaft loszuschicken, um die Leitung zu reparieren,<br />

als das Telefon läutete. Es war unser Oberst, genannt «Birc\». Auf seine Art war<br />

er ein sehr anständiger Mensch, der sich uns gegenüber wie ein Vater benahm.<br />

Ratgeberisch und in lockerem Ton, wie bei einem «Plausch» (wahrscheinlich um<br />

uns nicht zu alarmieren), teilte er uns in kryptischer Weise mit, dass die F<strong>ro</strong>nt<br />

dort, wo unsere Division (die 5.) mit der 9. zusammentraf, eingeb<strong>ro</strong>chen, dass<br />

die Spitze gefallen war, dass eine Panzertruppenkolonne, die gegen uns<br />

vordrang, vorläufig von der Infanterie gestoppt worden war und forderte uns auf,<br />

Ruhe zu bewahren, die Haubitzen der Batterie für einen direkten Kampf mit den<br />

Panzern aufzustellen und, bis auf weitere Befehle, «les chevaux en arrière» zu<br />

halten. Er sagte uns also in Begriffen, die für den Feind, der ja kein Französisch<br />

verstand, unverständlich waren, unsere Pferdegespanne bereit zu halten, um<br />

jeden Moment abhauen zu können. Pardon! Um uns in «vorher festgelegte<br />

Stellungen» zurückzuziehen. Die Nachricht ließ uns erstarren. Es war, als hätte

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