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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 239<br />

die Adresse der „Kulturgruppe“ gerichtete Suggestion war angekommen.) „Ich<br />

kann euch nur beglückwünschen für diese Wahl und euch viel Erfolg wünschen.<br />

Erlaubt mir aber, einen Vorschlag zu machen: Vertrauen wir Herrn M\rculescu<br />

die Regie für dieses Stück an. Ich bin sicher, dass er daraus ein sehr<br />

erfolgreiches Schauspiel machen wird. Seid ihr einverstanden?“<br />

„Jaaa“, antwortete der Saal beseelt.<br />

Da die Sitzung zu Ende war, stieg Ana in den Saal herab und ging dem<br />

Ausgang zu. Als sie bei mir ankam, blieb sie stehen, wünschte mir Erfolg und<br />

reichte mir wie eine gute Fee ihre kleine Hand, die ich ihr küsste.<br />

„Danke!“, sagte ich in meinem ungefähren Russisch. „Ich danke Ihnen<br />

sehr für alles, was Sie für mich getan haben“, und in Gedanken fügte ich hinzu:<br />

„Sei gesegnet, Ana Sergeewna! Balsam und Myrrhe hast du jetzt in meine von<br />

der uns umgebenden Bosheit und Dummheit vergiftete Seele getröpfelt. Deine<br />

Geste werde ich nie vergessen.“<br />

Und ich habe sie nicht vergessen. Zum Beweis habe ich sie hier, nach<br />

einem halben Jahrhundert seit jenem Ereignis, wiedergegeben, aber genau wie<br />

jetzt fragte ich mich auch damals: „Was hatte sie, die kleine und zarte Ana,<br />

veranlasst, den NKVD-Goliath mit der Behauptung zu p<strong>ro</strong>vozieren, der Basar sei<br />

ein hervorragendes Schauspiel, das uns Rumänen zur Ehre gereiche, wo doch<br />

jener ihn zu einem faschistischen Werk erklärt und uns Rumänen, die<br />

Mitwirkenden genauso wie die Beifall spendenden Zuschauer verbiesterte<br />

Faschisten genannt hatte, die der Repatriierung unwürdig sind? Was hatte sie<br />

dazu gebracht, sich möglichen Repressalien auszusetzen, indem sie offen eine<br />

offiziell verdammte Tat verteidigte?<br />

Ich glaube, es kann nur aus einem Gefühl der Empörung heraus<br />

geschehen sein. Sie hat die stupide Brutalität des NKVD-lers (auf die<br />

Unterstellungen eines Intriganten hin, der sich als Ideologe aufspielt), mit der<br />

dieser willkürlich all das, was für sie und andere Objekt der Entzückung und<br />

Wertschätzung war, mit Füßen getreten hatte, als eine Beleidigung empfunden.<br />

Sie hatte sich so sehr für unser Schauspiel eingesetzt, welches sie mit reiner,<br />

fast kindlicher Freude aufgenommen hatte, dass sie dessen Suspendierung wie<br />

ein Kind empfunden hat, dem ein Rohling die Puppe entreißt und zertrampelt.<br />

Sie war übrigens nicht die einzige empörte Frau aus den Reihen des<br />

Lagerpersonals. Die armen Ärztinnen und Krankenschwestern, für die es keine<br />

andere Unterhaltung gab als jene, die wir ihnen boten, hatten sich im Musikbad<br />

der Operette ausgezeichnet gefühlt und waren auch aufgebracht gegen den<br />

Oberst, der ihr Spielzeug kaputt gemacht hatte.<br />

Wenn wir denn Iliescu, dem Sanitäter, der ein Freund und Vertrauter der<br />

Schwestern war, Glauben schenken sollten, würde dieses Papier all das, was<br />

diese dem Oberst gewünscht und getan hätten, gar nicht ertragen.

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